Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
würden sie den Dalach erreichen, den König unter den Flüssen, wie man ihn weiter im Süden zu nennen pflegte.
Enadir hatte ihnen eine Furt beschrieben, wo sie den großen Strom durchwaten konnten. Die Gegend auf der anderen Seite des Dalach hatten die Elfen von Elfgart niemals betreten,und so konnte ihnen Enadir auch nicht viel über jenes Land sagen. Aber von Reisenden, die weiter herum kamen, als die Elfen, hatte Enadir erfahren, dass es dort einen seltsamen Turm gäbe, über den sich die Waldwesen viel Schlimmes und Gespenstisches erzählten.
Am Mittag des zweiten Tages nach ihrem Aufbruch erreichten sie dann die Furt, die der Elf ihnen beschrieben hatte. Sie durchwateten den Dalach und erreichten das andere Ufer. Die Bäume, welche hier zu finden waren, schienen Edro seltsam verwachsen und knorrig. Sie machten einen ähnlichen Eindruck, wie der Baum, in dem Imoc, der Uralte wohnte.
"Dieser Teil des Zauberwaldes scheint älter zu sein, als der Teil, der hinter uns liegt", meinte Lakyr.
Mergun nickte und seine Augen strichen wachsam über das Unterholz.
"Ein besonderer Grund zur Vorsicht! Die Wesen, denen wir bis jetzt begegneten, waren uns wohlgesonnen. Aber wir wissen nicht, was für Kreaturen hier,in dieser Düsternis hausen!"
Mit den Schwertern bahnten sie sich dann ihren Weg durchs Unterholz. Die großen, knorrigen Bäume aber wagten sie nicht zu berühren. Wer konnte schon wissen, was für Wesenheiten in ihnen schlummerten! Sicherlich war es vernünftiger, sie nicht zu wecken.
"Geht nicht weiter!", rief plötzlich eine hohe Stimme in befehlendem Ton.
Edro sah aufmerksam durch das Gestrüpp. Er erkannte eine Frauengestalt.
"Wer seid Ihr?", rief Mergun zurück.
"Das ist nicht wichtig!" Die Frau kam etwas näher. Vielleicht war es eine Dryade. Ihre Züge waren ernst
"Ihr dürft nicht weiter, Fremdlinge!"
"Wir müssen", gab Lakyr zur Antwort und seine Katze unterstützte ihn mit einem lautstarken Fauchen. Aber die Frau schien überhaupt nicht von der Zweiköpfigen beeindruckt zu sein.
"Dieser Teil des Waldes gehört den alten, vergessenen Göttern. Er gehört den Göttern, für die auf dem Uytrirran kein Platz mehr ist. Sie sind es, die in diesem Wald wohnen."
"Was tun diese alten Götter hier?", wollte Edro wissen.
"Sie warten."
"Worauf warten sie?", erkundigte sich Kiria.
"Auf ihren Tod. Denn auch die Götter sterben!" Sie wandte ihren Blick von einem zum anderen und musterte sie abwesend und verträumt.
"Stört die alten Götter nicht! Sie sind argwöhnisch den Menschen gegenüber! Sie verzeihen es den Sterblichen nicht, dass sie sie nicht mehr anbeten. Wenn ein Gott nicht mehr angebetet wird, stirbt er."
"Was gehen uns diese senilen Gottheiten an?", rief Mergun und Randir stimmte ihm lauthals zu.
"Was würde denn passieren, wenn wir Eurem Rat nicht folgten und diesen Wald trotz allem durchquerten?", fragte Kiria.
"Ihr würdet das Sterben der Götter stören! Und auch ein Gott hat ein Recht auf den Tod! Ihr könntet die alten Götter neu beleben und sie aus ihrem Delirium aufstehen lassen! Es wäre grausam!"
"Wir werden schon niemanden stören", meinte Edro und bedeutete den anderen, den Weg fortzusetzen.
"Ihr wisst nicht was Ihr tut!"
"Wir wissen es sehr wohl, aber mir scheint, Ihr wisst es nicht so recht", versetzte Randir etwas schroff.
"Halt!", rief die Frau nochmals. Und diesmal mit solcher Stimmgewalt, dass der selbstbewusste Elf beinahe zusammenzuckte.
"Geht diesen Weg nicht! Ihr werdet es bitter bereuen oder mindestens einige von Euch. Denn es ist nicht nur so, dass ihr die Götter stört, Fremdlinge. Nein, das ist durchaus nicht das einzig Gefahrvolle. Es besteht die Möglichkeit, dass ihr in den Bann dieser Gottheiten gelangt. Ein solcher Bann endet oft nicht einmal dann, wenn ein Gott gestorben ist. Es ist gefährlich, sich in die Klauen der Götter zu begeben!" Edro und Kiria wechselten einen ratlosen Blick.
Merguns Züge waren von tiefem Misstrauen geprägt.
"Wer seid Ihr eigentlich?", fragte Lakyr nun.
"Es ist nicht wichtig, dass sagte ich bereits!"
"Mit welchem Recht versucht Ihr dann, uns davon abzuhalten, den Weg zu gehen, den wir gehen müssen?", knurrte Edro. Die Augen der Frau funkelten wild. Ihre Züge waren immer ernst gewesen, aber nie unfreundlich. Das änderte sich jetzt schlagartig.
"Mit welchem Recht?", fragte sie nur fassungslos. "Mit dem Recht dessen, der zu helfen versucht und der die Welt ein wenig besser verstehen gelernt hat, als Ihr!" Die
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