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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Stakkia vor seinem Ende erfuhr, Dinge, die er im umnebelten Auge des Drachen las. Ein Wissen, älter als die Zeit, älter als die Fessel des Daseins. Von der Geburt der Drachen, geboren aus den Knochen von Uru-Alat, die Erstgeborenen, die Ältesten. Von den kriegerischen Schöpfern, und wie sie die Erde spalteten. Von ihren Kindern und ihren Kriegen, ihren endlosen Herrschaftsansprüchen und Rachefeldzügen. Von Fürst Satoris, der mit den Drachen sprach, und von den Drachen, die ihm beistanden. Von den Drachen, die unter den Waffen von Haomanes und Arahilas Kindern starben. Von Calanthrag, älter als alle anderen, verborgen im Delta.
    All diese Dinge erfuhr er, ein Ganzes, das mehr war als die Summe seiner Teile. All dieses Wissen wurde Turin von Stakkia zuteil, dessen gelbes Haar mit Schlamm verklebt war, der barfuß auf einem
Drachenrücken stand, mit einem nutzlosen Schwert in der schlaffen Hand und Haferkuchenkrümeln und Goldmünzen in seinem Rucksack.
    Er war weit weg von zu Hause.
    Oh Mutter!, dachte er als Letztes.
    Es kam rasch. Der Drachenkopf schoss herab wie der einer Schlange, sicher und schnell. Riesige aufgeklappte Kiefer, aus denen schwefliger Atem quoll. Ein Zuschnappen! Ein Hinunterschlucken, das die unmöglich lange Kehle zucken ließ, während sich der Hals gen Himmel reckte. In den Sümpfen des Deltas stand der Palodusbaum ungerührt da, während kleine Geschöpfe verzweifelt wimmerten.
    Zoll um Zoll ließ sich Calanthrag nieder, älter als alle anderen.
    Ein Insekt zirpte.
    Stille breitete sich über das Delta, ganz gewöhnliche Stille. Eidechsen krochen über den Boden, Schlangen rollten sich ein. Mücken protestierten summend gegen die heraufziehende Dunkelheit. Eine Drachenklaue lockerte ihren Griff um die Wurzeln im Schlamm. Ausgestreckte Schwingen falteten die feinen Flughäute zusammen. Ein langer Hals neigte sich, ein Kinn sank in den Morast. Lider legten sich über glühende Augen, während der Schlafgesang des Deltas erscholl. Im Mondlicht ragte ein Hügel im Sumpf auf, schwarz wie Schiefer, mit Moos überwachsen.
    Calanthrag, älter als alle anderen, schlief.
     
    Grün, grün, grün.
    Es wirbelte durch den Rabenspiegel, vom Glanz schimmernder Federn zurückgeworfen. Grüne Blätter, Palodus und Mangroven, ein dichtes Dach. Dunkelgrün, kieferngrün, die Wälder von Pelmar. Sanfteres Grün, von neuen Ranken und Zedern, Flügel, die ängstlich aus Vedasia abdrehten, wo Tod durch Pfeilspitzen lauerte.
    »GENUG!«
    Uschahin Traumspinner presste die Fingerspitzen an die verformten Schläfen, und sein Kopf dröhnte von Fürst Satoris’ wildem Ruf.
    Der Rabenspiegel zerbrach in gefiederte Teilchen, und Köpfe verschwanden zerrauft unter ängstlichen Flügeln.

    Hin und zurück schritt er voll Zorn, und die roten Augen glühten wie Kohlen. Der Turm bebte unter seinem Schritt. Ein Geruch hing in der Luft, wie Blut, nur süßer. »Was«, fragte Fürst Satoris mit trügerisch sanfter Stimme, »tut Malthus da?«
    »Ich weiß es nicht, Herr«, flüsterte Uschahin.
    »Herr.« Tanaros verbeugte sich schneidig. »Was auch immer der Gesandte vorhat, es spielt keine Rolle. Mit unserem Plan geht es gut voran, und Euer Heer steht bereit. Unser Weg durch den Marasoumië ist geplant, und Fürst Vorax hat unsere Versorgung bereits gesichert. Haomanes Verbündete tappen ahnungslos in eine Falle. Wir sind vorbereitet.«
    Der glühend rote Blick richtete sich auf ihn. »Mir gefällt das nicht.«
    »Herr.« Uschahin räusperte sich. »Es gäbe noch eine Möglichkeit.«
    »Welche?«
    Er wich vor den Augen des Schöpfers zurück. »Wendet Euch an die Ellylfrau. Unterzieht sie einem Verhör. Ich kann Malthus’ Verteidigungsschutz nicht brechen, Herr. Ich habe es probiert. Aber vielleicht kennt sie seine Pläne.«
    »Nein.« Der Schöpfer schüttelte den Kopf. Tiefes Krächzen drang aus den Kehlen der Raben. »Ich bin ein Schöpfer, einer der Sieben. Mein Älterer Bruder mag mich nennen, wie er will; ich werde ihm nicht in die Hände spielen, indem ich die Rolle annehme, die er mir zugedacht hat. Ihm ist sein Stolz teurer als mir, dennoch bin ich nicht ohne Ehre. Wollt ihr, dass man sie mir nimmt? Mein Älterer Bruder hat einen Zug getan, und ich habe ihn erwidert. Ich werde nicht zu dem Ungeheuer werden, als das er mich bezeichnet.«
    Enttäuschung zeichnete sich auf Uschahins schiefem Gesicht ab. »Es ist besser, wie ein Ungeheuer zu leben, als in Ehren zu sterben, Herr!«
    »Nein!« Etwas Endgültiges klang

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