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Elena – Ein Leben fuer Pferde

Elena – Ein Leben fuer Pferde

Titel: Elena – Ein Leben fuer Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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du da, Elena?« Mama betrat den Stall und blieb vor der Waschbox stehen.
    Ich erklärte es ihr und sie stieß einen Seufzer aus.
    »Auch das noch«, sagte sie und streichelte Grandinos Gesicht. »Armer alter Kerl. Das hat er nicht verdient.«
    »Ist Christian da?«, erkundigte ich mich.
    »Ja. Er hat sich in seinem Zimmer eingeschlossen und will mir nicht sagen, wie er nach Hause gekommen ist«, erwiderte Mama.
    Lajos kam um die Ecke, in den Händen ein Coldpack, das er wohl gerade aus dem Tiefkühlfach geholt hatte.
    »Das genügt erst mal«, sagte er zu mir. »Reib ihm das Bein trocken.«
    Ich führte Grandino auf die Stallgasse, band ihn an und holte ein altes Handtuch aus der Sattelkammer. Nachdem ich das Bein vorsichtig trocken gerubbelt hatte, legte Lajos ihm die Kühlgamasche an und wickelte noch eine Stallbandage drum herum. Mama war wieder ins Haus hinübergegangen, und Melike longierte Dicky, der eigentlich Jasper hieß und ihrer Mutter gehörte, auf dem Longierplatz draußen. Lajos und ich blieben allein im Stall zurück.
    »Was ist eigentlich mit dir los, Elena?«, fragte Lajos beiläufig. »Dafür, dass du vorhin dein allererstes M-Springen gewonnen hast, guckst du ziemlich unglücklich.«
    Ich blickte ihn an und überlegte, ob ich ihm von meinem eigenartigen Erlebnis erzählen sollte oder lieber nicht. Er musste denken, ich hätte ein Rad ab. Andererseits gab es wohl keinen anderen Menschen außer Lajos, mit dem ich überhaupt über so etwas sprechen konnte.
    »Vorhin im Parcours«, begann ich also zögernd, »da hat Quintano mit mir gesprochen. Es hört sich komisch an, ich weiß, aber ich habe seine Stimme klar und deutlich in meinem Kopf gehört. Wir haben uns richtig … unterhalten. ›Gib mir etwas mehr Zügel‹, hat er gesagt, und als ich gedacht habe: ›So?‹, da hat er geantwortet: ›Ja, gut so!‹«
    Lajos starrte mich an, bis mir unbehaglich wurde.
    »Du denkst, ich spinne, stimmt’s?«, fragte ich unsicher.
    »Nein, das denke ich nicht«, erwiderte Lajos langsam. »Ich kannte mal einen alten Jockey, der in seiner Karriere sicherlich fünftausend Pferde geritten hatte. Und der hat mir so etwas auch mal erzählt. Er sagte, mit manchen Pferden konnte er sich unterhalten, von anderen kam kein Ton, keine einzige Schwingung. Die waren nicht zwangsläufig besser oder schlechter, aber vielleicht nicht so sensibel.«
    Obwohl es warm war, bekam ich eine Gänsehaut. Ich musste schlucken.
    »Du meinst, ich hab also keine … Halluzinationen?«
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    Ich war mir nicht ganz sicher, aber irgendwie wäre es mir fast lieber gewesen, Lajos hätte mich ausgelacht und mir einen Vogel gezeigt. Es war schon unheimlich, wie ich mit meinen Händen Krankheiten und Schmerzen bei Pferden erfühlen konnte, aber das war jetzt fast ein bisschen zu viel.

 
12. Kapitel
     
    Am Montagmorgen war kein Unterricht. Alle Klassen unserer Schule versammelten sich um acht Uhr auf den Sportplätzen zu den Bundesjugendspielen, für die seit Wochen trainiert worden war. Meine Klasse war zuerst auf der Aschenbahn mit dem Hundert-Meter-Lauf dran.
    Ariane beachtete mich nicht. Über meine Siege am Wochenende wurde so wenig gesprochen wie über das kaputte iPhone, und darüber war ich ziemlich erleichtert. Ich hielt Ausschau nach Melikes Klasse, aber die war gerade am entgegengesetzten Ende des Sportplatzes mit Weitsprung beschäftigt.
    Ich lief die hundert Meter in 15,9 Sekunden, ohne mich dabei sonderlich anzustrengen. Die Bundesjugendspiele waren mir völlig egal, ich hatte ganz andere Sorgen als eine Sieger- oder Ehrenurkunde. Einige Ehrgeizige aus unserer Klasse rechneten tatsächlich dauernd ihre Punkte aus, während wir anderen tatenlos herumstanden und darauf warteten, dass es mit der nächsten Disziplin weiterging.
    Die Sonne brannte heiß vom wolkenlosen Himmel, und alle Schüler, die nicht gerade laufen, werfen oder springen mussten, suchten sich ein schattiges Plätzchen. Wir saßen und lagen auf dem Rasen unter dem weit ausladenden Blätterdach einer großen Kastanie herum und schlugen die Zeit tot, bis unsere gestresste Sportlehrerin endlich angejoggt kam und verkündete, dass wir in zwanzig Minuten an der Weitsprunggrube sein sollten.
    In diesem Augenblick sah ich Tim! Er stand mit seiner Realschulklasse in der Mitte des Sportplatzes herum. Nicht weit von ihm entfernt warteten mein Bruder und seine Klassenkameraden aus dem Gymnasium. Die Jahrgangsstufe 10 war die letzte, die zum

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