Elfen wie Diamant
frischen ihre Vorräte auf und marschierten dann zur Küste weiter.«
»Aber warum gehen sie nicht nach Nazalla zurück? Dort liegen doch alle möglichen Schiffe.«
Hrem tat ihre Idee mit einer Handbewegung ab. »Das stimmt, aber diese Elfen sind jetzt Deserteure, genauso wie dieser Mistkerl Kritton, also ist Nazalla so ziemlich der letzte Ort, wo sie sich blicken lassen wollen. Dort gibt es zu viele calahrische Streitkräfte. Vorausgesetzt natürlich, dass die Bewohner der Stadt nicht längst rebelliert haben â¦Â«
Erinnerungen an ihre kürzliche Flucht aus Nazalla tauchten unwillkürlich vor Visynas innerem Auge auf. Als der Soldat Renwar die Schatten der Gefallenen beschworen hatte, hatte das entschieden zu viele Tote gefordert.
»Sie haben recht, aber nur wir wissen, dass sie Deserteure sind, und es war Kritton, der Sergeant Arkhorn getötet hat. Sie könnten ihre Ehre immer noch wiederherstellen«, meinte Visyna. Doch kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, erkannte sie, wie närrisch das war. Die Elfen hatten ihr Los gewählt, als sie mit Kritton gegangen waren. Für sie gab es kein Zurück mehr.
»Ich wünschte, es wäre anders«, erwiderte Hrem, »aber sie sind einfach zu weit gegangen. Eigentlich tun mir diese armen Kerle sogar leid. Sie sind wirklich genauso verflucht wie
wir. Sie mögen vielleicht nicht von diesem Schwur gebunden sein, aber sie mussten damit leben, dass sie mit einem schwarzen Ohr geboren wurden, und ihre Verbannung dauert schon erheblich länger.«
Wut wallte in Visyna hoch. Er gibt Konowa die Schuld. »Major Flinkdrache hat zum Besten aller gehandelt, als er diesen schrecklichen Vizekönig getötet hat. Wissen Sie, was für grauenvolle Dinge dieser Vizekönig meinem Volk angetan hat? Es stimmt, dass Gwyn noch schlimmer war, aber Kon⦠Major Flinkdrache konnte das nicht wissen. Und ganz sicher konnte er nicht wissen, dass seine Belohnung für seinen Versuch, die Welt von einem solchen Bösewicht zu befreien, der Verlust seines Kommandos und die Verbannung seines Regiments sein würde.«
Hrem hob beschwichtigend die Hand. »Ich gebe dem Major nicht die Schuld, Mistress Tekoy. Es war richtig von ihm, den ersten Vizekönig zu töten, selbst wenn diese Tat zu all dem hier geführt hat. Ich weiÃ, wie sehr er die Konsequenzen bedauert und wie sehr er das alles bei seinen Elfen wiedergutmachen will, aber leider hat Kritton sie vor ihm gefunden. Jetzt glauben sie, dass die Schätze, die sie in der Bibliothek erbeutet haben, genügen, um sich ihre Ehre zurückzukaufen. Das wirklich Traurige daran ist, dass sie ihre Ehre für den Preis einer einzigen Musketenkugel in Krittons Kopf hätten wiederbekommen können. Nun, sie haben die Chance gehabt und sie nicht genutzt. Wie gesagt, sie tun mir leid, aber ihretwegen ist Yimt tot. Sollten sie sich eines Tages am Ende eines Seiles wiederfinden, werde ich keine einzige Träne um sie vergieÃen.«
Visyna neigte den Kopf vor Hrem. »Entschuldigen Sie, Hrem. Ich hätte Sie besser kennen sollen.«
»Wir alle vertrauen auf den Major. Er mag so störrisch sein wie ein zweiköpfiger Maulesel und dreimal so übellaunig,
aber tief im Innern wissen wir, dass er richtig gehandelt hat.« Die Ãberzeugung in Hrems Stimme überraschte sie.
»Aber der Schwur, das Frostfeuer â¦Â«
Hrem blickte an die Decke, während er seine Gedanken sortierte. »Ich gebe zu, das habe ich wirklich nicht erwartet, als ich mich bei den Truppen der Königin verdingte, aber ich war auch kein Hinterwäldler. Ich habe mich nicht von den schicken Uniformen und den Blaskapellen täuschen lassen, als ich eingetreten bin. Soldaten sterben. Das wusste ich von Anfang an. Wir alle wussten es«, fuhr er fort war und senkte den Kopf, während er die schlafenden Soldaten um sie herum musterte. »Aber das Problem beim Soldatenleben ist: Wir alle glauben zu wissen, dass es immer die anderen erwischt, dass immer die anderen sterben. Das ist der Trick. Die Leute reden immer über Hoffnung, aber manchmal ist dies die beste Möglichkeit, sich selber zum Narren zu halten. Keiner von uns konnte voraussehen, was der Schwur bewirken würde, aber wäre er es nicht gewesen, dann eben etwas anderes. Also reden wir uns ein, dass wir einen Weg finden, diesen Elfen zu entkommen, wieder zum Regiment zu stoÃen, zum Berg der
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