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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fragst.«
    »Was sagt deine Freundin?«, fragte die Pummelige.
    »Dass uns leider nicht so viel Zeit bleibt«, antwortete Pia. »Wir brauchen die Kleider schneller. Aber ihr verkauft doch sicher auch Stoffe.«
    Ihr Gegenüber machte keinen Hehl aus ihrer Enttäuschung. Doch sie fing sich auch fast sofort wieder. »Die besten überhaupt«, antwortete sie. »Und die größte Auswahl in der ganzen Stadt. Warte einen Moment. Ich hole dir ein paar Muster.«
    Sie verschwand, ohne ihre Antwort abgewartet zu haben. Pia wünschte sich längst, nicht ausgerechnet an diesem Stand haltgemacht zu haben. Die junge Frau, die sie bediente, bemühte sich zwar nach Kräften, sie wie eine ganz normale Kundin zu behandeln, aber es blieb hauptsächlich bei dem gut gemeinten Versuch, und die beiden anderen versuchten nicht einmal, Alica und sie nicht ganz unverhohlen anzugaffen. Konnte es sein, dass mittlerweile jeder in dieser Stadt wusste, wer Alica und sie waren?
    Vielleicht lag es an diesem Gedanken, dass das Gefühl, beobachtet zu werden, plötzlich regelrecht in ihr explodierte. Rasch drehte sie sich um und sah gerade noch einen Schatten davonhuschen, viel zu schnell, um ihn zu erkennen, aber auch nicht schnell genug, um nicht zu sehen, dass irgendetwas an ihm anders war. Sie konnte nicht einmal sagen, was.
    »Was ist los?«, fragte Alica alarmiert.
    »Nichts«, antwortete Pia.
    Alica wirkte keineswegs überzeugt, sondern suchte nun ihrerseits aus eng zusammengekniffenen Augen die Menge ab, doch in diesem Moment kam die Marktfrau zurück und brachte die versprochenen Muster. Allerdings waren es keine Stoffballen, sondern nur eine Handvoll roh aus größeren Stücken herausgerissene Fetzen, die für Pias Geschmack auch ganz gut als Putzlappen durchgegangen wären. Sie waren rau wie Sackleinen und mindestens ebenso schwer. Pia schätzte, dass man ein Bajonett brauchte, um irgendetwas daraus zu nähen.
    »Sind das …?«, begann sie.
    »Unsere besten Stoffe, ja«, bestätigte die junge Frau. »Ich sage es gleich, sie sind nicht billig, aber dafür von ausgezeichneter Qualität. Du wirst im Umkreis von zehn Tagesreisen nichts Besseres finden. Ein Kleid aus diesem Stoff hält mindestens fünf Jahre, wenn nicht zehn.«
    Was genau das war, wovon sie schon immer geträumt hatte: fünf Jahre in demselben Kleid herumzulaufen, und noch dazu in so einem . Sie versuchte sich zu einem Lächeln zu zwingen, aber es fiel ihr wirklich schwer.
    »Was ist denn das da hinten?« Alica deutete auf ein helles Bündel, das hinter den drei Verkäuferinnen auf dem Boden lag.
    »Das?« Die junge Frau machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach, das ist nichts. Nur ein paar alte Fetzen. Wir benutzen sie zum Saubermachen, oder wenn eine von uns …« Sie lächelte, flüchtig und zugleich auch ein bisschen verlegen. »… du weißt schon.«
    »Zeig sie mir«, verlangte Pia.
    »Aber das ist wirklich nur …«
    »Bitte«, fügte Pia hinzu, und das in einem Ton, der aus dem Wort eindeutig einen Befehl machte.
    Das Lächeln blieb auf dem Gesicht der jungen Marktfrau, doch es war jetzt nur noch eine Maske. Mit einer abgehackten Bewegung wandte sie sich um, klaubte das Bündel vom Boden auf und knallte es regelrecht vor ihr hin. »Wie ich gesagt habe: nur ein paar alte Fetzen. Sie hätten gar nicht hier liegen sollen.«
    Pia hatte noch immer das Gefühl, angestarrt zu werden, aber diesmal gestattete sie sich nicht, ihm nachzugeben und sich schon wieder erschrocken umzusehen. Stattdessen begutachtete sie den Stoff, der zumindest schmuddelig genug war, um der Beschreibung zu entsprechen, die seine Besitzerin abgegeben hatte.
    Trotzdem kam sie dem, was Pia unter der Bezeichnung Stoff verstand, noch am nächsten. »Das nehmen wir«, sagte sie.
    Die Marktfrau wirkte regelrecht empört. »Aber das ist wirklich nur …«
    »Pack es zusammen«, sagte Pia. »Und alles, was wir sonst noch brauchen. Nadel, Faden und so weiter. Lasar wird dich bezahlen.«
    Sie reichte dem Jungen das Geld, das Brack ihr gegeben hatte. Einen einzigen Augenblick lang schien sich noch einmal so etwas wie Widerspruch im Gesicht der Marktfrau zu regen, dann zuckte sie mit den Schultern und begann aus dem unordentlichen Stoffbündel ein anderes, nicht minder unordentliches zu kneten. Die Mischung aus Interesse und Gier auf ihrem Gesicht machte endgültig reiner Verachtung Platz.
    Jemand zupfte an ihrem Umhang. Pia drehte sich halb um und senkte schon ganz automatisch den Blick und dann noch einmal und

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