Elenium-Triologie
Wir wollen schauerliche Beschreibungen von Schändungen und Brandschatzungen, um eine gewisse Mißbilligung des Benehmens der kürzlichen Besucher in unserer Stadt zu wecken. Unsere Zeugenparade wird ihren Höhepunkt mit Oberst Delada erreichen, der über das Gespräch zwischen Annias und Martel berichten wird. Darüber sollen sie dann ein bißchen grübeln. Ich werde mit einigen unserer Brüder reden und sie veranlassen, Reden voll gerechten Unwillens über den Primas von Cimmura vorzubereiten. Dann wird Dolmant ein Komitee zur Untersuchung dieser Angelegenheit aufstellen. Wir möchten nicht, daß die Hierokratie abgelenkt wird.« Der dicke kleine Patriarch überlegte. »Legen wir danach eine Mittagspause ein. Geben wir ihnen zwei Stunden, sich in eine Empörung über die Heimtücke Annias' hineinzusteigern. Nach der Mittagspause wird Bergsten eine Rede über die Notwendigkeit schnellen Handelns halten. Erweckt nicht den Eindruck, etwas zu überstürzen, Bergsten, aber erinnert sie, daß wir uns in einer Glaubenskrise befinden. Dann fordert die sofortige Wahl. Tragt Eure Rüstung und nehmt Eure Streitaxt mit. Sie sollen keinen Augenblick vergessen, daß wir uns im Krieg befinden. Anschließend die traditionellen Reden der Könige von Eosien. Aufwühlende Reden, Majestäten. Laßt die Zuhörer keinen Augenblick den grausamen Krieg und Otha und die furchtbaren Absichten Azashs vergessen. Wir wollen unsere Brüder tief genug erschrecken, daß sie nach ihrem Gewissen wählen und nicht in den hinteren Winkeln und dunklen Korridoren Abmachungen miteinander aushandeln. Behaltet mich im Auge, Dolmant. Ich werde Euch auf jeden Patriarchen mit unbezähmbarem Drang zu politischer Spiegelfechterei hinweisen. Als Vorsitzender könnt Ihr bestimmen, wer zu Wort kommt und wer nicht. Laßt Euch auf gar keinen Fall darauf ein, eine Pause einzulegen. Die Sache darf nicht ins Stocken geraten. Wir müssen mit der Wahl beginnen, bevor unsere Brüder Gelegenheit finden, sich irgendwelche Dummheiten auszudenken. Treibt die Wahl voran. Wir wollen Ortzel noch vor Sonnenuntergang auf dem Thron haben. Und Ortzel, haltet Ihr den Mund während der Beratungen. Einige Eurer Ansichten sind umstritten. Äußert sie bittenicht in der Öffentlichkeit – zumindest nicht morgen.«
»Ich komme mir wie ein kleines Kind vor«, sagte König Dregos sarkastisch zu König Obler. »Ich hatte mir immer eingebildet, eine Ahnung von Politik zu haben, aber noch nie habe ich miterlebt, daß mit dieser Kunst so skrupellos umgegangen wird.«
»Ihr befindet Euch jetzt in der Großstadt, Majestät.« Emban grinste ihn an. »Und so ziehen wir hier die Fäden.«
König Soros von Pelosien, ein Mann von äußerster Frömmigkeit und beinahe kindlicher Ehrfurcht, fiel während Patriarch Embans kaltblütigem Plan zur Manipulation der Hierokratie mehrmals fast in Ohnmacht. Schließlich murmelte er, daß er um göttliche Führung beten wolle, und zog sich hastig zurück.
»Behaltet Soros morgen im Auge, Eminenz«, riet Wargun Emban. »Er ist ein religiöser Hysteriker. Wenn er seine Rede hält, könnte er auf den Gedanken kommen, unsere Absichten bloßzustellen. Soros verbringt seine ganze Zeit damit, zu Gott zu reden, das kann den Geist schon verwirren. Besteht eine Möglichkeit, ihn bei den Ansprachen auszulassen?«
»Keine legitime«, antwortete Emban.
»Wir werden mit ihm reden, Wargun«, schlug König Obler vor. »Vielleicht können wir ihn überzeugen, daß er sich nicht wohl genug fühlt, an der morgigen Sitzung teilzunehmen.«
»Ich werde schon dafür sorgen, daß er sich nicht wohl fühlt«, murmelte Wargun.
Emban erhob sich. »Wir haben alle noch einiges zu erledigen, meine Damen und Herren, warten wir nicht länger damit.«
Sperber stand auf. »Die elenische Botschaft wurde während der Belagerung in Mitleidenschaft gezogen, meine Königin«, sagte er zu Ehlana. »Darf ich Euch statt dessen den allerdings etwas spartanischen Komfort des pandionischen Ordenshauses anbieten?«
»Du bist böse auf mich, nicht wahr, Sperber?«
»Es wäre angebracht, uns darüber unter vier Augen zu unterhalten, meine Königin.«
»Ah.« Sie seufzte. »Gut, begeben wir uns in dein Ordenshaus, damit du mich ein Weilchen schelten kannst. Und dann gehen wir zum Küssen und uns Wiedervertragen über. Das ist der Teil, an dem ich interessiert bin. Aber wenigstens wirst du mich nicht übers Knie legen können – nicht während Mirtai über mich wacht. Übrigens, kennst du Mirtai
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