Elenium-Triologie
was Berit ihm berichtet hatte.
»Werden die Kirchensoldaten Chyrellos verteidigen?« flüsterte Bevier.
»Ich glaube, im besten Fall können wir auf einen Anschein von Widerstand hoffen«, antwortete Sperber.
»Wenn Wargun nur käme«, murmelte Kalten.
»Wäre jetzt nicht ein günstiger Augenblick, uns zu entschuldigen und unauffällig zurückzuziehen?« meinte Tynian. »Was Makova schwatzt, wissen wir längst.«
»Vergewissern wir uns erst, was Dolmant davon hält«, schlug Sperber vor. »Ich möchte Annias keinerlei Hinweis geben, was wir jetzt unternehmen. Jedenfalls wissen wir nun, warum er Zeit schindet. Aber Martel wird ohnehin eine Weile brauchen, bis er seine Streitkräfte aufgestellt hat. Uns bleibt noch etwas Zeit.«
»Nicht viel«, brummte Tynian.
»Unter den gegebenen Umständen wäre es das Beste, die Brücken zu zerstören«, riet Bevier. »Das würde das Vorrücken der Armeen verzögern.«
Sperber schüttelte den Kopf. »Es gibt zehn Brücken über die beiden Flüsse, Bevier, und wir haben insgesamt nur vierhundert Ritter. Ich glaube nicht, daß wir es wagen können, das Leben dieser Männer aufs Spiel zu setzen – und nur für ein paar Stunden Zeitgewinn.«
»Ganz davon zu schweigen, daß die Lamorker, die ja aus dem Norden kommen, überhaupt keine Brücken zu überqueren brauchen«, warf Tynian ein.
Die Flügeltür des prunkvollen Audienzsaals schwang auf, und ein aufgeregter Mönch eilte zum Rednerpult. Seine Sandalen klapperten auf dem polierten Marmor, und sein keuchender Atem brachte die im Sonnenschein, der durch die Bleikristalldreiecke fiel, schwebenden Staubkörnchen zum Wirbeln und Tanzen. Der Mönch verbeugte sich tief vor Makova und händigte ihm ein gefaltetes Blatt Papier aus.
Der Patriarch las die Nachricht rasch durch und ein dünnes, triumphierendes Lächeln huschte über sein pockennarbiges Gesicht. »Ich habe soeben eine wichtige Neuigkeit erfahren, meine Brüder«, verkündete er. »Zwei sehr große Pilgerscharen nähern sich Chyrellos. Ich weiß zwar, daß viele von uns sich in ihrer Frömmigkeit nicht für weltliche Dinge interessieren, aber es ist kein Geheimnis, daß es in Eosien zu gewissen Spannungen gekommen ist. Wäre es nicht das Klügste, wenn wir die Sitzung für heute beenden, damit wir Näheres erfahren und uns so ein Bild von der Lage machen können?« Er ließ den Blick über die Stimmberechtigten wandern. »Kein Einspruch. Die Sitzung wird morgen früh fortgesetzt.«
»Pilger!« schnaubte Ulath verächtlich, während er aufstand.
Sperber blieb noch sitzen und starrte durch den Saal zum Primas von Cimmura, der seinen Blick mit schwachem Lächeln erwiderte.
Vanion hatte sich mit den übrigen Patriarchen erhoben und schaute kurz zu Sperber hinauf. Er gab ihm mit der Rechten einen Wink und ging zur Tür.
»Verschwinden wir«, forderte Sperber seine Freunde über das aufgeregte Stimmengewirr im Saal hinweg auf. Die schwarzgewandeten Patriarchen gingen langsam zur Tür, wurden jedoch immer wieder von Gruppen ihrer Brüder aufgehalten, die stehengeblieben waren, um über die Neuigkeit zu diskutieren. Sperber führte seine gepanzerten Gefährten zur Tribünentreppe und dann hinunter zum marmorgefliesten Audienzsaal.
Nahe dem Ausgang stieß er auf Annias. »Ah, da seid Ihr ja, Sperber«, sagte der dünne, graugesichtige Primas von Cimmura mit leicht hämischem Lächeln. »Beabsichtigt Ihr, Euch zur Stadtmauer zu begeben, um zu sehen, wie die Gläubigen herbeiströmen?«
Sperber zügelte sich mit eisernem Willen. »Interessanter Vorschlag, Nachbar«, antwortete er gedehnt in einem fast beleidigenden Tonfall, »aber ich gönne mir zunächst ein Mittagsmahl. Darf ich Euch einladen, Annias? Ich glaube, Sephrenia bereitet Hammel am Spieß zu. Hammelbraten ist gesund, und Ihr seht in letzter Zeit gar nicht gut aus.«
»Wie freundlich von Euch, mich einzuladen, aber ich habe eine Verabredung. Dringende Kirchenangelegenheiten, wißt Ihr.«
»Natürlich. Ach übrigens, Annias, wenn Ihr mit Martel sprecht, dann grüßt ihn von mir. Sagt ihm, wie sehr ich mich freue, das Gespräch fortzusetzen, das wir in Dabur begannen.«
»Ich richte es gerne aus, Herr Ritter. Wenn Ihr mich jetzt entschuldigen würdet.« Des Primas Miene verriet leichten Ärger, als er sich umdrehte und durch die breite Flügeltür trat.
»Worum ging es hier eigentlich?« fragte Tynian.
»Ihr müßt Sperber erst noch ein bißchen besser kennenlernen«, erwiderte Kalten. »Er wäre eher
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