Elenium-Triologie
jeder war müde. Ich möchte, daß die Männer sich erst ausgeruht haben, ehe wir in der Stadt Ordnung schaffen.«
»Müssen wir mit Schwierigkeiten rechnen?«
»Das bezweifle ich. Diese Kirchensoldaten sind nicht Annias' Männer. Wie gesagt, sind sie von anderen Patriarchen ausgeliehen, und ihre Loyalität ist zweifelhaft. Ich glaube, eine kleine Kraftprobe wird genügen, um sie zur Aufgabe zu bewegen.«
»Sind die übrigen sechs Ritter, die am Zauber im Thronsaal beteiligt sind, unter Euren hundert?« fragte Sephrenia den Hochmeister.
»Ja«, antwortete Vanion matt. »Wir sind alle hier.« Er blickte auf das pandionische Schwert, das Sephrenia bei sich trug. »Wollt Ihr mir das geben?«
»Nein«, erwiderte sie entschieden. »Ihr habt bereits genug zu tragen. Aber jetzt wird es nicht mehr lange dauern.«
»Ihr wollt den Zauber umkehren?« fragte Tynian. »Ehe Ihr den Bhelliom benutzt, um die Königin zu heilen, meine ich?«
»Das ist unumgänglich«, erklärte sie. »Der Bhelliom muß mit ihrer Haut in Berührung kommen, um sie heilen zu können.«
Kalten trat ans Fenster. »Es ist bereits Spätnachmittag. Wenn wir heute noch handeln wollen, sollten wir es gleich tun.«
»Warten wir bis morgen«, entschied Vanion. »Falls die Soldaten Widerstand leisten, könnte es eine Zeitlang dauern, bis wir sie unterworfen haben. Und ich möchte keinesfalls, daß es auch nur einem einzigen gelingt, sich in der Dunkelheit davonzustehlen und Annias zu warnen, ehe wir Zeit hatten, Verstärkung heranzuschaffen.«
»Wie viele Soldaten sind im Schloß?« fragte Sperber.
»Meine Spione berichten von zweihundert«, antwortete Vanion. »Nicht genug, uns ernsthafte Schwierigkeiten zu machen.«
»Wir müssen uns etwas einfallen lassen, um die Stadt ein paar Tage lang völlig abzuriegeln, wenn wir verhindern wollen, daß rotuniformierter Entsatz flußaufwärts heranrückt«, riet Ulath.
»Darum kann ich mich kümmern«, sagte Talen. »Ich laufe in die Stadt, kurz bevor es dunkel wird, und rede mit Platime. Er wird die Tore für uns sichern.«
»Kann man ihm trauen?« fragte Vanion.
»Platime? Natürlich nicht. Aber ich glaube, diesen Gefallen wird er uns erweisen. Er haßt Annias.«
»Das wär's denn«, sagte Kalten zufrieden. »Wir brechen im Morgengrauen auf und bis zum Mittagessen haben wir Ordnung geschafft.«
»Nicht nötig, für den Bastard Lycheas mitzudecken«, brummte Ulath und prüfte die Schneide seiner Streitaxt mit dem Daumen. »Ich glaube nicht, daß er großen Appetit haben wird.«
3
Kurik weckte Sperber früh am nächsten Morgen und half ihm in seine schwarze Paraderüstung. Seinen Schwertgürtel und den Helm mit Federbusch tragend, begab Sperber sich sodann zu Vanions Studiergemach, um dort auf den Sonnenaufgangund die Gefährten zu warten. Heute war der große Tag! Über ein halbes Jahr hatte er auf diesen Tag hingearbeitet. Heute würde er seiner Königin in die Augen blicken, sie ritterlich grüßen und ihr den Treueid schwören können. Quälende Ungeduld erfaßte ihn. Er konnte es kaum noch erwarten. »Und danach, Annias und Martel«, er flüsterte es beinahe, »werdet ihr nur noch eine Fußnote in den Geschichtsbüchern sein.«
»Und wer darf sich Krager vornehmen?« fragte Kalten, der an Sperbers Seite schritt.
»Überlassen wir ihn jemandem, der uns einen Gefallen tut.«
»Ist mir recht.« Kalten wurde ernst. »Wird es funktionieren, Sperber? Wird der Bhelliom Ehlana tatsächlich heilen, oder haben wir uns nur etwas vorgemacht?«
»Ich rechne fest damit. Wir müssen ganz einfach daran glauben. Der Bhelliom ist sehr, sehr mächtig.«
»Hast du ihn überhaupt schon mal benutzt?«
»Einmal. Denk nicht an den Bhelliom, Kalten. Das ist unglaublich gefährlich.«
Kalten blickte ihn skeptisch an. »Wirst du Ulath bemühen, Lycheas einen Kopf kürzer zu machen, wenn wir im Palast sind?«
»Ich habe noch nicht darüber nachgedacht«, erwiderte Sperber. »Vielleicht sollten wir warten und Ehlana entscheiden lassen.«
»Gewiß. Übrigens, Vanion hat veranlaßt, daß unsere Brüder ihre Rüstung anlegen. Sobald die Sonne aufgeht und das Stadttor geöffnet wird, dürften wir alle aufbruchbereit sein.« Er runzelte die Stirn. »Es könnte sich jedoch ein Problem ergeben. Am Tor sind Kirchensoldaten. Wenn sie uns kommen sehen, schmettern sie es uns vielleicht vor der Nase zu.«
»Für so einen Fall gibt es Rammböcke«, meinte Sperber.
»Vielleicht wird die Königin aber nicht sehr erfreut
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