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Elf Arten der Einsamkeit - Short stories

Titel: Elf Arten der Einsamkeit - Short stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Yates
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besagte, daß Bernard Silver dem namentlich genannten Überbringer die Sum- me von fünfundzwanzig Dollar und null Cent bezahlte. »Lesen Sie!« beharrte er, als wäre der Scheck ein Stück Prosa von ungewöhnlichem Wert, und er beobachtete mich, als ich ihn umdrehte, um die Unterschrift des Man- nes zu lesen, die unter dem Stempel der Bank und den halb unleserlichen Worten von Bernie stand, welche be- sagten, daß es sich um eine Vorauszahlung handelte. »Sieht der korrekt aus?« fragte er. »Das ist die Verein- barung. Alles klar?«
     Ich nahm an, daß alles so klar war, wie es nur sein konnte, gab ihm den Scheck zurück und sagte, daß wir anfangen könnten, wenn er mir eine Karteikarte zeigen würde.
      »Einen Augenblick, bitte! Immer mit der Ruhe.« Sein Lächeln war enorm. »Sie sind von der schnellen Truppe, wissen Sie das, Bob? Ich meine, ich mag Sie, aber glauben Sie nicht, daß ich ein ziemlicher Trottel wäre, wenn ich jedem, der hier reinkommt und behauptet, Schriftsteller zu sein, einen Scheck ausstellen würde? Ich weiß, daß Sie ein Zeitungsschreiber sind. Gut. Weiß ich, ob Sie ein Schriftsteller sind? Warum lassen Sie mich nicht einen Blick auf das werfen, was Sie da auf dem Schoß liegen haben?«
     Es war ein Umschlag, der die Durchschläge der einzi- gen zwei halbwegs vorzeigbaren Kurzgeschichten ent- hielt, die ich je zustande gebracht hatte.
     »Klar«, sagte ich. »Hier. Natürlich sind sie was ganz anderes als das, was Si e ...«
     »Macht nichts, macht nichts; natürlich sind sie was an- deres«, sagte er und öffnete den Umschlag. »Entspannen Sie sich und lassen Sie mich einen Blick drauf werfen.«
     »Ich meine, daß sie ziemlich ... nun ja, literarisch sind, so würde man sich vermutlich ausdrücken. Ich glaube nicht, daß sie Ihnen eine Vorstellung von meiner ...«
     »Entspannen Sie sich, habe ich gesagt.«
     Er zog eine randlose Brille aus der Tasche seines Frei- zeithemds und setzte sie umständlich auf, während er sich stirnrunzelnd zurücklehnte, um zu lesen. Er brauchte lange für die erste Seite der ersten Geschichte, und ich sah ihm zu und fragte mich, ob das der absolute Tief- punkt meiner literarischen Karriere werden würde. Ein Taxifahrer um Himmels willen. Endlich blätterte er die erste Seite um, gleich darauf die zweite Seite, und ich wußte, daß er quer las. Dann die dritte und vierte – die Geschichte hatte zwölf oder vierzehn Seiten –, während ich mein leeres warmes Ginger-ale-Glas umklammert hielt, als wäre ich bereit, es ihm an den Kopf zu schleudern.
     Ein zuerst kaum wahrnehmbares, zögerndes, dann zunehmend bestimmtes Kopfnicken setzte ein, während er sich voranarbeitete. Er las zu Ende, blickte verwirrt drein, las die letzte Seite noch einmal; dann legte er die Geschichte beiseite und nahm die zweite – nicht um sie zu lesen, sondern um ihre Länge zu überprüfen. Er hatte eindeutig genug gelesen für einen Abend. Er setzte die Brille ab und ein Lächeln auf.
     »Tja, sehr nett«, sagte er. »Ich werde die andere Ge- schichte jetzt nicht lesen, aber die erste ist sehr nett. Natürlich ist das hier, wie Sie gesagt haben, selbstver- ständlich eine ganz andere Art von Material, deswegen ist es schwer für mich zu ... – Sie wissen schon ... «, und er ver warf den Rest des schwierigen Satzes mit einer Hand- bewegung. »Ich sage Ihnen was, Bob. Statt jetzt zu lesen, will ich Ihnen ein paar Fragen über das Schreiben stellen. Zum Beispiel.« Er schloß die Augen und berührte die Lider vorsichtig mit den Fingern, dachte nach oder, das war wahrscheinlicher, tat so, als würde er nachdenken, um den nächsten Worten mehr Gewicht zu verleihen. »Zum Beispiel, lassen Sie mich folgende Frage stellen. Nehmen wir an, jemand schreibt Ihnen einen Brief und sagt: ›Bob, ich hatte heute keine Zeit, Ihnen einen kurzen Brief zu schreiben, statt dessen mußte ich Ihnen einen langen Brief schreiben.‹ Wüßten Sie, was damit gemeint ist?«
     Keine Sorge, diesen Teil des Abends brachte ich ziem- lich locker hinter mich. Ich wollte die fünfundzwanzig Dollar nicht kampflos aufgeben; und meine Antwort, aus was für einem vernünftig klingenden Unsinn auch immer sie bestand, ließ ihm keinen Zweifel, daß dieser spezielle Ghostwriter-Kandidat etwas von der Schwierigkeit und dem Wert von Verdichtung in Prosatexten verstand. Jedenfalls schien er zufrieden.
     »Gut. Versuchen wir es mit etwas anderem. Ich habe vorhin das Bauen erwähnt. Also, begreifen Sie, daß

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