Elenium-Triologie
Ehlana erzählte, was hier in Chyrellos vorgeht, bestand sie darauf, ihre Armee herzubringen, um mitzukämpfen. Ich habe es ihr ausdrücklich verboten, und wißt ihr, was sie da getan hat? Sie hat die Hand ausgestreckt, mich am Bart gezupft und gesagt: ›Schon gut, Wargun, dann machen wir ein Wettrennen nach Chyrellos.‹ Also ich lass' mich von niemandem am Bart zupfen, darum wollt' ich sie an Ort und Stelle übers Knie legen, auch wenn sie eine Königin ist, aber da hat sich dieses gewaltige Weib eingemischt.« Er blickte auf die Riesin, von der Sperber annahm, daß sie die Tamulerin Mirtai war, und schauderte. »Ich konnte nicht fassen, wie flink sie war. Noch ehe ich auch nur blinzeln konnte, hatte sie bereits ein Messer an meiner Kehle. Ich versuchte Ehlana zu erklären, daß ich mehr als genug Soldaten hätte, um Chyrellos allein zurückzuerobern, aber sie sagte, daß sie eine Investition zu beschützen habe, oder so ähnlich. Ganz verstehe ich es immer noch nicht. Jedenfalls rückten wir alle aus Cimmura ab, schlossen uns Dregos und Obler an und marschierten hierher zur Heiligen Stadt. Würde mir nun jemand erklären, was hier eigentlich geschehen ist?«
»Die übliche Kirchenpolitik«, sagte Emban trocken. »Ihr wißt doch, wie sehr unsere Heilige Mutter Intrigen schätzt. Wir haben uns einer Hinhaltetaktik bei den Sitzungen der Hierokratie bedient, haben Stimmen manipuliert, Patriarchen entführt – und dergleichen mehr. Nur mit größter Mühe konnten wir verhindern, daß der Primas von Cimmura auf den Thron gewählt wird. Und dann ist Martel aufgetaucht und hat die Heilige Stadt belagert. Wir zogen uns in die Altstadt zurück, um uns bis zum letzten Mann zu verteidigen. Als Ihr letzte Nacht ankamt, war die Lage bereits ziemlich ernst.«
»Wurde Annias schon festgenommen?« fragte König Obler.
»Leider nicht, Majestät«, antwortete Dolmant. »Martel ist es gelungen, ihn kurz vor dem Morgengrauen aus der Stadt hinauszuschaffen.«
»Das ist wahrhaftig bedauerlich.« Obler seufzte. »Dann könnte er immer noch zurückkehren und die Nachfolgewahl gewinnen, nicht wahr?«
»Wir wären überglücklich, wenn er käme«, sagte Dolmant mit freudlosem Lächeln. »Ihr habt doch gewiß von der Verbindung zwischen Annias und Martel gehört und von unserem Verdacht über eine Abmachung zwischen ihnen und Otha. Wie der Zufall es wollte, konnten wir den Kommandanten der Leibgarde des Erzprälaten an einen Ort mitnehmen, wo er ein Gespräch zwischen Annias und Martel mitzuhören vermochte. Der Oberst ist vollkommen neutral, und jeder weiß das. Wenn er erst vor der Hierokratie berichtet, was er gehört hat, werden sie den Bann über Annias verhängen – das ist das mindeste.« Er machte eine Pause. »Nun, die Zemocher haben sich, einem Abkommen zwischen Otha und Annias folgend, in Ostlamorkand gesammelt. Sobald Otha erfährt, daß ihre Pläne hier in Chyrellos gescheitert sind, wird er sich gen Westen in Marsch setzen. Ich schlage vor, daß wir etwas dagegen unternehmen.«
»Habt Ihr eine Ahnung, wohin Annias geflohen ist?« fragte Ehlana mit kalten Augen.
»Er und Martel sind mit Prinzessin Arissa und Eurem Vetter Lycheas unterwegs zu Otha, der ihnen Schutz gewähren soll«, erklärte ihr Sperber.
»Besteht eine Möglichkeit, ihnen den Weg abzuschneiden?« fragte sie heftig.
»Wir können es versuchen, Majestät.« Er zuckte die Schultern. »Viel Hoffnung sehe ich jedoch nicht.«
»Ich will ihn, Sperber!« sagte sie hitzig.
»Bedauere, Majestät«, warf Patriarch Dolmant ein, »aber Annias hat sich gegen die Kirche vergangen. Er steht uns zu.«
»Damit ihr ihn in irgendein Kloster steckt, wo er den Rest seines Leben beten und singen soll?« fragte sie abfällig. »Meine Pläne für ihn sind viel interessanter, Eminenz. Glaubt mir, wenn ich ihn als erste in die Hände kriege, werde ich ihn nicht an die Kirche ausliefern – wenigstens nicht, solange ich nicht mit ihm fertig bin. Danach könnt ihr haben, was übrig ist.«
»Genug, Ehlana!« sagte Dolmant scharf. »Das grenzt an offene Unbotmäßigkeit gegenüber der Kirche. Begeht nicht den Fehler, es zu weit zu treiben. Tatsächlich würden wir Annias nicht in ein Kloster stecken. Die Art seiner Verbrechen gegen die Kirche verlangt nach dem Tod auf dem Scheiterhaufen.«
Sie wich seinem Blick nicht aus, als er sie durchdringend ansah. Sperber stöhnte innerlich.
Schließlich lachte Ehlana ein wenig verlegen. »Vergebt mir, Eminenz«, entschuldigte sie sich
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