Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
Himmel leuchtete der Vollmond. Mergun liebte die Nacht. Er liebte sie mehr als den Tag. Am Tag war das Geschrei der Leute allgegenwärtig und nirgends vermochte man Ruhe zu finden.
Aber in der Nacht war das anders...
Nur in einigen Tavernen war noch Leben - und auf den Dächern einiger Häuser, wo nachtschwarze Katzen umherschlichen, mit glühenden, beutegierigen Augen und seidigem Fell.
Aber es gab in Balan nicht viele Ratten - die Stadt war sehr sauber.
Es wunderte Mergun, als er einen Reiter kommen sah. Er war in weite, wehende Gewänder gehüllt. Es war die Kleidung des Wüstenvolkes, das erkannte Mergun sogar in der Dunkelheit. Mergun war nie bis zur Drachenwüste vorgedrungen, aber Krask der Gott der Wüste hatte Mergun von seinem Volk erzählt, von seinen Sitten und Gebräuchen und seinem Aberglauben und seiner Kultur.
Mergun kannte das schwere Schicksal der Lanar. Kaum ein anderes Volk dieser Erde war so schwer geprüft worden wie dieses.
Und kaum ein anderes hatte einen derart grausamen Gott!
Zunächst hatte Mergun vorgehabt, sich zu verstecken. Es war nicht unbedingt notwendig, dass er dadurch Verdacht erweckte, dass er in der Dunkelheit der Nacht durch Balans Gassen schlich. Man mochte ihn für einen Einbrecher halten.
Aber es war bereits zu spät. Der Lanar hatte ihn längst gesehen und so blieb der Gott mitten auf der breiten Hauptstraße stehen und erwartete den Fremden.
Der Lanar hielt direkt auf ihn zu. Er ritt ein mageres Pferd, dem man die Strapazen eines langen Rittes wohl ansah. Als er Mergun erreicht hatte zügelte er das Tier.
Der Mond beschien jetzt die Gestalt und Mergun sah die blitzenden Augen des anderen. Sie waren das einzige, was von seinem Gesicht zu sehen war, denn er hatte sich ein Tuch um den Kopf gebunden.
Ein seltsamer Ausdruck lag in diesen Augen.
„Vielleicht könnt Ihr mir helfen“, wandte sich der Lanar an Mergun. „Ich suche Mergun!“
Mergun erschrak. Wer war dieser geheimnisvolle Wüstenmann?
Und weshalb war er hier?
„Meint Ihr Mergun, den Gott?“
„Ja, genau, den meine ich. Er befindet sich in dieser Stadt, ich weiß es. Er soll vom Uytrirran herabgestiegen sein, um die Revolution einzuleiten, die die Götter von ihrem Gipfel stürzen wird! Wisst Ihr wo er ist?“
Mergun musterte den Lanar. Konnte er diesem Mann trauen? Es schien so, als sei er allein gekommen. Aber was konnte er von ihm wollen?
„An Eurer Stelle würde ich nicht so viele Worte machen, Fremder!“
Der Lanar runzelte die Stirn.
„Weshalb nicht?“
„Mergun ist hier, aber niemand weiß davon. Außer mir, denn ich bin sein Vertrauter. Ihr habt verdammtes Glück, dass Ihr sogleich an mich geraten seid.“
„Dann führt mich zu ihm. Ich habe mit Eurem Gott zu reden!“
„Ich weiß noch nicht einmal, welchen Namen Ihr tragt und ob ich Euch trauen kann.“
„Mein Name ist Gibram, Sohn des Al-Drachud aus der Sippe der Tekir! Meinem Wort könnt Ihr trauen.“
„Und was wollt Ihr von Mergun?“
„Das dürfte Euch kaum etwas angehen! Es ist einzig und allein eine Sache zwischen mir und deinem Gott!“
„Nun gut, ich werde Euch zu ihm führen“, versprach Mergun mit einem listigen Lächeln auf den Lippen, welches der Lanar allerdings der Dunkelheit wegen nicht sehen konnte.
„Steigt von Eurem Pferd ab, Gibram!“
„Weshalb?“
„Es ist besser so für Euch. Ihr seid andernfalls ein zu großes Ziel für einen geschickten Messerschleuderer!“
„Ich dachte, so etwas gibt es in Balan nicht!“
„Das war früher! Aber es hat sich vieles geändert in der Zeit, als Mergun fort war und auf dem Berg der Götter weilte!“ Gibram stieg wortlos ab und führte sein Pferd nebenher. Es war nicht genau auszumachen, ob ihm Merguns Argument einleuchtete oder nicht.
Letzterer jedoch ließ äußerste Wachsamkeit walten. Es mochte sich bei dem Fremden möglicherweise um einen gedungenen Meuchelmörder handeln, von den anderen Göttern geschickt. Oder vielleicht war Gibram auch ein Spion...
Eins mochte so verhängnisvoll wie das andere sein...
Mergun und Gibram schritten vorbei an verrufenen Tavernen in denen selbst zu dieser späten Stunde noch Leben herrschte.
„Wohin führt Ihr mich?“, fragte Gibram, aber Mergun antwortete nicht. Immer düsterer wurden die Straßen, in die der Gott den Lanar führte. Hier kannte sich Mergun bestens aus.
Schließlich hielt er an.
„Was ist los, warum gehen wir nicht weiter?“
„Wir sind am Ziel, Gibram!“
„Wo ist Mergun?“ Die Augen
Weitere Kostenlose Bücher