Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
und Phrasen um sich herum aufzubauen.
Ich denke, dass zum Leben das Leben lassen gehört. Man kann derartige Existenzen durchaus hinnehmen und mit ihnen leben, ohne sie ständig auf ihre Kleinheit und Hohlheit hinweisen zu müssen, oder sogar seinen offenen Spott damit zu treiben – so wie es Lakyr-a-Dergons Art war. Wer will schon letztgültig entscheiden, wer tatsächlich weise ist und wer nur schön verpackte Einfalt zur Schau trägt?
Es wird immer auch andere Sichtweisen geben, aus denen heraus sich die Dinge gänzlich anders darstellen. Wer will da den Hochmut besitzen zu behaupten, das Wahre vom Unwahren zweifelsfrei erkennen zu können?
Nun, jener Mann, der im Mittelpunkt dieser Geschichte steht, Lakyr-a-Dergon nämlich, war von jener Art. Mit einer für andere manchmal erschütternden Unbekümmertheit machte er die Positionen seiner Gegenredner lächerlich, während er selbst der einzige Mann auf Erden zu sein schien, der dazu im Stande war logisch zu denken!
Ja, er war lästerlich und respektlos – und zwar nicht nur auf jene Art und Weise, die Leute wie Luason-a-Luason an ihm kritisierten, also den Göttern gegenüber – das wäre im Übrigen meiner Ansicht nach durchaus verzeihlich gewesen – sondern er brachte auch kaum einem seiner Mitmenschen Achtung entgegen.
Schon am nächsten Tag sollte er den Plan dazu fassen, das Weltbild der Menschen von Palniarak zu verspotten.
*
Zu früher Stunde ließ mich Lakyr zu sich rufen. Und während ich verschlafen und mit einem dicken Kopf bei ihm auftauchte, wunderte ich mich darüber, dass der Hausherr trotz des gestrigen Gelages bereits aufgestanden und offensichtlich hellwach war.
Was konnte er zu dieser Stunde für Arbeit haben, die einen Schreiber benötigte um getan zu werden?
Bald jedoch sollte sich mir eröffnen, dass es um etwas ganz anderes ging.
„Na, wie geht es Euch, werter Keregin?“
„Ich habe Kopfschmerzen.“
„Das ist der Kater. Offensichtlich seid Ihr nichts Gutes gewöhnt!“ Lakyr grinste, doch ich war außerstande, dies zu erwidern. Ich fühlte mich scheußlich.
„Weshalb habt Ihr mich rufen lassen, Herr Lakyr? Was für eine Arbeit ist zu tun?“ Ich seufzte. Es würde am besten sein, alles so schnell wie möglich hinter mich zu bringen.
„Setzt Euch erst einmal! Ihr seht in der Tat elend aus.“
„Was gibt es also?“
Und während ich mich auf ein weiches Sofa fallen ließ, rieb ich mir verzweifelt die Schläfen. Der Nebel aus Schmerz, der meinen Verstand umhüllte, wollte einfach nicht weichen.
„Ich habe einen Plan gefasst, von dem ich Euch in Kenntnis setzen möchte“, verkündete Lakyr. Ich zuckte mit den Schultern.
„So?“
Wenn mich sein Plan in diesem Augenblick auch nicht im Mindesten interessierte: Was sollte ich tun? Ich war bei ihm angestellt und von ihm abhängig. So musste ich also zuhören, obwohl ich mich ins Bett wünschte.
„Ich möchte eine Reise unternehmen, Keregin. Eine Reise ganz besonderer Art!“ Er strich sich über das Kinn und seine Augen begannen eigentümlich zu funkeln. „Ich habe vor, den Göttern auf dem heiligen Berg Uytrirran einen Besuch abzustatten!“ Jetzt ist er verrückt geworden, dachte ich. Vollends verrückt.
Er sprang auf und baute sich vor mir auf.
„Was haltet Ihr davon?“
Ich zuckte mit den Schultern. Für einen Streit fehlte mir im Augenblick die Kraft.
„Los, sagt schon etwas! Ich will Eure Meinung hören!“
„Wenn Euch irgendein Gott die Gnade einer Audienz erweisen sollte, so grüßt ihn bitte von mir“, brummte ich sarkastisch, woraufhin Lakyr den Mund verzog.
„Ihr glaubt mir nicht, habe ich recht?“
Ich sagte nichts.
„Ihr denkt, dass ich Euch einzig und allein aus dem Bett geholt habe, um Euch zu ärgern, stimmt’s?“
Nun, es war eine Tatsache, dass er mein Wohlwollen damit etwas über Gebühr strapaziert hatte. Im Übrigen dachte ich mir, dass es besser war, ihn zu verspotten, bevor er Gelegenheit hatte dasselbe mit mir zu tun.
Lakyr-a-Dergon kam nahe an mich heran und seine Augen sahen direkt in die meinen.
„Ich meine es völlig ernst, guter Keregin. Ich meine es völlig ernst.“
Dann wandte er sich um und ging ein paar Schritte hin und her.
„Der Kater scheint Euch am Denken zu hindern“, meinte er. „Ich habe ein gut bewährtes Mittel gegen Kopfschmerzen. Soll ich es Euch bringen lassen?“
„Ich wäre Euch ausgesprochen dankbar.“
Er rief einen Diener herbei und beauftragte ihn, mir jenes Mittel zu holen.
Weitere Kostenlose Bücher