Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
zu ihm umdrehte, vermied Edro es, in ihre Augen zu schauen. Sie waren kälter als Eis und eine gefährliche, eisige Flamme brannte in ihnen. Eine tödliche Flamme. Sie schien den Weg nach Elfgart gut zu kennen und schon viele Male gegangen zu sein, so kam es Edro vor. Am späten Nachmittag erreichten sie dann endlich das einstmals so schöne Elfenschloss, in dem Gardir regiert hatte. Enadir und seine Getreuen hatten die Leichen vom Schlosshof heruntergeschafft und sie auf der Lichtung verbrannt. Der Geruch von verkohltem Menschenfleisch hing in der Luft und die Aasfresser stritten sich um das, was die Flammen ihnen übrig gelassen hatten. Als Edro und die Hexe durch das verfallene Tor von Elfgart schritten, kam ihnen Enadir entgegen. Edro hielt an und grüßte ihn. Der Elf grüßte zurück.
"Wir haben die Leichen verbrannt, mein Freund. Das ist der erste Schritt zum Wiederaufbau von Elfgart. Es wird wieder so werden, wie es zu Gardirs Zeiten gewesen ist." Frohe Zuversicht und viel Mut leuchteten aus Enadirs Augen. Edro lächelte matt.
"Ich wünsche Euch beim Wiederaufbau dieses Schlosses viel Erfolg, Enadir. Wie geht es Kiria? Und wie Mergun?" Enadirs Gesichtszüge wurden etwas ernster. Seine Augen verloren ihr weltentrücktes Leuchten.
"Mergun hat sich ein wenig erholt. Aber Kiria..."
"Was ist mit ihr?" Angst stieg in Edro empor.
"Sie hat in der Nacht wieder viel Blut gehustet. Ihre inneren Verletzungen müssen furchtbar sein."
"Ist sie bereits aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht?"
"Ja, einmal. Sie hat nach Euch gefragt, Edro. Aber Ihr wart nicht da. Jetzt liegt sie wieder in tiefem Schlaf." Enadir wandte einen misstrauischen Blick zu Shirbeth, der Hexe.
"Sie ist in der Lage, Kranke zu heilen?"
"Ja. Jedenfalls sagt sie es." Edro holte sein Elfengold hervor und übergab es Enadir.
"Sie will es nicht."
"Und was ist dann ihr Preis?"
"Eine Locke meines Haares." Ein Schatten zog über des Elfen Gesicht. Misstrauisch blickte er auf die alte Frau.
"Habt Ihr den Preis schon bezahlt?"
"Nein."
"Das ist gut so."
Edro sah den Elfen etwas erstaunt an, aber Enadir sagte nichts weiter.
Dann wurde Shirbeth in den Raum geführt, in welchem Kirias Lager war. Die Decke auf der sie lag war bereits über und über mit Blut besudelt und auf ihrer Stirn stand Schweiß. Aber ihre Augen waren geschlossen. Nur ganz leicht ging ihr Atem und nur sehr schwach ihr Herz. Edro und Enadir beäugten kritisch die Handlungen der Hexe. Lakyr, der bei Kiria gewacht hatte, trat zu Edro und fragte, ob man Shirbeth trauen könne. Edro zuckte nur mit den Schultern.
Die Alte beugte sich über Kiria und malte ihr seltsame Zeichen mit einem Kohlestift aufs Gesicht. Dann hielt sie an jede von Kirias Schläfen einen Finger. Dazu murmelte sie einige seltsame Worte in einer längst vergessenen Sprache.
Um Edro begann sich für einen Moment alles zu drehen und er hatte das Gefühl, zu fallen. Aber dieses Gefühl währte nur einen winzigen Augenblick, so dass der Dakorier nicht einmal mehr die Zeit zum Schreien gehabt hatte. Der Zauber der Hexe schien nun bereits beendet zu sein, denn sie wandte sich von Kirias Lager ab.
"Was ist nun?", fragte Edro sie.
"Sie wird jetzt viele Stunden lang tief schlafen, sehr tief. Es ist ein Schlaf, noch viel tiefer als der Tod. Regt Euch nicht auf, wenn Ihr Herz zeitweise nicht mehr schlägt. Es hat nichts zu bedeuten. Wenn sie aufwacht, ist sie wieder gesund." Irgendwo in Edros Innerem war tiefes Misstrauen, aber im Augenblick blieb ihm nichts anderes übrig, als der Hexe zu glauben.
"Was ist nun mit dem Preis, der mir zusteht?", fragte sie herausfordernd, aber Edro schüttelte den Kopf.
"Ihr habt Euer Wert noch nicht vollendet! Erst müsst Ihr noch meinen Freund Mergun behandeln!" Die Hexe ließ einige herzhafte Flüche hören und murrte. Aber Edro gab nicht nach. So wurde die Alte dann schließlich zu Mergun geführt, an dem sie die gleiche Prozedur vollzog, wie sie es bei Kiria getan hatte.
"Ich frage mich, wozu diese Hexe eine Locke von Euch braucht", erklärte Enadir. Edro zuckte mit den Schultern.
"Wir wollen nicht hoffen, dass da irgendeine Teufelei dahinter steckt", bemerkte er.
"Das fürchte ich aber."
"Ich habe keine Wahl. Ich habe Ihr eine Locke versprochen, Freund Enadir. Und außerdem: Was sollte sie mit einer Locke von mir schon für großes Unheil anrichten?" Enadir schwieg. Auch Mergun war von der Hexe in einen tiefen Schlaf versetzt worden. Nun ging sie zu Edro und forderte ihre
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