Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
ihm Enadir geraten hatte, am Schwertgriff. Aber in ihm regten sich bereits Zweifel, ob ihm eine solche Waffe im Ernstfall überhaupt etwas nützen würde. Shirbeth hob den Kopf und ihre eisgrauen Augen bohrten sich in die Edros.
"Was führt Euch zu mir, Fremder?" Edro trat einige Schritte vor.
"Ihr seid Shirbeth, die Hexe, von der behauptet wird, sie verstünde etwas von der Heilkunst?" Die alte Frau nickte langsam und ihrem Alter angemessen, über das Edro nur mutmaßen konnte.
"Ich bin Shirbeth", erklärte sie.
"Ich muss Euch um einen Gefallen bitten, Frau Shirbeth!"
"Einen Gefallen? Sagtet Ihr, einen Gefallen, Fremder?" Sie lachte hässlich. "Bin ich dazu da, um anderen Leuten Gefallen zu tun? Nein, mein Freund, bei mir seid ihr da nicht richtig."
"Ich bin bereit, zu bezahlen!" Eine Veränderung ging nun im Gesicht der Hexe vor sich.
"Ach, ja?"
"Ja."
"Der Preis könnte sehr hoch sein, auch wenn er Euch im ersten Moment sehr gering erscheint."
"Ich bin bereit, zu zahlen", erklärte Edro nochmals. Die alte Frau nickte, stand auf und trat ihm entgegen.
"Worum geht es, Fremder? Was ist es für ein Gefallen, den ich dir tun soll?"
"Zwei meiner Freunde liegen verletzt in den Hallen von Elfgart.
Heil sie, Shirbeth!"
"Nichts leichter als das. Ich werde mit dir nach Elfgart gehen, um deine Freunde zu behandeln. Aber vorher gib mir den Preis!" Ihre Augen waren gierig und irgendwie widerlich. Edro holte sein Elfengold hervor.
"Hier habe ich Elfengold. Wollt Ihr es als Preis annehmen?"
Shirbeth lachte verächtlich. "Steckt Euer Gold ruhig weg, mein Freund. Ich will es nicht. Was hätte ich davon, Elfengold zu besitzen?
Nein, behaltet Eure Schätze."
"Aber, was wollt Ihr dann von mir haben? Ich habe nichts mehr, was ich Euch geben könnte!" Das Gesicht der Hexe verzog sich zu einem bösen Lächeln.
"Doch, Ihr habt noch Dinge, die ich gern besäße!" Edro wäre beinahe zusammengezuckt, als sie sein Haar berührte.
"Schneidet eine Locke von ihm ab und gebt sie mir", befahl sie.
"Das ist alles?"
"Das ist alles. Erstaunt es dich?"
"Ja..."
"Nun redet nicht so lange! Ihr habt mir gesagt, dass Ihr bereit währt, zu bezahlen, nicht wahr? Wenn Euch der Preis nicht passt, so sagt es gleich. Aber dann dürft Ihr kaum mit meiner Hilfe rechnen können."
"Keine Angst, ich gebe Euch die Locke. Aber erst, wenn Ihr meine Freunde behandelt habt!" Die Augen der Hexe funkelten gefährlich, aber sie zügelte ihren sichtlichen Zorn.
"Ihr vertraut mir nicht?"
"Ich habe keinen Grund dazu."
"Ich kann Euch verstehen. Schließlich misstraue ich Euch ja auch.
Aber wie könnte eine alte Frau, wie ich es bin, Euch betrügen, mein Herr? Ihr habt ein Schwert an Eurer Seite und könntet mich jederzeit damit erschlagen!"
"Ihr seid eine Hexe. Und einer Hexe misstraut man lieber!"
Shirbeth grinste, wobei ihr zahnloser Mund sich Edro offenbarte.
"Ihr seid vorsichtig. Nun gut, Ihr gebt mir Euer Wort, dass Ihr mir die Locke gebt, sobald Eure Freunde behandelt sind?"
"Ich gebe Euch mein Wort!"
"Gut. Sollen wir noch in dieser Nacht nach Elfgart wandern?"
Edro blickte sie erstaunt an. Es begann bereits zu dämmern und in nicht allzu langer Zeit würde es sehr,sehr dunkel im Wald werden.
Aber die Hexe sah nicht aus, als hätte sie einen Scherz gemacht.
"Was ist? Wollen wir heute Nacht noch nach Elfgart?"
"Ich bin müde."
"Mir ist es gleich, wann wir gehen. Ihr müsst entscheiden, was werden soll!" Edro überlegte kurz.
"Wir werden morgen gehen!" entschied er dann.
"Wie Ihr wollt", erwiderte die Hexe.
*
Die Nacht verbrachte der Dakorier im Freien. Shirbeth hatte ihm zwar angeboten, in ihre Hütte zu kommen, aber Edro hatte abgelehnt.
Er wollte sich keiner unnötigen Gefahr aussetzen. Als er dann aufwachte saß die alte Frau schon wieder vor ihrer Hütte und starrte in die Gegend. Als sie Edros Erwachen bemerkte, stand sie auf und ging auf ihn zu.
"Wir werden jetzt gehen?"
"Ja!" Edro holte einige Bissen hervor, die er hastig verschlang.
Dann stand er auf und machte sich zusammen mit der Hexe auf den Weg. Es war erstaunlich, wie schnell die Alte gehen konnte. Sie konnte durchaus mit Edro schritthalten und während der ganzen Dauer ihre Weges verlangte sie nicht ein einziges Mal nach einer Pause. Edro war vorsichtig. Sorgsam hielt er sie im Auge. Seine Hand blieb immer in der Nähe des Schwertes. Er war bereit dazu, es jeden Augenblick aus der Scheide zu ziehen und es der Alten in den Leib zu rammen.
Wenn sie sich
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