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Elf Arten der Einsamkeit - Short stories

Titel: Elf Arten der Einsamkeit - Short stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Yates
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zum Sofa und richtete sich erwartungsvoll auf Ralphs Ankunft ein. Nach einer Weite stand sie wieder auf, ging mit der Sherryflasche zum Bei- stelltisch und stellte sie dort mit einem zweiten Glas auf ein Tablett.

    Als Ralph das Büro verließ, war er ein bißchen ent- täuscht. Irgendwie hatte er sich von dem Freitag vor sei- ner Hochzeit mehr erwartet. Der Scheck mit der Extra- zulage war in Ordnung (auch wenn er insgeheim mit der doppelten Summe gerechnet hatte), und die Jungs hatten ihm in der Mittagspause einen Drink spendiert und dem Anlaß entsprechend herumgealbert (»Ach was, nimm's nicht so schwer, Ralph ... 's gibt Schlimmeres«), aber den- noch, eigentlich hatte er sich eine richtige Feier erhofft. Nicht unbedingt mit den Jungs im Büro, aber mit Eddie und seinen Freunden. Statt dessen würde er sich mit Eddie nun bloß im White Rose treffen, wie an jedem anderen Abend im Jahr, würde ihn anschließend nach Hause begleiten, dort essen und sich die Reisetasche ausleihen, und danach würde er die ganze Strecke nach Manhattan zurückfahren müssen, nur um ein oder zwei Stunden bei Gracie zu sein. Als er in der Bar ankam, war Eddie nicht da – was das schneidende Gefühl von Einsamkeit noch verstärkte. In düsterer Stimmung trank er ein Bier und wartete.
     Eddie war sein bester Freund und zugleich der ideale Trauzeuge, weil er von Anfang an in sein Werben um Gra- cie eingeweiht war. Und in ebendieser Bar hatte Ralph ihm vom ersten Treffen im vergangenen Sommer erzählt: »Mann, Eddie ... solche Titten!«
     Eddie hatte gegrinst. »Ah ja? Und wie steht's mit ihrer Mitbewohnerin?«
     »Ach was, die kannst du vergessen, Eddie. Die ist 'ne Vogelscheuche. Außerdem ziemlich hochnäsig, glaub' ich. Nein, aber die andre, die kleine Gracie ... Mann, die hat echt Holz vor der Hütte.«
     Nach jedem Rendezvous hatte er Eddie, hie und da ein bißchen übertreibend, fast alles – manchmal auch mehr – von seinen Vergnügungen erzählt und ihn für das weitere Vorgehen um Rat gebeten. Doch damit würde es, wie mit so manchen anderen Freuden, nach dem heutigen Tag vorbei sein. Immerhin hatte ihm Gracie versprochen, daß er nach der Hochzeit einmal in der Woche mit den Jungs auf Achse sein dürfe, aber auch dann würde es nie mehr so sein wie früher. Von echter Freundschaft hatten Mädchen überhaupt keine Ahnung.
     Im Fernseher der Bar lief gerade ein Baseballspiel; er sah es sich teilnahmslos an, und der sentimentale Ver- lustschmerz schnürte ihm schier die Kehle zu. Fast sein ganzes Leben lang hatte er Freundschaften mit anderen Jungen und Männern gepflegt, hatte versucht, ein guter Kumpel zu sein, und nun war alles vorbei.
     Irgendwann schließlich tippte Eddie ihn mit dem Fin- ger zur Begrüßung ans Gesäß. »Na, Sportsfreund?«
     Ralph kniff mit träger Geringschätzung die Augen zusammen und drehte sich bedächtig um. »Was'n pas- siert, Mann? Hast dich verirrt?«
     »Bist in Eile, oder was?« Eddie bewegte beim Sprechen kaum die Lippen. »Kannst nicht mal zwei Minuten war- ten?« Er fläzte sich auf einen Hocker und schob dem Bar- keeper eine Vierteldollarmünze zu. »Laß mir mal eins raus, Jack.«
     Eine ganze Weile tranken sie vor sich hin und starrten auf den Fernseher. »Hab' heut 'ne kleine Extrazulage ge- kriegt«, sagte Ralph. »Fünfzig Dollar.«
     »Echt?« sagte Eddie. »Nicht schlecht.«
     Ein Schlagmann mußte vom Feld; der Durchgang war vorbei, die Werbung begann. »Und?« sagte Eddie und schwenkte das Bier in seinem Glas. »Willst du immer noch heiraten?«
     »Warum nicht?« sagte Ralph achselzuckend. »Aber jetzt laß das mal, ja? Muß gleich wieder los.«
     »Immer langsam, immer langsam. Was hast's'n so eilig?«
     »Jetzt mach schon, okay?« Ralph trat ungeduldig ein paar Schritte von der Bar zurück. »Ich würd' gern deine Tasche holen.«
     »Ach was, Tasche.«
     Ralph trat wieder näher heran und bedachte Eddie mit einem finsteren Blick. »Hör zu, Mann. Keiner zwingt dich, mir die gottverdammte Tasche zu leihen. Nicht daß dir deswegen noch's Herz bricht oder so ... «
     »Okay, okay, schon gut. Du kriegst die Tasche ja. Mach doch nicht gleich so 'nen Aufstand.« Eddie trank sein Bier aus und wischte sich den Mund ab. »Gehn wir.«
     Daß er sich für seine Hochzeitsreise eine Reisetasche borgen mußte, machte Ralph schwer zu schaffen; viel lie- ber hätte er sich eine eigene gekauft. Im Schaufenster des Lederwarengeschäfts, an dem sie auf dem Weg zur U-Bahn jeden

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