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Elena – Ein Leben fuer Pferde

Elena – Ein Leben fuer Pferde

Titel: Elena – Ein Leben fuer Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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er blutete am Bauch, wo Christians Sporen ihn verletzt hatten.
    »… gucke ich mir nicht mehr länger an!«, schrie Papa aufgebracht. »Schau dir mal dein Pferd an! Wie kannst du so etwas machen?«
    »Ich wollte eben gewinnen!«, schrie Christian zurück. »Ich will immer gewinnen, wenn ich reite!«
    »So gewinnt man kein Springen«, erwiderte Papa ein paar Dezibel leiser. »Nicht mit Gewalt und nicht mit Zorn im Bauch, das solltest du mittlerweile kapiert haben.«
    »Der blöde Gaul hätte doch wegspringen können!« Christian machte es immer schlimmer. Wäre er schlau gewesen, hätte er jetzt einfach seine Klappe gehalten, aber er war viel zu wütend, um nachzudenken.
    »Dem Pferd kannst du wahrhaftig keinen Vorwurf machen«, sagte Papa. »Du bist schlecht und hirnlos geritten und hast Grandino mitten in den Oxer gesetzt!«
    Christian trat gegen den Reifen des Lkw. Seine wahnsinnige Wut suchte ein Ventil.
    »An meinen Pferden lässt du deinen Zorn in Zukunft nicht mehr aus, Freundchen, das kann ich dir flüstern!«, hörte ich Papa sagen. »Solange du dich nicht besser im Griff hast, wirst du keine Turniere mehr reiten! Ende der Diskussion!«
    Christian zerrte seine Reitkappe vom Kopf und feuerte sie in den Lkw, wo die dort angebundenen Pferde erschrocken hin und her sprangen, sodass der ganze Lastwagen wackelte.
    »Ich scheiß aufs Reiten!«, brüllte er zornig, und dann geriet unglücklicherweise ich in sein Blickfeld. »Soll doch die dämliche Goldprinzessin deine Pferde reiten, ich hab keinen Bock mehr drauf!«
    Er versetzte mir im Vorbeigehen einen so heftigen Schubs gegen die Schulter, dass ich hinfiel. Papa war mit ein paar Schritten bei ihm. Er war so wütend, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Ich wusste, es hatte nichts mit mir zu tun, sondern damit, wie Christian sein Pferd behandelt hatte, denn das konnte Papa überhaupt nicht vertragen. Er schnappte den Arm meines Bruders und hob schon die Hand, um ihm eine zu scheuern, besann sich aber im letzten Moment.
    »Geh mir aus den Augen!«, knurrte er stattdessen. »Ich will dich hier nicht mehr sehen!«
    Damit ließ er ihn stehen und kam zurück zum Lkw. Er half mir, Quintano zu satteln, erwähnte den Vorfall aber mit keiner Silbe mehr.
    Liam hatte Grandino unterdessen abgesattelt und abgewaschen, jetzt ließ er ihn etwas grasen, damit sein Fell trocknete. Ich ritt Richtung Abreiteplatz, auf dem auch Ariane unterwegs war. Sie würde direkt vor mir starten, da Papa Christian mit Ronalda wohl streichen würde. Diesmal war es nicht Tim, der sich um Ariane kümmerte, sondern Richard Jungblut selbst. Er stand neben Papa zwischen den Sprüngen, doch die beiden Erzrivalen, die früher die besten Freunde gewesen waren, beachteten einander so wenig wie Ariane mich.
    Auf dem Abreiteplatz herrschte eine eigenartig angespannte Stimmung, von der Quintano aber nichts spürte. Er war frisch und ein wenig übermütig, buckelte sogar hin und wieder. Ich hatte ein gutes Gefühl auf ihm. Ariane wurde aufgerufen und ritt zum Einritt. Tims Vater ging neben ihr her, redete dabei auf sie ein und sie nickte immer wieder.
    »Für Con Amore ist das ein Kinderspiel«, sagte ich zu Papa.
    »Für Quintano auch«, erwiderte er gelassen. »Mach dir deswegen keine Gedanken. Reite einfach so wie gestern.«
    Ariane ritt sicher und konzentriert, das musste ich zugeben. Sie lag gut in der Zeit. Aber als sie auf das letzte Hindernis zuritt, zog sie einmal zu viel an den Zügeln, Con Amore kam zu dicht an den Sprung und seine Vorderhufe streiften die oberste Stange. »Pluff« machte es, als die Stange in den Sand fiel, und damit hatte sie vier Strafpunkte.
    Ich trabte an ihr vorbei in die Bahn. Und wie schon früher, als ich mit Sirius E- und A-Springen geritten war, verschwand alles um mich herum und es gab nur noch mein Pferd, die Hindernisse und mich. Ich grüßte, nahm die Zügel auf und ließ Quintano angaloppieren, als die Glocke ertönte. Da war es wieder, dieses herrliche Gefühl, dieses beglückende Einssein mit einem großartigen Pferd! Ich spürte Quintanos geballte Kraft, seine Energie und seinen Willen, aber auch seine Freude wie ein Echo meiner eigenen. Sein Vorbesitzer hatte ihn verdorben, weil er aus falschem Ehrgeiz zu früh zu viel von ihm verlangt hatte, doch nun war er bereit. Er sprang für mich, weil er selbst Spaß daran hatte, und es war so, als ob er mit mir in Gedanken sprechen würde.
    Macht es dir Spaß?
    Ja!
    Lass mir etwas mehr Zügel!
    So?
    Ja, gut so! Und jetzt

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