Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
hinein. "Hört auf!"
"Sie werden nicht auf dich hören, Edro! Sie sind dazu da, dich zu peinigen!"
Das war der Düstere.
Aber seine Worte machten Edro wenig Mut.
Er glaubte verschiedene der Stimmen wiederzuerkennen. Kiria....
Laut hörte er ihr Schluchzen und plötzlich schien es ihm viel lauter zu sein, als all die anderen Stimmen.
Er verließ seinen Unterschlupf und eilte hinaus in die Finsternis.
"Wartet, Edro!", rief ihm sein Schatten zu, aber der Dakorier hörte nicht.
Und da sah er sie!
Kiria stand am Strand. Ihre braunen Haare wehten im Wind. Und sie schluchzte.
Einen Moment lang blieb Edro stehen, dann rannte er ihr entgegen.
"Kiria!", rief er. "Kiria!"
Und dann stand er vor ihr. Erschrocken blieb er stehen. Er wusste, dass Kiria nicht sein konnte. Er selbst hatte sein Schwert in ihren Leib gestoßen, er selbst hatte ihren toten Körper den Flammen übergeben!
Aber dennoch stand sie vor ihm. Schluchzend und verzweifelt.
"Kiria!", sagte Edro, aber Kiria schien ihn nicht zu hören. Sie schluchzte weiter und im Hintergrund vernahm der Dakorier das Schluchzen vieler anderer Stimmen. Dazu das grollende Rollen des Donners.
Edro wollte sie berühren, aber da verschwand sie. Sie löste sich einfach in nichts auf, wie ein Traum oder ein Gespenst. Dafür sah er etwas weiter entfernt eine andere Gestalt. Sie besaß drei kräftige Arme und vier gefährlich blitzende Augen.
Edro erkannte diese Gestalt sofort. Es war Ychkr, jener Gott, der beschlossen hatte zu sterben und der es sich dann später anders überlegte. Jener Gott, den Edro mit Hilfe des magischen Horns getötet hatte.
Stumm stand Ychkr da und seine vier Augen blickten Edro seltsam an.
"Seltsam, dass wir uns an diesem Ort wiedertreffen", bemerkte der Mann aus Dakor.
"Vieles ist seltsam", entgegnete die finstere Stimme Ychkrs. "Du aber bist vielleicht der Seltsamste, den ich je traf, Edro!" Und dann verschwand auch er wieder im Nichts der Finsternis.
Edro lief ziellos durch die Dunkelheit. Aber die Stimmen verfolgten ihn überall hin.
`Sie sind dazu da, um dich zu peinigen’, hörte er in seinem Geiste den Düsteren sagen.
Wie ein Irrer rannte er durch die Nacht. Er schrie wie ein Wahnsinniger. Er wusste nicht mehr, was er tat.
Die Wolken zogen sich zurück, das Meer glättete sich wieder.
Erschöpft lag Edro am Strand und sah diesem seltsamen Schauspiel zu.
Langsam verklangen die Stimmen, bis sie schließlich nicht mehr zu hören waren.
Der Düstere trat neben ihn und Edro stand auf.
"Habt Ihr sie schreien hören?", fragte er.
"Ich habe Euch schreien hören, Herr Edro!"
"Ich spreche nicht von mir, ich spreche von den anderen! Ihre Schreie rauben mir den Verstand!"
"Die anderen interessieren mich nicht, Edro!"
"Verdammt, was interessiert Euch denn überhaupt?"
"Ihr! Ich bin Euer Schatten." Edro schwieg. Er spürte plötzlich seinen Hunger und seinen Durst.
"Ich muss etwas trinken!", keuchte er.
"Ich glaube nicht, dass es auf der Insel der Verzweiflung etwas Trinkbares gibt?", versetzte der Schatten.
"Verdammt, aber ich muss essen und trinken!"
Edros Augen waren jetzt nicht melancholisch, wie sonst. Sie waren wild. Verzweiflung leuchtete in ihnen. In seinem Kopf hörte er noch immer Kirias Weinen. Er hatte sie gesehen!
Er hatte nur ein Gespenst gesehen.
"Was geschieht mit den Toten?", fragte Edro nun den Düsteren.
"Ich weiß es nicht. Aber Ihr, Herr Edro, Ihr müsstet es wissen.
Habt Ihr nicht im Garten der weinenden Seelen mit der Schwarzen Blume des Todes gesprochen?"
"Ja, das habe ich." Edro seufzte.
"Hat sie Euch keine Antwort gegeben?"
"Doch, das hat sie. Und sie hat es auch wieder nicht. Sie sagte: Der Tod sei ein Schlaf und jeder Schlaf ein kleiner Tod." Die Brandung donnerte wild und der Düstere entfernte sich plötzlich von Edro. Er ging aufs Meer hinaus. Er lief auf den Wellen, als wären sie fester Untergrund.
"Heh, wohin wollt Ihr?", rief Edro erschrocken aus.
"Ich gehe weg."
"Wartet! Bleibt doch hier!"
"Das kann ich nicht!"
Das waren die letzten Worte des Düsteren, die Edro vernahm.
Irgendwo am Horizont verschwand er, um nie wieder aufzutauchen.
Da bemerkte Edro plötzlich, dass er wieder einen Schatten warf.
Aber der Dakorier war seltsamerweise gar nicht froh darüber.
Ziellos und verzweifelt kletterte er zwischen den öden Felsen umher. Er sehnte sich nach der Schwarzen Blume.
"Wäre ich doch nur im Garten der weinenden Seelen!", rief er laut aus.
"Ich wachse nicht nur im Garten der
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