Elenium-Triologie
Tynians Bedauern gehörte der Offizier zu diesen Soldaten. »Ohne ausdrückliche Genehmigung des Prinzregenten muß ich euch das Betreten der Stadt verbieten«, erklärte er unerbittlich.
»Ist das denn Euer letztes Wort?« fragte Tynian seufzend.
»Ja.«
»Dann habt Ihr es Euch selbst zuzuschreiben, Kamerad.« Tynian richtete sich in den Steigbügeln auf und schwang sein Schwert in hohem Bogen.
Da der Offizier nicht glauben konnte, daß jemand sich tatsächlich gegen ihn auflehnen könnte, unternahm er nichts, den Hieb abzuwehren oder ihm auszuweichen. Seine Miene verriet nur Verblüffung, als Tynians schwere breite Klinge den Winkel zwischen seinem Hals und der Schulter traf und schräg in seinen Oberkörper drang.
Der alzionische Ordensritter lehnte sich im Sattel zurück, nahm den rechten Fuß aus dem Steigbügel und stieß die Leiche von seiner Klinge. »Ich habe ihn gebeten, zur Seite zu treten, Hochmeister Vanion«, erklärte er. »Da er es nicht getan hat, liegt die Verantwortung für das, was ihm zustieß, allein bei ihm, findet Ihr nicht auch?«
»Durchaus, Ritter Tynian«, bestätigte der Hochmeister. »Ihr braucht Euch keine Vorwürfe zu machen. Höflicher hätte niemand sein können.«
»Reiten wir weiter«, brummte Ulath. Er zog seine Streitaxt aus ihrer Schlaufe an der Sattelseite. »Also«, wandte er sich an die entsetzen Kirchensoldaten. »Wer will der nächste sein?«
Die Soldaten ergriffen die Flucht.
Die Ritter, welche die Arbeiter bewacht hatten, trotteten herbei und trieben ihre Gefangenen vor sich her. Vanion ließ zehn Pandioner zur Bewachung des Tores zurück und ritt an der Spitze der Kolonne in die Stadt. Die Bürger von Cimmura wußten über die Lage im Schloß Bescheid, und als sie die pandionischen Ritter in ihren schwarzen Panzern mit finsteren Gesichtern durch die Kopfsteinstraßen reiten sahen, zweifelten sie nicht, daß es zum Kampf kommen würde. Hastig wurden straßauf, straßab Fenster und Türen von innen verriegelt.
Die Pandioner ritten durch nunmehr verlassene Straßen.
Ein plötzliches Pfeifen erklang von hinten, dann ein heftiger metallischer Schlag. Sperber wirbelte halb herum.
»Du solltest wirklich besser auf deinen Rücken aufpassen, Sperber«, tadelte ihn Kalten. »Das war ein Armbrustbolzen. Er hätte dich genau zwischen den Schulterblättern getroffen. Du schuldest mir die Kosten für die Neuemaillierung meines Schildes.«
»Ich schulde dir mehr als das, Kalten«, entgegnete Sperber dankbar.
»Eigenartig«, stellte Tynian fest. »Die Armbrust ist eine lamorkische Waffe. Es gibt nicht viele Kirchensoldaten, die damit umgehen können.«
»Vielleicht eine persönliche Fehde«, warf Ulath ein. »Habt Ihr in letzter Zeit irgendwelche Lamorker beleidigt, Sperber?«
»Nicht daß ich wüßte.«
»Jedes weitere Wort wäre nur Zeitvergeudung«, sagte Vanion. »Wenn wir das Schloß erreichen, befehle ich den Soldaten sofort, die Waffen niederzulegen.«
»Glaubt Ihr, daß sie gehorchen?« fragte Kalten.
Vanion lächelte freudlos. »Wahrscheinlich nicht – jedenfalls nicht, ehe wir ihnen eine Lehre erteilt haben. Sobald wir dort sind, Sperber, möchte ich, daß Ihr und Eure Freunde den Schloßeingang sichert. Es wäre höchst unerfreulich, wenn wir die Kirchensoldaten durch die Korridore hetzen müßten.«
»Jawohl, Hochmeister«, erwiderte Sperber steif.
Die Kirchensoldaten, die vom Stadttor geflohen waren, hatten ihre Kameraden im Schloß gewarnt. So hatten diese sich auf dem Schloßhof gesammelt und das prächtige Tor geschlossen.
»Bringt den Rammbock her!« rief Vanion.
Ein Dutzend Pandioner ritt mit einem schweren Baumstamm herbei, der von Schlaufen an ihren Sätteln gehalten wurde. Sie benötigten etwa fünf Minuten, das Tor einzubrechen, dann strömten die Ordensritter auf den Hof.
»Werft eure Waffen auf den Boden!« brüllte Vanion den verwirrten Soldaten auf dem Hof zu.
Sperber führte seine Freunde an der Innenmauer entlang zum Schloßeingang. Dort saßen sie ab und stiegen die Freitreppe hinauf zu den zwölf Soldaten, die dort Wache standen. Der diensthabende Offizier zog sein Schwert. »Ihr habt hier keinen Zutritt!« rief er.
»Macht Platz, Nachbar«, forderte Sperber ihn mit bedrohlich ruhiger Stimme auf.
»Ihr habt mir nichts zu befeh…«, begann der Offizier. Ein Geräusch wie von einer Melone, die auf einem Steinboden aufschlägt, ertönte, als Kurik seinen Morgenstern auf den Schädel des Offiziers herabsausen ließ. Der Mann zuckte
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