Elfenbann
jetzt tauchten Orks auf, die gegen Elfenmagie immun waren. Bei allem, was in den letzten zwei Jahren passiert war, gab es deutliche Hinweise darauf, dass Elfen ihre Finger im Spiel hatten. Laurel bekam Magenschmerzen. Es war so viel einfacher gewesen, als sie Freund von Feind noch anhand der äußeren Erscheinung hatte unterscheiden können. Doch
wenn das Gesicht des Gegners praktisch dem gleichen könnte, das einen täglich im Spiegel ansah …?
»Wenn sie mit den Orks zusammenarbeitet, warum hat sie dann Barnes getötet?«, fragte Tamani genauso sich selbst wie Laurel.
»Barnes hat behauptet, er hätte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen«, erinnerte sich Laurel. »Genauso würde ein Ork den Bund mit einer Elfe beschreiben. Und wenn er versucht hat, sie zu betrügen?«
Tamani nickte. »Und falls Klea aus irgendeinem Grund wollte, dass du überlebst – und so muss es sein, weil sie genug Gelegenheit hatte, dich umzubringen …«
»Musste sie mich beschützen, indem sie ihn umbrachte«, beendete Laurel geschockt den Satz. »Und da sie mir das Leben gerettet hat, wäre ich wahrscheinlich mehr geneigt, … was zu tun? Ihr zu helfen? Barnes wollte nach Avalon. Wieso sollte eine Elfe einem Haufen Orks den Zutritt zu Avalon verschaffen wollen?«
»Aus einem alten Groll heraus«, erklärte Tamani finster und holte sein iPhone heraus. »Ich glaube, wir müssen die Möglichkeit ernsthaft in Betracht ziehen, dass Yuki uns nur ablenken soll und es in Wirklichkeit gar keine Orkjäger gibt. Stattdessen haben die Orks meiner Meinung nach die ganze Zeit für Klea gearbeitet.«
»Aber wovon sollen wir abgelenkt werden? Was ist denn ihr Ziel?«
»Das weiß ich nicht«, sagte Tamani und hielt sein Handy ans Ohr. »Aber es ist wirklich höchste Zeit, dass wir herausfinden, was sie in der Hütte versteckt hält.«
Dreiunddreißig
L aurel kniete auf dem Boden und putzte den Boden ihres Schließfachs mit einem nassen Küchentuch. Das mussten alle Schüler machen, bevor sie in die Weihnachtsferien entlassen wurden. Eigentlich sollte sie dafür auch ein starkes Putzmittel benutzen, aber das Zeug war nicht gerade elfenfreundlich. Außerdem sahen die Lehrer nicht so genau hin. Man könnte glatt meinen, sie hätten es noch eiliger, in die Ferien zu verschwinden, als die Schüler.
»Hey, du lahme Ente, ich will los!«, scherzte Chelsea. »Du musst mit zu mir kommen, ich kann mich nicht entscheiden, was ich anziehen soll.«
Laurel lächelte entschuldigend. »Bin gleich fertig«, sagte sie und zeigte auf ihr Schließfach.
»Soll ich dir helfen?«, fragte Chelsea und griff zu einer Küchenrolle, die ihnen von der Putzkolonne zur Verfügung gestellt worden war.
»Gerne. Du hilfst mir putzen, und ich sage dir, was du anziehen sollst. Ist doch gut, oder?«
»Unbedingt. Ziehst du das Kleid an?«
»Ich glaube schon«, antwortete Laurel. Chelsea meinte das Kleid, das Laurel aus Avalon mitgebracht und am Samhain-Fest getragen hatte. Seit sie Chelsea davon erzählt
hatte, sollte sie das Kleid endlich zu irgendeinem Ball anziehen. »Ich habe nicht …«
Laurel hätte beinahe laut geschrien, weil ihr Kopf in einem buchstäblich blendenden Schmerz explodierte. Ein unheimlich pfeifender Wind pfiff ihr durchs Gehirn, gefolgt von Druck und Dunkelheit.
Dann war es wieder vorbei.
»Laurel, Laurel, was ist los?«
Als Laurel die Augen aufschlug, lag sie auf dem Boden. Anscheinend war sie rückwärts hingefallen. Chelsea kniete ängstlich neben ihr, doch Laurel setzte sich schnell wieder auf und schaute sich verlegen um. Hoffentlich hatte niemand gemerkt, dass sie einfach so umgefallen war.
Da traf sie Yukis Blick. Sie putzte ihr Schließfach auf der anderen Seite des Ganges und sah sofort wieder weg – dabei verdeckte sie mit ihrer zarten Hand ein Lächeln.
Für einen Moment überlegte Laurel, ob Yuki die Ursache ihrer Kopfschmerzen sein könnte. Sie war oft genug in der Nähe, wenn sie zuschlugen, andererseits hatte sie sich dermaßen in Laurels Leben gemischt, dass sie fast immer dabei war. Dazu kam, dass es nicht gerade als Elfenzauber bekannt war, jemandem Kopfschmerzen zu bereiten, und selbst wenn, gab es bessere Methoden, Laurel nicht merken zu lassen, was Yuki eventuell gerade vorhaben könnte. Doch auch das spielte keine Rolle mehr. Falls Yuki etwas plante, würde es in wenigen Tagen vorbei sein. Shar war gekommen und entwickelte mit Tamani in eben diesem Moment eine neue Strategie.
»Komm, bloß raus hier«, sagte Laurel
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