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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schritte weiter und blieb dann wieder stehen, um zu ihr zurückzublicken; ein bisschen kam er ihr vor wie ein abgerichteter Hund, der gekommen war, um seinen Besitzer auf etwas ungemein Wichtiges aufmerksam zu machen.
    »Hat der Zwerg dich etwa bestohlen?« Alica war ihrem Blick gefolgt.
    »Bestohlen?« Pia sah demonstrativ an sich herab. Nachdem sie Lasar die wenigen Münzen ausgehändigt hatte, gab es nicht mehr viel, was man ihr hätte wegnehmen können. Außerdem war es noch nie jemandem gelungen, sie zu bestehlen. Alica sollte das eigentlich wissen. Kopfschüttelnd ging sie weiter, nicht nur weil auch das Kind wieder ein paar Schritte zurückgelegt hatte und jetzt eindeutig ungeduldig zu ihr hinsah, sondern weil sie einfach nicht stillstehen konnte. Alica begann hektisch mit beiden Armen zu gestikulieren und sagte irgendetwas, aber Pia hörte gar nicht mehr hin, sondern ging nun schneller, um zu ihrem kleinwüchsigen Führer aufzuschließen. Das Kind begann seinerseits zu rennen, bog in eine Seitengasse ab und legte einen kurzen Zwischenspurt ein, bei dem es mit unglaublichem Geschick zwischen all den flanierenden Menschen hindurchflitzte, ohne einen von ihnen auch nur zu berühren. Pia folgte ihm nahezu genauso schnell, wenn auch deutlich weniger elegant. Sie kam sich ein bisschen vor wie ein Wal, der durch eine Schule aus Delfinen pflügte. Sie war jetzt sicher, dass das Kind sie irgendwo hinführen wollte. Und zumindest ihre Schuhe schienen auch der Meinung zu sein, dass es richtig war, ihm zu folgen.
    Dabei sah sie eine Menge Dinge, die zwar auf den ersten Blick auf diese Mischung von mittelalterlichem Markt und Rummel zu passen schienen, auf den zweiten aber … zumindest merkwürdig waren: Feuerspucker und Jongleure, Gaukler und Seiltänzer (ungefähr vierzig Zentimeter über dem Boden) und in einem aus daumendicken Eisenstäben gefertigten Käfig etwas, das bei flüchtigem Hinsehen an einen Bären erinnerte, obwohl ihr irgendetwas sagte, dass es etwas gänzlich anderes war. Einmal kamen sie sogar an einem großen Zelt vorbei, hinter dessen offenem Eingang ein prachtvoller weißer Hengst angebunden war, dem jemand mit großer Kunstfertigkeit ein Paar riesiger weißer Flügel angeklebt hatte. Es sah so echt aus, dass Pia mitten im Schritt innehielt und ungläubig die Augen aufriss. Gern wäre sie hingegangen, um den vermeintlichen Pegasus näher in Augenschein zunehmen, aber der Junge war schon wieder stehen geblieben, sah ungeduldig in ihre Richtung und ging dann weiter. Pia folgte ihm schweren Herzens, um den Anschluss nicht zu verlieren.
    Das neckische Spielchen wiederholte sich noch zwei- oder dreimal: Sie holte auf, fiel zurück und holte wieder auf, und fast ohne es zu bemerken, erreichten sie auf diese Weise das andere Ende des Marktplatzes, das von der hoch aufstrebenden Stadtmauer begrenzt wurde. Alica versuchte die ganze Zeit, sie zum Umkehren zu bewegen, was ihr aber ebenso wenig gelang, wie ganz zu ihr aufzuschließen. Erst als Pia stehen blieb, langte sie keuchend – und sichtlich verärgert – neben ihr an und fasste sie beinahe schon herrisch mit der Hand am Oberarm.
    »Verzeiht, wenn es Eurer unwürdigen Sklavin nicht gelungen ist, mit Euch Schritt zu halten, Durchlaucht«, stieß sie kurzatmig hervor. Dann wurde sie schlagartig ernst. Ihre Stimme wurde leiser und klang jetzt auch deutlich beunruhigt. »Hältst du das für eine gute Idee, hierherzukommen?«
    Pia hätte ihr gerne widersprochen, aber sie konnte es nicht. Während der letzten Minuten war sie so auf ihren vermeintlichen Führer konzentriert gewesen, dass ihr gar nicht aufgefallen war, wie sehr sich ihre Umgebung verändert hatte. Dafür sah sie es jetzt umso deutlicher. Die Gassen waren enger, die Verkaufsstände, Karren und Buden kleiner und schäbiger, das Angebot deutlich ärmlicher. Auch hier wimmelte es von Menschen, doch ihre Zahl hatte deutlich abgenommen, und die Blicke, die sie immer noch ununterbrochen und aus allen Richtungen trafen, waren vielleicht nicht mehr bloß neugierig und überrascht. Dieser Teil des Jahrmarkts war deutlich dunkler, was nicht nur an dem gewaltigen Schatten lag, den die Stadtmauer warf. Alica hatte recht, flüsterte ihr die Stimme ihrer Vernunft zu. Es war vielleicht keine gute Idee gewesen, hierherzukommen.
    Aber statt auf sie zu hören, streifte sie abermals Alicas Hand ab und ging weiter hinter dem Kind her.
    Es war erneut vorausgelaufen und dann wieder stehen geblieben. Hinter ihm erhob

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