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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und ich nehme diese Aufgabe ernst. Gestern Abend habe ich das bewiesen. Ihr habt dafür bezahlt, dass wir euch beschützen. Doch auch die anderen hier bezahlen für diesen Schutz, und ich bin ihnen dasselbe schuldig wie deiner Sklavin und dir.«
    »Warum sagst du es nicht, wie es ist, Istvan?«, fragte Malu hinter ihr. Pia setzte nun doch dazu an, sich halb herumzudrehen und ihr einen zornigen Blick zu gönnen, doch Malu nahm ihr die Mühe ab, indem sie mit schnellen Schritten um den Tisch kam und sich jetzt unmittelbar hinter Istvan aufstellte. Obwohl sie selbst für hiesige Verhältnisse so klein war, dass sie den Stadtkommandanten sogar im Stehen kaum überragte, legte sie ihm die Hand auf die Schulter, eine Geste, die in den Augen aller anderen hier vielleicht einfach freundschaftlich oder vertraut wirkte. In denen Pias war sie eindeutig besitzergreifend, und sie zweifelte keinen Sekundenbruchteil daran, dass sie es auch sein sollte.
    »Seit sie und ihre Sklavin hier sind, ist alles durcheinander«, fuhr Malu fort. »Sie sorgt für Unruhe. Nichts ist mehr so, wie es sein sollte.«
    »Du meinst, du spürst die Konkurrenz?«, fragte Pia gelassen.
    »Als ob es mir darum ginge!«, begehrte Malu auf. Ihr Blick behauptete das Gegenteil. »Ihr stört das Leben in der Stadt. Die Männer gehen nur noch ins Wirtshaus, um euch zu begaffen. Morgens sind sie müde, schlecht gelaunt und verkatert, weil sie bis tief in die Nacht hiersitzen, und am Abend können sie ihre Arbeit gar nicht schnell genug liegen lassen, um wieder hierherzukommen. Die Frauen beschweren sich, weil sie ihre Männer kaum noch sehen, und wenn, dann sind sie betrunken oder schwärmen von der Elfenprinzessin aus dem Osten.«
    »Und dir bleiben die Kunden weg?«, vermutete Pia.
    Malu wollte auffahren, doch diesmal war sie es, die von Istvan mit einer raschen Geste zum Schweigen gebracht wurde. »Auch das«, antwortete er, nickend und mit einem knappen und nicht mehr ganz unterdrückten Lächeln, das aber nur Pia sah und Malu nicht. »Doch das allein wäre für mich kein Grund, hierherzukommen. Malu hat völlig recht. Ganz WeißWald steht kopf, seit du und deine Sklavin hier seid. Das muss aufhören.«
    »Aber Istvan!«, mischte sich Brack ein. Selbst in seiner Stimme war jetzt eine hörbare Spur von Verzweiflung. »Wir waren uns doch einig, dass …«
    »Wie gesagt«, unterbrach ihn Istvan kühl. »Manchmal ändern sich Dinge.«
    »Und was genau bedeutet das jetzt?«, fragte Pia geradeheraus. »Nur damit mich meine Erinnerung nicht täuscht: Wart Ihr es nicht, der darauf bestanden hat, dass wir uns eine Arbeit suchen und irgendwo unterkommen?«
    Sie behielt Istvan bei diesen Worten aufmerksam im Auge, registrierte aber trotzdem das kurze, fast triumphierende Aufblitzen in Malus Blick.
    »Vorerst noch nichts«, antwortete Istvan. »Ich muss gründlich darüber nachdenken, was jetzt weiter geschieht. Ich bin hergekommen, um euch zu warnen. Noch ein einziger Zwischenfall wie der gestern Abend – oder der vor einigen Tagen auf dem Markt –, und ich muss mir überlegen, ob ich euch weiter gestatten kann, in WeißWald zu bleiben.«
    Der Zwischenfall auf dem Markt? Pia war nicht ganz klar, wovon Istvan sprach: ihrem Besuch in Valorens Zelt oder Flammenhufs Flucht. Sie zog es vor, nicht danach zu fragen. »Weiter in WeißWald zu bleiben?«, wiederholte sie. »Ihr meint, Ihr würdet uns aus der Stadt werfen?« Istvan schwieg. »Und wohin sollen wir gehen?«
    Istvan schwieg beharrlich weiter.
    »Niemand wird euch aus der Stadt werfen, mein Kind«, sagte Malu an seiner Stelle. »Doch ihr müsst aufhören, die Ordnung der Dinge zu stören. Dieser Verfall der Sitten muss ein Ende haben.«
    Pia wollte es nicht, aber sie riss ungläubig die Augen auf und starrte die Bordellbesitzerin an. Verfall der Sitten? Ausgerechnet aus ihrem Mund?
    »Schau dich bloß an, wie du aussiehst!«, fuhr Malu fort. Sie wedelte aufgeregt mit der Hand. »Einem jeden anständigen Mann müssen schlechte Gedanken kommen, wenn er dich nur ansieht!«
    Pia tat ihr den Gefallen, an sich selbst hinabzublicken. Auch sie war der Meinung, dass sie einen seltsamen Anblick bot: Seit sie hergekommen waren, hatten Alica und sie sich angewöhnt, in ihren Kleidern zu schlafen, weil es einfach zu kalt war, um sich nur auf die erbärmlich dünne Decke zu verlassen, die auf dem Bett lag. Ihr war so kalt, dass sie dicht davor stand, mit den Zähnen zu klappern und ihr Atem als grauer Dunst vor ihrem Gesicht

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