Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
weinenden Seelen , mein Freund Edro! Ich wachse auch hier auf der Insel der Verzweiflung !", hauchte da plötzlich eine Stimme. Edro erstarrte.
Diese Stimme kannte er. Sie war so süß und gleichzeitig so grausam. Da bemerkte er auf dem nackten Fels plötzlich eine Blüte.
Sie war so schwarz wie die Finsternis selbst und zwei leuchtende Augen funkelten seltsam.
"Du bist die Schwarze Blume?"
"Erkennst du mich nicht, Edro?"
Er beugte sich zu der kleinen Pflanze nieder. "Doch, ich erkenne dich!"
"Dann lass dich von mir umarmen!"
Seltsame, aus Finsternis gewachsene Arme streckten sich daraufhin nach Edro aus.
*
Edro erwachte aus einem tiefen, traumlosen Schlaf. Er hatte jegliches Gefühl für Raum und Zeit verloren und wusste nicht, wie lange es her war, dass die schwarze Blume sich ihm genähert hatte.
Jetzt öffnete er die Augen und stellte fest, dass Dunkelheit ihn umgab. Die Dunkelheit der Nacht hatte sich über ihn gesenkt.
Am Himmel funkelten die Sterne. Der Mond, als großes Oval, sah wie das allsehende Auge einer mächtigen, aber ungeheuer weit entfernten Wesenheit auf ihn herab. Es war eine helle Nacht. Im Hintergrund rauschte das Meer. Die Wellen klatschten an die felsige Küste.
Edro erhob sich und blickte dorthin, wo sich die schwarze Blume befunden hatte. Er fand nicht mehr als ein paar verdorrte Überreste.
Mehr war nicht von ihr geblieben.
Dafür verspürte er jetzt eine Kraft in sich, die vorher nicht da gewesen war. Lethargie und Verzweiflung, die ihn soeben noch erfüllt hatten, waren jetzt wie weggeblasen. Er fühlte sich so stark und kräftig, wie schon lange nicht mehr.
Was war geschehen? Hatte er nicht das Vergessen gesucht?
Sein Blick streifte noch einmal kurz die verdorrten Überreste der schwarzen Blume und glitt dann zu einem der schroffen Felsen hinüber. Dahinten leuchtete etwas.
Diese Lichterscheinung wirkte wie ein sehr fernes Gewitter. Sie flackerte rhythmisch auf.
Was mag dort sein?, fragte sich Edro. Dann raffte er seinen Mantel zusammen und wandte sich in Richtung dieser Lichterscheinung. Er kletterte über die Felsen und bekam schließlich einen freien Blick auf die schroffe Küste. Wabernde Nebelfelder standen weiß leuchtend auf dem Meer. Die Wellen waren flach, kaum mehr als ein leichtes Kräuseln der Wasseroberfläche.
Aus diesen Nebelschwaden heraus führte eine Brücke. Sie schimmerte metallisch und Edro erkannte, dass von ihr das pulsierende Leuchten ausging, das er bereits jenseits der Felsen gesehen hatte.
Eine Brücke ins Nichts, überlegte Edro. So hatte es zumindest den Anschein, auch wenn das wider alle Logik und Erfahrung war. Die Brücke endete auf einem Felsplateau, etwas oberhalb der zerklüfteten Küste. Dorthin versuchte Edro nun zu gelangen. Es war nicht einfach, aber schließlich gelangte er auf einen trittfesten Pfad und erreichte das Plateau.
Am Beginn des Brückengeländers bewachten aus Metall gegossene geflügelte Affen den Zugang. Starr standen sie da. In den Händen hielten sie Dreizacke, die sie übereinander gekreuzt hatten. So als wollten diese Standbilder jeden Unbefugten den Zutritt zur Brücke verwehren.
Edro wollte einfach unter diesen Dreizacken hindurch schreiten, was sehr gut möglich gewesen wäre. Dazu brauchte er sich nur ein bisschen zu bücken, aber plötzlich wurden die Standbilder von Leben erfüllt. Die geflügelten Affen richteten die Spitzen der Dreizacke auf den Ankömmling.
Edro sprang zurück. Seine Hand griff dabei nach dem Schwert, klammerte sich um den Griff, zog es aber nicht aus der Scheide.
„Wer seid ihr, dass ihr mir den Weg versperrt?“, fragte er. „Und was ist das für eine Brücke, die scheinbar ins Nichts führt?“
„Wir sind die Wächter von Elfénia“, sagte einer der beiden geflügelten Affen, der plötzlich auf eine gespenstischen Art und Weise lebendig wirkte.
„So ist jenseits dieser Brücke Elfénia zu finden, das Land, der Seelen?“, fragte Edro.
„Ja, so ist es“, bestätigte der Affe.
„Wie kommt es, dass sich diese Brücke so plötzlich gebildet hat?
Als ich diese Insel betrat, sah ich nirgends das charakteristische Leuchten, das sie auszuzeichnen scheint.“
„Ich glaube, Ihr habt es nur nicht bemerkt“, erwiderte der andere Affe. Er kichert dabei in sich hinein.
Edro hatte keine Ahnung, was ihn so sehr amüsierte.
„Mein halbes Leben bin ich auf der Suche nach Elfénia“, eröffnete Edro, „also lasst mich die Brücke passieren. Es ist mir ganz
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