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Elf Arten der Einsamkeit - Short stories

Titel: Elf Arten der Einsamkeit - Short stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Yates
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nis, McCabe«, sagte er. »Ich schreib' 'ne Kolumne für die Zeitung. Ist alles schon arrangiert.«
     »Ja?« sagte ich. »Springt Geld dabei raus?«
     »Geld?« Er zwinkerte. »Werd' ich dir gleich erzählen. Laß uns eine Tasse Kaffee trinken.« Er führte mich in den gekachelten und dampfenden Glanz des Automaten- restaurants, und nachdem wir uns an einem feuchten Ecktisch niedergelassen hatten, erklärte er mir alles. »Fin- ney sagt, kein Geld, verstehst du? Ich sage, okay. Er sagt, auch keine Namensnennung. Ich sage, okay.« Er zwinkerte wieder. »Ich geh' die Sache schlau an.«
     »Wie meinst du das?«
     »Wie ich das meine?« Er wiederholte stets die Frage und
    hielt die Augenbrauen hochgezogen, während er einen genüßlich avif die Antwort warten ließ. »Hör mal, ich durchschau diesen Finney. Er entscheidet diese Sachen nicht. Glaubst du etwa, er entscheidet etwas bei uns? Du solltest schlauer sein, McCabe. Mr. Kramm trifft die Ent- scheidungen. Und Mr. Kramm ist ein intelligenter Mann, mach dir nichts vor.« Nickend hob er die Kaffeetasse, aber seine Lippen zuckten vor dem heißen Getränk zu- rück, spitzten sich und bliesen in den Dampf, bevor er mit vorsichtiger Ungeduld daran nippte.
     »Na ja«, sagte ich, »okay, aber ich würde bei Kramm nachfragen, bevor du dir was erwartest.«
     »Nachfragen?« Er knallte die Tasse auf den Tisch. »Was gibt's da nachzufragen? Hör mal, Mr. Kramm will eine Kolumne, richtig? Meinst du, es ist ihm wichtig, ob ich mit Namen genannt werde oder nicht? Oder das Geld – meinst du, wenn ich eine gute Kolumne schreibe, daß er dann Ausflüchte wegen der Bezahlung machen wird? Du spinnst. Finney ist derjenige, verstehst du? Er will mir nichts gönnen, weil er Angst hat, er könnte seine eigene Kolumne verlieren. Hast du kapiert? Also gut. Ich werd' bei niemand nachfragen, bis ich diese Kolumne geschrie- ben habe.« Er stieß sich den steifen Daumen in die Brust. »In meiner Freizeit. Dann gehe ich damit zu Mr. Kramm, und wir reden Tacheles. Das kannst du ruhig mir überlas- sen.« Er lehnte sich behaglich zurück, die Ellbogen auf den Tisch gestützt, die Tasse mit beiden Händen gefaßt, als wollte er gleich daraus trinken, und blies in den Dampf.
     »Tja«, sagte ich. »Hoffentlich hast du recht. Wäre nett, wenn es funktionieren würde.«
     »Ah, vielleicht funktioniert's auch nicht«, gestand er zu, verzog den Mund zu einer spekulativen Grimasse und legte den Kopf schräg. »Du weißt schon. Es ist ein Spiel.« Aber das sagte er nur aus Höflichkeit, um meinen Neid möglichst geringzuhalten. Er konnte es sich leisten, Zwei- fel zu äußern, weil er keinen verspürte, und ich sah ihm an, daß er bereits überlegte, wie er es seiner Frau erzählen würde.
     Am nächsten Morgen ging Finney von Schreibtisch zu Schreibtisch und wies uns an, Sobel alle Klatschgeschich- ten zu geben, auf die wir stießen; die Kolumne sollte in der nächsten Ausgabe beginnen. Später sah ich ihn mit Sobel konferieren, ihm erklären, wie die Kolumne geschrie- ben sein sollte, und mir fiel auf, daß nur Finney redete: Sobel saß da, rauchte und stieß dünne, verächtliche Rauch- wolken aus.
     Wir hatten gerade eine Ausgabe in den Druck gegeben, der Abgabetermin für die Kolumne war also in zwei Wochen. Anfänglich tauchten nicht viele Themen auf – es war schwer genug, Neuigkeiten von den Gewerkschaf- ten, über die wir berichteten, zu erfahren, geschweige denn »Klatschgeschichten«. Wann immer ihm jemand eine Notiz gab, runzelte Sobel die Stirn, kritzelte selbst etwas dazu und legte sie in eine Schreibtischschublade; ein- oder zweimal sah ich, daß er sie in den Papierkorb warf. Ich erinnere mich nur an einen von mehreren Tips, die ich ihm gab: Der örtliche Gewerkschaftsfunktionär der Heizungsinstallateure, über den ich schreiben wollte, hatte mir durch die geschlossene Tür hindurch zugeru- fen, daß er heute keine Zeit habe, weil seine Frau gerade Zwillinge bekommen hätte. Aber Sobel wollte die Sache nicht. »Sie haben also Zwillinge gekriegt«, sagte er. »Na und?«
     »Wie du willst«, sagte ich. »Hast du viel anderen Stoff?«
     Er zuckte die Achseln. »Einiges. Ich mach' mir keine
    Sorgen. Aber eins will ich dir sagen – viel von dem Mist werd' ich nicht verwenden. Dieser Klatsch. Wer zum Teu- fel wird das lesen? Man kann nicht eine ganze Kolumne mit so 'nem Mist machen. Die Sache muß von was zu- sammengehalten werden. Hab' ich recht?«
     Ein anderes Mal (er redete

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