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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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zu, streng und durchdringend.
    »Jehan hat die Wahrheit gesprochen«, sagte sie. »Das Kind ist ungeeignet, den Dreizehn Häusern zu dienen. Die Kleine ist jedoch wohlgestaltet, und wenn sie die Erziehung des Palais genießt, könnte dies eine beträchtliche Abfindung einbringen. Als Anerkennung für deine vielen Jahre in unserem Dienst, mache ich dir dieses Angebot.«
    Die Doyenne nannte eine Summe, und ich konnte spüren, wie ein Schauer der Erregung meine Mutter am ganzen Körper erzittern ließ. Dieses Zittern war einer ihrer Reize. »Gütige Herrin …«, begann meine Mutter.
    Doch die alte Doyenne, die uns mit Adleraugen betrachtete, schnitt ihr mit einer Geste das Wort ab. »Dies sind die Bedingungen«, verkündete sie mit unbarmherziger Stimme. »Du wirst zu niemandem ein Wort sagen. Wenn ihr euch niederlasst, dann nur außerhalb der
Stadt. Und das Kind, das du in vier Monaten zur Welt bringen wirst, wird für alle Welt dein erstgeborenes sein. Niemand soll behaupten, das Cereus-Haus stehe dem ungewollten Balg einer Hure bei.«
    In diesem Augenblick hörte ich meine Mutter vor Schreck einen kurzen Moment die Luft anhalten und beobachtete, wie die Augen der alten Frau vor Befriedigung schmaler wurden.
    Das bin ich also, dachte damals mein kindliches Selbst; das ungewollte Balg einer Hure.
    »Das ist nicht …« Die Stimme meiner Mutter bebte.
    »Dies ist mein Angebot.« Die betagte Stimme war gnadenlos. Sie verkauft mich an diese grausame alte Frau, dachte ich, und ein erregendes Kribbeln des Schreckens durchfuhr mich. Schon damals erkannte ich es, ohne es zu wissen. »Wir werden das Kind bis zu seinem zehnten Lebensjahr großziehen, als wäre es eines der unseren. Sollte die Kleine irgendwelche Fähigkeiten haben, werden wir diese fördern. Ihre Abfindung wird ihr Respekt einbringen. Dies alles kann ich dir anbieten, Liliane. Kannst du ihr genauso viel bieten?«
    Meine Mutter stand da, meine Hand in der ihren, und blickte auf mein ihr zugewandtes Gesicht herab. Es ist die letzte Erinnerung, die ich von ihr habe, diese großen, dunklen, leuchtenden Augen, die meine zu ergründen suchten und schließlich auf meinem linken Auge verharrten. Durch unsere verschränkten Hände spürte ich das Beben, das sie zu unterdrücken bemüht war.
    »Dann nehmt sie.« Sie ließ meine Hand los und stieß mich heftig von sich. Ich stolperte nach vorne und fiel gegen den Stuhl der Doyenne. Die alte Frau regte sich nur, um leicht an der seidenen Kordel eines Klingelzugs zu ziehen. Von weitem vernahm man den Klang eines silbernen Glockenspiels, worauf eine Adeptin unauffällig hinter einer kaum sichtbaren Wand hervortrat, mich ohne viel Aufhebens mit sich nahm und an einer Hand wegführte. Bis zur letzten Sekunde wandte ich den Kopf zurück, um noch einen letzten Blick meiner Mutter zu erhaschen, doch sie hatte sich abgewandt, während ein lautloses Weinen sie durchzuckte. Die Sonne, die durch die hohen Fenster einfiel und durch die Blumen einen grünlichen Schatten erzeugte, ließ ihr ebenholzfarbenes, dichtes Haar blau schimmern.

    »Komm«, sagte die Adeptin besänftigend, und ihre Stimme strömte so frisch und sanft dahin wie fließendes Wasser. Während sie mich wegführte, blickte ich voller Vertrauen zu ihr auf. Sie war ein Kind des Cereus-Hauses, blass und erlesen. Ich war in eine andere Welt eingetreten.
    Kann es da noch verwundern, dass ich die geworden bin, die ich heute bin? Delaunay behauptet, dies sei immer mein vorgezeichnetes Schicksal gewesen, und vielleicht hat er recht, aber eines weiß ich gewiss: Als mich die Liebe verstieß, war es die Grausamkeit, die Mitleid für mich hegte.
     
    Ich erinnere mich noch genau an den Augenblick, als ich das Gefühl des Schmerzes entdeckte.
    Das Leben im Cereus-Haus ging bald seinen eigenen unveränderlichen und unaufhörlichen Gang. Es lebten mehrere von uns jüngeren Kindern hier; außer mir insgesamt vier andere. Ich teilte mir mit zwei Mädchen das Zimmer, beides grazile, leise sprechende Wesen mit Manieren so fein wie erlesenstes Porzellan. Die Ältere, Juliette, hatte Haare, die sich in ihrem siebenten Lebensjahr zu messingfarbenem Gold verdunkelten, und man vermutete, dass das Dahlia-Haus eines Tages ihre Marque kaufen würde. Durch ihre zurückhaltende und ernste Art war sie für den Dienst in diesem Haus wie geschaffen.
    Die Jüngere, Ellyn, war ohne jeden Zweifel für das Cereus-Haus bestimmt. Sie besaß diese zierlich schimmernde Blässe; ihre Haut war so hell,

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