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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fragen?«
    Pia machte keinen Hehl aus ihrer Enttäuschung, aber sie glaubte auch zu spüren, dass Brasil jetzt die Wahrheit sagte. Mit einem bedauernden Achselzucken hob sie die Waffe, schmetterte ihm den Lauf gegen die Schläfe und stand auf, während er die Augen verdrehte und bewusstlos in den Schnee sank.
    »Und? Was hat er gesagt?«, fragte Alica.
    Pia überzeugte sich mit einem raschen Blick davon, dass Alicas lebender Punching-Ball noch atmete, und machte dann eine Geste in den Wald zurück. »Wir sollten weitergehen. Der andere Kerl ist bestimmt noch hinter uns her.« Und irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, dass er es ihnen so leicht machen würde. Brasil und seine Spießgesellen waren nichts als Amateure, aber der Kerl, den sie in der Stadt gesehen hatte, war ein Profi. »Nichts«, beantwortete sie dann und mit einiger Verspätung Alicas Frage. »Jedenfalls hat Brack nichts damit zu tun.«
    »Sagt er.«
    »Ich glaube ihm.«
    Alica machte ein zweifelndes Gesicht, griff unter ihren Mantel und zog die Zigarettenpackung heraus. Gleichzeitig streckte sie die andere Hand aus und machte eine Kopfbewegung auf das Zippo, das Pia immer noch in der Linken hielt. Sie reichte es ihr, schüttelte aber auch den Kopf.
    »Du solltest dir die Dinger gut einteilen«, sagte sie mit einer Geste auf die Zigarettenschachtel. »Könnte sein, dass es bis zum nächsten Automaten ziemlich weit ist.«
    Alica machte ein betroffenes Gesicht, hob aber dann die Schultern, setzte ihre Zigarette in Brand und nahm einen tiefen Zug. »Du hast ja recht, aber jetzt brauche ich eine.«
    Pia hob nur die Schultern und sah sich unschlüssig um. Die kahle Ebene, die sie nach dem Verlassen der Stadt erwartet hatte, setzte sich auch auf dieser Seite jenseits des Waldstücks fort. Hier und da erhoben sich Bäume – einzeln oder in kleinen Gruppen, allesamt verschneit, aber sie sahen wenigstens allesamt normal aus, nicht so gespenstisch wie die, die hinter ihnen lagen. Weit entfernt, gerade noch sichtbar, schimmerte ein dünnes silbernes Band, wie ein Feenhaar, das jemand achtlos fallen gelassen hatte; vielleicht ein zugefrorener Fluss. Die Spuren des Burschen, den sie hatten davonlaufen sehen, führten in gerader Linie von ihnen weg und verschwanden nach ein paar Dutzend Schritten im Schnee, und Pia war ziemlich sicher, dass er nicht zurückkommen würde. Das Entsetzen in seinen Augen war zu echt gewesen.
    Doch da war noch immer der vierte Mann. Wahrscheinlich hatte sie ihm die Nase gebrochen, und er war erst einmal verschwunden, um seine Wunden zu lecken und den ersten Schrecken zu überwinden. Aber Pia hatte in seine Augen geblickt. Sie erkannte nicht nur einen Feigling, wenn sie ihn sah, sondern auch einen professionellen Schläger. Die Chancen, dass er zurückkam, standen gar nicht so schlecht. Vielleicht war es besser, sie fand ihn, bevor er sie fand.
    Sie schob die Pistole wieder unter den Hosenbund zurück, blieb aber dennoch auf der Hut, während sie sich dem Waldrand näherte und die schwarzen Schatten zwischen den Bäumen aufmerksam mit Blicken absuchte. Nichts rührte sich, und sie war auch ziemlich sicher, dass der Bursche nicht in der Nähe war. Sie hätte es gespürt. Trotzdem machte sie einen weiteren Schritt und versuchte noch angestrengter, irgendetwas in der Dunkelheit vor sich zu erkennen. Vergeblich.
    »Was tust du da?«, fragte Alica. Sie klang beunruhigt.
    »Ich frage mich, wo er geblieben ist«, antwortete Pia.
    »Du willst doch nicht etwa wieder da rein?«, flüsterte Alica. Jetzt klang sie eindeutig entsetzt.
    Von wollen konnte gar keine Rede sein. Aber nicht nur einen, sondern gleich zwei unberechenbare Verfolger hinter sich zu wissen, das wollte sie noch sehr viel weniger.
    Sie bedeutete Alica, zurückzubleiben, legte vorsichtshalber die rechte Hand auf den Pistolengriff und trat mit zögernden kleinen Schritten zwischen die Bäume.
    Brasils Mietschläger war nicht einmal fünf Meter weit gekommen. Er lag auf dem Boden, verkrümmt und in einer Haltung, die eigentlich kein Mensch aushalten konnte, und das hatte er offensichtlich auch nicht. Man musste kein Pathologe aus einer Fernsehserie sein, um zu erkennen, dass so ziemlich jeder einzelne Knochen in seinem Leib gebrochen war. Unzählige weiße Ranken hatten seinen Körper umschlungen, seine Haut aufgerissen und seine Glieder in Positionen und Winkel gezwungen, für die sie von der Natur nicht vorgesehen waren.
    Hinter ihr keuchte Alica entsetzt. Natürlich war sie

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