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Elena – Ein Leben fuer Pferde

Elena – Ein Leben fuer Pferde

Titel: Elena – Ein Leben fuer Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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die Kommissare quer über den Hof, vorbei an den übereinandergestapelten Containern bis zu der Stelle, an der Christian das Loch in den Zaun geschnitten hatte. Die anderen Polizisten liefen laut rufend kreuz und quer über den Hof.
    »Das sieht aus wie Blut!«, rief einer und wies auf den Boden.
    Sie folgten der Spur bis zu einem der Container. Zu dritt gelang es ihnen, den rostigen Riegel zu öffnen, und dann fiel mir ein halbes Mittelgebirge vom Herzen! Auf dem Boden des Containers saßen mein Bruder und meine Freunde und zwinkerten in das helle Licht. Aber da saß auch – ich traute meinen Augen nicht – Richard Jungblut. Neben ihm an der Wand lehnte Tim mit geschlossenen Augen.
    »Mein Sohn ist verletzt«, sagte er mit brüchiger Stimme zu den Polizisten. »Er wurde angeschossen.«
    Unrasiert und mit dunklen Schatten unter den Augen sah er aus wie ein Gespenst. Ich ging an ihm vorbei und fiel neben Tim auf die Knie.
    »Tim!«, flüsterte ich.
    Er hatte die Hand auf seine rechte Schulter gepresst, alles war voller Blut. »Tim!«
    Da öffnete er die Augen. Sein Blick war verschwommen, seine Lippen rissig und ausgetrocknet, doch ein Lächeln glitt über sein Gesicht.
    »Du hast’s geschafft«, flüsterte er.
    »Ja, ich hab’s echt geschafft.« Ich flüsterte auch, und dann weinte ich, diesmal aber aus Erleichterung.
    »Mein Entchen. Komm her.« Tim streckte die rechte Hand nach mir aus und ich umarmte ihn. Es war mir egal, dass er blutete. Ich wollte ganz nah bei ihm sein, bei diesem wunderbaren, mutigen Jungen, der sich gegen seinen eigenen Vater gestellt hatte, um uns zu retten.
     
    Richard Jungblut gab alles zu. Er saß mit gesenktem Kopf in einem VW-Bus der Polizei, die Hände in Handschellen. Seit Jahren war er in Geldnöten und irgendwann mit Piet van Schuiren und Andy Collins in Kontakt gekommen. Zuerst hatte er ihnen nur Tipps gegeben, wo sie welche Pferde stehlen konnten. Später hatte er selbst mitgemacht. Manche Pferde hatten sie auf Bestellung geklaut, manche einfach deshalb, weil sie gute Abstammungen hatten. Andy Collins hatte ein besonderes Händchen für Stuten mit Fohlen.
    Der Notarztwagen rollte auf den Hof. Notarzt und Sanitäter kümmerten sich um Tim, und ich wich ihm nicht von der Seite. Wie es aussah, hatte Tim Glück im Unglück gehabt. Die Kugel hatte seinen Oberarm nur gestreift, aber der Notarzt wollte ihn sicherheitshalber ins Krankenhaus bringen, obwohl Tim behauptete, das sei nicht nötig. Ich wäre am liebsten mit ihm gefahren.
    »Ich bleib nicht lange im Krankenhaus«, versicherte er mir. »Du musst dich um Fritzi kümmern.«
    »Er ist aber doch weg«, entgegnete ich verzweifelt.
    »Die werden ihn finden.« Tim lächelte. »Ich ruf dich später an, okay?«
    Ich nickte unglücklich und kletterte aus dem Notarztwagen. Die Türen knallten zu, ich trat einen Schritt zurück.
    Christian kam zu mir und legte tröstend seinen Arm um meine Schulter.
    »Kopf hoch, Schwesterchen«, sagte er. »Tim geht’s gut. Mach dir keine Sorgen.«
    Nur Minuten später kam tatsächlich über den Polizeifunk die erlösende Nachricht, dass man den Lkw der Pferdediebe bei Friedberg auf der Autobahn gestoppt hatte. Der Kommissar und seine Kollegen beratschlagten, was man mit den gestohlenen Pferden machen sollte.
    »Bringen Sie sie doch zu uns auf den Amselhof«, schlug Christian vor. »Da können sie bleiben, bis Sie alle Besitzer ausfindig gemacht haben.«
    »Manchmal hast du ja sogar richtig gute Ideen.« Der Kommissar nahm es meinem Bruder übel, dass er Fritzis Befreiung selbst in die Hand genommen hatte.
    »Sie dürfen nicht sauer sein, nur weil ich cleverer war als Sie«, sagte Christian und grinste. »Sie können die Bösen ja jetzt verhaften.«
    »Ich bin nicht sauer, Junge«, erwiderte der Kommissar finster. »Ich bin verdammt wütend! Das hätte schön ins Auge gehen können, wenn die Typen euch nämlich alle erschossen hätten. Mit denen ist nicht zu spaßen!«
    Ein weiterer Streifenwagen holperte in den Hof. Auf den Rücksitzen saßen Liam und einer der Kerle, die mit dem Holländer gekommen waren. Sie sahen ziemlich mitgenommen aus, aber sie hatten nur Schürfwunden und Prellungen. Liam starrte auf seine Hände und blickte nicht einmal auf, als Christian an die Scheibe klopfte. Wahrscheinlich dämmerte ihm allmählich, dass er richtig tief in der Tinte saß.
    Melike, Kiki und Fabian hatten unsere Pferde aus den Boxen geholt.
    »Ihr habt ein Pferd zu wenig«, stellte Kommissar Behrendt

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