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Elfenherz

Titel: Elfenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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des Fußbodens kam Val auf eine Idee. »Moment. Hey, ich glaube, ich muss Kindsmord begehen.«
    Ruth zuckte lediglich die Achseln und holte den Sack aus dem Rucksack heraus. »Wir können ja jederzeit ein neues machen.«
    Val riss die Papierverpackung auf und ließ das Mehl auf den Boden rieseln. »Irgendwas ist hier, das wir nicht sehen.«
    Ruth nahm eine Handvoll Mehl und warf sie an die Tür. Val warf noch eine Handvoll hinterher. Kurz darauf war alles eingenebelt. Das Mehl lag auf ihren Haaren, und wenn sie einatmeten, legte sich das Mehl auf ihre Zungen.

    Der Mehlstaub blieb überall liegen und enthüllte den Fischteich als ein kaputtes Rohr, aus dem Wasser in einen Eimer floss und auf dem Boden Pfützen bildete, zeigte die abgerissene Rigipsplatte an der Decke, die zerklüfteten Fliesen an den Wänden und die Mäuseköttel auf dem Fußboden.
    »Hier.« Ruth ging zu einer gespenstisch gepuderten Wand. Sie war fast überall mit Mehl bedeckt, aber eine große Stelle blieb kahl.
    Val warf noch mehr Mehl auf die Lücke, aber statt an der Wand kleben zu bleiben, schien es hindurchzufliegen.
    »Geschafft.« Val grinste und reckte die Faust. »Wonder Twin Powers aktiviert!«
    Ruth grinste zurück und berührte Vals Faust mit ihrer. »Zwei verdammte Irre sind wir!«
    »Ich fühle mich nicht angesprochen«, sagte Val und duckte sich durch die Öffnung in der Mauer.
    Im Zimmer auf der anderen Seite sorgten Samtvorhänge für Schatten - und dort fand sie Luis. Er lag auf einem Teppich mit Granatapfelmuster. Obwohl er in eine Wolldecke gehüllt war, zitterte er. Auf seiner Kopfhaut glänzte Blut; jemand hatte ihm mehrere Zöpfe abgeschnitten.
    Val konnte ihn zunächst nur anstarren. »Luis?«, krächzte sie schließlich.
    Als er aufblickte, kniff er die Augen zusammen wie geblendet. »Val?« Er rappelte sich zu einer sitzenden Position auf. »Wo ist Dave? Ist alles in Ordnung mit ihm?«
    »Weiß ich nicht«, sagte sie geistesabwesend. Ihre Gedanken rasten. »Was machst du hier?«

    »Siehst du nicht, dass ich an den Fußboden gekettet bin?«, fragte Luis. Er drehte seine Handgelenke; seine eigenen Zöpfe waren darum fest darumgewickelt.
    »An den Fußboden?«, wiederholte Val stumpf. »Und was ist mit dem Teppich?«
    Luis lachte. »Wahrscheinlich erscheint dir dieses Zimmer in voller Schönheit.«
    Val musterte die niedrigen Sofas, die Bücherregale mit den unzähligen samtbezogenen Märchenbüchern, die verblichene Eleganz des Teppichs und des bemalten Stucks an der Wand. »In so einem wunderschönen Zimmer war ich selten.«
    »Die Gipswände sind gesprungen und die Decke ist undicht, was dazu führt, dass die ganze Ecke schwarz vor Schimmel ist. Möbel gibt es keine und auch keinen Teppich, sondern schlichte Dielen, mit rostigen Nägeln ab und an.«
    Val betrachtete das sanfte Leuchten einer Zinnlampe mit fransigem Schirm. »Und was ist dann das, was ich sehe?«
    »Ein Schutzschild, was sonst?«
    Ruth steckte den Kopf durch die Öffnung in der Wand. »Was ist... Luis?«
    »Moment. Und woher sollen wir dann wissen, ob du wirklich Luis bist?«, fragte Val.
    »Wer sollte ich denn sonst sein?«
    Ruth kam fast ganz in das Zimmer, hielt aber einen Fuß in der verzauberten Öffnung, als könnte sie sich jeden Augenblick schließen. »Wir haben dich gerade eben noch schlafend im Park gesehen.«

    Luis ließ den Kopf nach hinten fallen. »Also, als ich Ruth das letzte Mal gesehen habe, war ich mit Lolli und Dave im Park. Wir hatten uns in der Nähe des Wetterschlosses einen Platz zum Schlafen gesucht. Als Lolli sich an mich lehnte und fast einschlief, stand Dave auf und ging weg. Er war fertig. Shit, mir ging der Arsch auch auf Grundeis. Deshalb dachte ich, er wollte vielleicht allein sein.
    Aber als er dann nicht wiederkam, wusste ich nicht, was ich davon halten sollte. Ich machte mich auf die Suche und sah, wie er durch den Ramble zurückging. Er war auch nicht allein. Erst dachte ich, es wäre irgendein Typ - keine Ahnung, der was von ihm wollte -, aber dann habe ich gesehen, dass der Typ Federn hatte statt Haare. Ich wollte zu ihnen, aber da legten sich winzige Finger über meinen Mund und mein gesundes Auge und packten meine Arme und Beine. Ich konnte hören, wie sie sich kaputtlachten, als sie mich hochhoben, und dann hörte ich meinen Bruder sagen: ›Mach dir keine Sorgen, ist nicht für lange‹. Ich wusste nicht, was das sollte. Jedenfalls hätte ich nicht gedacht, dass ich hier lande.«
    »Hast du Mabry gesehen?«,

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