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Elena – Ein Leben fuer Pferde

Elena – Ein Leben fuer Pferde

Titel: Elena – Ein Leben fuer Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Pferde dabei«, beschwerte sich mein Bruder. »Und ich gurke immer noch auf denselben alten Kracken herum wie seit drei Jahren.«
    »Wenn du noch ein bisschen meckerst, musst du auch die alten Kracken nicht mehr reiten«, entgegnete Papa scharf. »Dann kannst du nämlich zu Hause bleiben.«
    Christians Gesicht verzerrte sich vor Zorn. Er sprang auf, ließ seinen nur halb leer gegessenen Teller stehen und verschwand. Mein Vater wollte ihm schon folgen, aber Mama legte ihre Hand auf seinen Arm.
    »Lass ihn«, sagte sie leise. »Er wird sich schon wieder beruhigen.«
    Das glaubte ich nicht. Bei jedem anderen wäre es für Christian nicht ganz so schlimm gewesen, aber dass es ausgerechnet Tim Jungblut war, der mit neuen Pferden, Lkw, Teamjacken und anderem Pipapo überhäuft wurde, das brachte ihn schier um den Verstand.
     
    Das M-Springen rückte näher. Als Siegerin der 1. Qualifikation der Kleinen Tour durfte ich heute als Letzte starten, hatte also noch jede Menge Zeit. Ich ging mit Papa und Christian den Parcours ab und suchte mir dann mit Melike, Mama und Lajos ein Plätzchen im Schatten, denn es war tierisch heiß geworden. Tim war auch nur Zuschauer: aufgrund seiner Leistungsklasse und Erfolge war er in dieser Tour nicht startberechtigt.
    »Ich war seit einer Ewigkeit auf keinem Turnier mehr«, sagte Lajos unvermittelt, und mir fiel ein, dass er früher selbst ziemlich erfolgreich Springen geritten war, zusammen mit Papa und Tims Vater. Damals waren sie die besten Freunde gewesen. Mit glänzenden Augen verfolgte Lajos die Reiter im Parcours. Es schien ihm Spaß zu machen und keine traurige Erinnerung in ihm zu wecken.
    »Kannst du dich an dieses Pferd erinnern, das Ludwig irgendwo ausgegraben und im Tausch gegen zwei Ponys mitgebracht hatte?«, wandte er sich an Mama.
    »Natürlich!« Mama lachte. »Es war eine richtige Schindmähre mit einem riesigen Kopf und Hufen wie Tellerminen. Niemand wollte es reiten.«
    »Außer mir.« Lajos grinste. »Ich habe es gemocht.«
    »Calico!«, fiel Mama ein. »Du hast mindestens hundert LM-Springen mit ihm gewonnen.«
    »Na, hundert ist vielleicht etwas übertrieben, aber es waren eine ganze Menge.«
    Mama und Lajos redeten über alte Zeiten, dann kam Opa noch dazu und sie erinnerten sich an gemeinsame Turniere und die Pferde von früher. Nur einen Namen erwähnten sie kein einziges Mal, nämlich den von Richard Jungblut. Ich mochte es gern, wenn Mama über ihre Jugendzeit sprach, und hörte mit einem Ohr zu.
    »Da kommt Christian!«, sagte Melike.
    Die Gespräche verstummten, alle schauten hinunter in den Parcours. Christian machte ein verbissenes Gesicht und ließ Grandino gleich in einem hohen Tempo den Parcours beginnen. Er ritt viel zu schnell und alles andere als überlegt. Bei Oxer Nummer vier sprang Grandino zwei Längen zu früh ab und landete mitten in den Stangen. Es krachte, Holz splitterte, die Glocke läutete. Christian musste warten, bis das Hindernis wieder aufgebaut war und er es noch einmal anreiten durfte. Doch anstatt jetzt einen Gang herunterzuschalten, ritt er weiter unvernünftig schnell.
    Grandino war ein alter Hase und viel zu erfahren, um sich ein zweites Mal von seinem Reiter in ein Hindernis setzen zu lassen. Er stoppte vor der Triplebarre, weil es wieder viel zu groß geworden wäre. Christian nahm wütend die Gerte in die Hand und zog sie Grandino ein paarmal über, außerdem gab er ihm heftig die Sporen und riss ihn hart ins Maul. Ich vernahm einen schrillen Pfiff. Das war Papas Signal an meinen Bruder, auf der Stelle aufzugeben und den Parcours zu verlassen. Christian gehorchte, wenn auch widerwillig. Er hob die Hand zum Zeichen dafür, dass er aufgab, und ritt mit hochrotem Gesicht hinaus. Allerdings blieb er nicht bei Papa stehen, um sich seine verdiente Strafpredigt anzuhören, sondern galoppierte einfach an ihm vorbei Richtung Parkplatz. Papa stapfte mit Gewittermiene hinter ihm her.
    »Der Reiter wird gebeten, auf den Richterturm zu kommen!«, schallte es über den Turnierplatz. Das würde Ärger geben. Unreiterliches Verhalten, wie mein Bruder es an den Tag gelegt hatte, zog eine Strafe nach sich, zumindest eine Verwarnung. Ich wollte jetzt nicht in Christians Haut stecken!
    Dummerweise musste ich mein Pferd fertig machen; mir blieb also nichts anderes übrig, als den beiden zu folgen. Schon von Weitem hörte ich Papas Stimme. Liam führte Grandino zwischen den Lkws herum. Der braune Wallach keuchte, sein Hals war weiß vor Schaum, und

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