Elenium-Triologie
Pandioner überrascht, als sie durch den Rundbogeneingang ins Ordenshaus traten. Der Vermummte schob die Kapuze zurück. Es war Ritter Perraine, der Pandioner, der in Dabur zur Tarnung einen Viehhändler gespielt hatte. Perraine sprach mit leichtem Akzent.
»Perraine! Was machst du in Cimmura?« staunte Sperber und schüttelte seine Hand. »Wir dachten, du hättest in Dabur Wurzeln geschlagen.«
Perraine schien sich endlich von seiner Überraschung zu erholen. »Ah, nachdem Ashram tot war, bestand kein Grund mehr, in Dabur zu bleiben. Aber wie kommst du hierher? Wir hörten, daß König Wargun dich durch ganz Westeosien verfolgen ließ.«
»Verfolgen bedeutet noch nicht Erwischen, Perraine.« Sperber grinste. »Aber wir können uns später unterhalten. Als erstes müssen meine Freunde und ich mit Vanion sprechen.«
»Selbstverständlich.« Perraine verneigte sich knapp vor Sephrenia und schritt hinaus auf den Hof.
Sie stiegen die Treppe zum Südturm hinauf, in dem Vanion sein Studiergemach hatte. Der Hochmeister des Ordens der Pandioner trug eine weiße styrische Robe. Sein Gesicht war in der kurzen Zeit, seit Sperber ihn zuletzt gesehen hatte, noch mehr gealtert. Die anderen waren ebenfalls da: Ulath, Tynian, Bevier und Kalten. Ihre Gegenwart ließ den keineswegs kleinen Raum scheinbar schrumpfen. Sie waren allesamt große Männer, nicht nur dank ihres Körperbaus, sondern auch ihres beachtlichen Rufs wegen. Der Eindruck all dieser breiten Schultern beherrschte das Gemach. Wie es unter Ordensrittern üblich war, wenn sie sich im Ordenshaus aufhielten, trugen alle Mönchskutten über ihren Kettenhemden.
»Endlich!« Kalten stieß einen erleichterten Seufzer aus. »Sperber, warum hast du uns nicht wissen lassen, wie es euch erging?«
»Im Trolland ist es etwas schwierig, Kuriere zu finden, Kalten.«
»Hattet ihr Glück?« fragte Ulath gespannt. Er war ein hünenhafter Thalesier mit zwei blonden Zöpfen, und der Bhelliom hatte eine ganz besondere Bedeutung für ihn.
Sperber blickte Sephrenia rasch an und bat sie stumm um Erlaubnis.
»Also gut«, sagte sie, »aber nur eine Minute.«
Sperber langte in seinen Kittel und zog den Leinenbeutel mit dem Bhelliom heraus. Er öffnete die Zugschnur, holte das kostbarste Kleinod der Welt heraus und legte es auf den Tisch, den Vanion für seine Schreibarbeiten benutzte. Auch jetzt glaubte Sperber, aus den Augenwinkeln einen schwarzen Schatten zucken zu sehen. Der Höllenhund, den sein Alptraum in Thalesien herbeibeschworen hatte, folgte ihm immer noch, und der Schatten erschien ihm nun größer und dunkler, als ließe ihn jeder neue Blick auf den Bhelliom mächtiger und bedrohlicher werden.
»Blickt nicht zu tief in diese Blütenblätter«, warnte Sephrenia. »Der Bhelliom kann sich eurer Seelen bemächtigen, wenn ihr ihn zu lange betrachtet.«
»Großer Gott!« entfuhr es Kalten. »Seht euch diesen Stein an!«
Jedes einzelne leuchtende Blütenblatt der Saphirrose war so vollkommen, daß man vermeinte, den Tau darauf glitzern zu sehen. Tief in ihrem Herzen lockte ein blaues Licht schier übermächtig, sie zu betrachten und ihre Vollkommenheit zu bewundern.
»O Gott«, betete Bevier inbrünstig, »behüte uns vor der Verführung dieses Steines.« Bevier war cyrinischer Ritter und ausgesprochen fromm. Doch wenn nur die Hälfte von dem stimmte, was Sperber selbst gespürt hatte, war Beviers Angst vor dem Bhelliom mehr als berechtigt.
Ulath, der thalesische Hüne, murmelte in Troll: »Nicht töten, Bhelliom-Blaurose. Ordensritter nicht Feinde von Bhelliom. Ordensritter beschützen Bhelliom vor Azash. Hilf wieder recht machen, was falsch ist, Blaurose. Ich bin Ulath-von-Thalesien. Wenn Bhelliom zornig, dann wende Zorn gegen Ulath.«
Sperber richtete sich auf. »Nein!« sagte er entschlossen in der gräßlichen Trollsprache. »Ich bin Sperber-von-Elenien. Ich bin der, der töten Ghwerigtroll. Ich bin der, der bringen Bhelliom-Blaurose zu diesem Ort, um zu heilen meine Königin. Wenn Bhelliom-Blaurose das tut und immer noch Zorn hat, dann wende Zorn gegen Sperber-von-Elenien, nicht gegen Ulath-von-Thalesien.«
»Narr!« entfuhr es Ulath. »Habt Ihr eine Ahnung, was dieses Ding Euch antun kann?«
»Würde es Euch denn etwas anderes antun?«
»Meine Herren, bitte«, warf Sephrenia müde ein, »hört sofort mit diesem Unsinn auf!«
Sie blickte auf die glühende Saphirrose auf dem Tisch. »Höre mich, Bhelliom-Blaurose!« sagte sie mit fester Stimme, ohne sich die Mühe
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