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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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einmal, dass Tim und ich einfach supergut zusammenpassten. Wir beide stammten aus echten Springreiterfamilien, hatten von klein auf beobachtet, wie unsere Väter mit jungen Pferden arbeiteten. Nie überforderten wir Fritzi oder bauten übertrieben hohe Hindernisse auf. Fritzi sollte ja Spaß am Springen haben, und den hatte er!
    »Ich glaube, das reicht für heute!«, rief Tim, nachdem ich den kleinen Trainingsparcours schließlich ein drittes Mal gesprungen war. Lachend und atemlos parierte ich Fritzi durch und klopfte ihm den Hals.
    »Er wird immer besser.« Ich strahlte.
    »Ja, das stimmt. Und du hast auch Fortschritte gemacht«, bestätigte Tim. »Ich bin echt stolz auf euch beide.«
    Wir lächelten uns an, aber dann warf Tim einen Blick auf seine Uhr. »Mist«, sagte er. »Ich muss los. Es ist schon Viertel nach vier. Ich habe erzählt, wir hätten Sport.«
    Unsere gemeinsame Stunde war schon wieder um und wie jedes Mal hatte ich auch heute Angst, es könnte unser letztes Training gewesen sein. Jemand könnte den Parcours entdecken und dem Förster melden, oder Papa würde mir Fritzi wegnehmen, um ihn selbst zu reiten.
    Tief in Gedanken versunken machte ich mich auf den Heimritt und bemerkte erst, als wir mitten im Wald waren, dass Fritzi von selbst den kürzeren Weg eingeschlagen hatte, der am Forsthaus vorbeiführte.
    »Egal«, murmelte ich. Ich hatte keine Lust umzukehren. Je schneller ich zu Hause war, umso besser.
    Nach zehn Minuten sah ich das Forsthaus, und was ich noch sah, war ein silberner Mercedes im Hof, den ich inzwischen gut kannte. Friedrich Gottschalk war schon wieder beim Waldschrat! Wie konnte er Opas Kumpel sein, der großzügige Sponsor des Fußballvereins und gleichzeitig der Komplize eines Pferdediebs? Ich ritt näher an das Haus heran und hielt Fritzi an. Unentschlossen wartete ich, und gerade, als ich Fritzi abwenden wollte, gellte ein markerschütternder Schmerzensschrei durch den Wald. Wie erstarrt saß ich im Sattel. Noch ein Schrei drang aus dem gekippten Fenster des Forsthauses, gefolgt von einem entsetzlichen Stöhnen. Lieber Himmel, was ging dort in dem Haus vor? Da war ein Mensch in Not – ich konnte unmöglich einfach weiterreiten und so tun, als ob nichts wäre!
    Ich ritt durchs Unterholz um den Hof herum, saß ab und band Fritzi am Pfosten des kleinen Gartentörchens an, das direkt in den Wald führte. Ich pirschte über das verwilderte Grundstück und sah erst im allerletzten Moment die tiefe rechteckige Grube, die unvermittelt vor meinen Füßen gähnte. Ein Grab! Jemand hatte hier ein Grab ausgehoben; der Spaten lehnte keine zwei Meter entfernt an einem Baumstamm. Ich schluckte nervös. Wollte der Waldschrat Friedrich Gottschalk etwa umbringen und dann hier verscharren? Großer Gott!
    Ich ging vorsichtig weiter, warf einen Blick in den Stall. Nur zwei Boxen waren besetzt. Wo waren die anderen Pferde? Bei Tims Vater? Sollte Melike recht haben? Ich bog um die Hausecke und huschte vorsichtig die drei Treppenstufen zur Veranda hoch. Das Holz knarrte unter meinen Füßen. Ich blieb wie angewurzelt stehen und hielt die Luft an, aber es tat sich nichts im Haus. Gebückt schlich ich weiter, bis ich das gekippte Fenster erreicht hatte. Langsam richtete ich mich auf und blickte durch das Fenster. Und was ich dort sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren …

23. Kapitel
     
    Friedrich Gottschalk lag mit nacktem Oberkörper auf einem Tisch in der Mitte des kleinen Raumes. Er hatte die Augen geschlossen, sein Gesicht war schmerzverzerrt, und das war kein Wunder, denn der Waldschrat hatte seinen Arm mit beiden Händen gepackt und verbog ihn so brutal, dass mir die Luft wegblieb. Ich drehte mich um und presste mich an die Hauswand. Wieder stieß Tims Opa einen entsetzlichen keuchenden Schrei aus. Was sollte ich bloß tun? Das bärtige Ungeheuer würde ihn töten und dann in der Grube am Waldrand begraben! Mein Handy lag daheim in meiner Schreibtischschublade und bei diesem Wetter war weit und breit keine Menschenseele im Wald unterwegs. Ich konnte nicht zulassen, dass vor meinen Augen ein Mann ermordet wurde, aber wenn der Bärtige mich sah, war ich meines Lebens nicht mehr sicher.
    Meine Gedanken rasten.
    Aus dem Innern des Hauses drang wieder ein dumpfer Schrei, gefolgt von einem so unmenschlichen Stöhnen, dass es mir eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Wenn es mir gelang, den Waldschrat aus dem Haus zu locken, konnte Friedrich Gottschalk womöglich fliehen. Ich war

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