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Elf Arten der Einsamkeit - Short stories

Titel: Elf Arten der Einsamkeit - Short stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Yates
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Douglas oder Burt Lancaster. Wade Manley war mit Bernie hier in der Bronx in die Grundschule gegangen. Über gemeinsame Freunde war es ihnen gelungen, seitdem auf sentimen- tale Weise verbunden zu bleiben, und was diese Freund- schaft frisch hielt, war Wade Manleys häufig wiederholter Wunsch, die Rolle des rauhen, liebenswerten Bernie Sil- ver, New Yorker Taxifahrer, in jedem Film und jeder Fern- sehserie zu spielen, die auf seinem farbenfrohen Leben basierten. »Jetzt nenne ich Ihnen noch einen Namen«, sagte er, und als er ihn aussprach, blinzelte er mich ge- rissen an, als wäre es ein Hinweis auf meine Allgemein- bildung, ob ich den Namen wiedererkannte oder nicht. »Dr. Alexander Corvo.«
     Und glücklicherweise gelang es mir, nicht allzu ver- ständnislos dreinzublicken. Es war nicht gerade der Name einer Berühmtheit, aber er war alles andere als unbe- kannt. Es war einer dieser New-York-Times-Namen, die Zehntausende von Menschen vage kennen, weil sie seit Jahren in der Times hochachtungsvoll erwähnt werden. Oh, ihm mangelte vielleicht die Wucht von »Lionel Tril- ling« oder »Reinhold Niebuhr«, aber im Prinzip gehörte er in diese Kategorie; man konnte ihn wahrscheinlich der gleichen Klasse zurechnen wie »Huntington Hartford« oder »Leslie R. Groves« und ein, zwei Stufen höher als »Newbold Morris«.
     »Sie meinen den Wie-wird-er-noch-genannt?« sagte ich. »Der Kindheitskonfliktmann?«
     Bernie nickte feierlich, verzieh mir die ungebildete Aus- drucksweise und sprach erneut den Namen und die rich- tige Berufsbezeichnung aus. »Ich meine Dr. Alexander Corvo, den bedeutenden Kinderpsychologen.«
     Zu Beginn seines Aufstiegs zu Bedeutung war Dr. Corvo Lehrer an ebenjener Grundschule in der Bronx gewesen, und zwei der ungebärdigsten, heißgeliebtesten kleinen Frechdachse in seiner Obhut waren Bernie Silver und Manny Wie-heißt-er-noch, der Filmstar, gewesen. Er hatte sich eine unheilbare Schwäche für die beiden Kinder erhalten, und heute würde er nichts lieber tun, als den Einfluß, über den er in der Verlagswelt verfügte, zur För- derung ihres Projekts einzusetzen. Alles, was die drei jetzt noch brauchten, so schien es, war das letzte Element, der schwerfaßbare Katalysator, der perfekte Schriftsteller.
     »Bob«, sagte Bernie, »ich will Ihnen die Wahrheit sagen. Ich habe einen Schriftsteller nach dem anderen daran arbeiten lassen, und keiner von ihnen war der Richtige. Manchmal traue ich meinem eigenen Urteil nicht und bringe, was sie geschrieben haben, zu Dr. Corvo, und er schüttelt den Kopf. ›Bernie, versuch es noch mal‹, sagt er. Schauen Sie, Bob.« Er neigte sich in seinem Sessel ernst nach vorn. »Das ist keine anrüchige Geschichte, ich will niemanden um den Finger wickeln. An der Sache wird gebaut. Manny, Dr. Corvo und ich – wir bauen diese Sache auf. Machen Sie sich keine Gedanken, Bob, ich weiß – wirke ich wirklich so blöd? –, ich weiß, daß die beiden nicht so dran bauen, wie ich dran baue. Und warum sollten sie auch? Ein großer Filmstar? Ein hervor- ragender Gelehrter und Autor? Haben sie nicht selbst genug, woran sie bauen? Wichtigere Dinge als diese Sa- che hier? Selbstverständlich. Aber, Bob, ich will Ihnen die Wahrheit sagen: Sie sind interessiert. Ich kann Ihnen Briefe zeigen, ich kann Ihnen aufzählen, wie oft wir mit ihnen, oder zumindest mit Manny, und ihren Frauen in dieser Wohnung gesessen und stundenlang darüber gere- det haben. Sie sind interessiert, deswegen muß sich nie- mand Sorgen machen. Verstehen Sie, was ich Ihnen da sage, Bob? Ich sage Ihnen die Wahrheit. An dieser Sache wird gebaut.« Und er setzte zu einer bedächtigen, zwei- händigen Geste des Bauens an, begann auf dem Teppich, stellte unsichtbare Steine aufeinander, bis er ein Gebäude aus Geld und Ruhm für sich, aus Geld und Freiheit für uns beide errichtet hatte, das uns bis auf Augenhöhe reichte.
     Ich sagte, daß es wirklich gut klinge, aber wenn er nichts dagegen hätte, wüßte ich gern mehr über die sofortige Bezahlung der einzelnen Geschichten.
     »Und darauf werde ich Ihnen jetzt die Antwort geben«, sagte er. Er ging wieder zur Kredenz – ein Teil davon schien so etwas wie ein Schreibtisch zu sein –, und nachdem er in Papieren gekramt hatte, kam er mit einem Scheck zurück. »Ich werde es Ihnen nicht nur sagen«, sagte er. »Ich werde es Ihnen zeigen. Ist das fair? Das war mein letzter Autor. Nehmen Sie und lesen Sie selbst.«
     Es war ein stornierter Scheck, der

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