Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Elfenherz

Titel: Elfenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
Vom Netzwerk:
aus wie eine eingefrorene Grimasse, so gespannt war die Haut um seinen Mund. Als er sprach, sah Val nur noch Schwärze hinter seinen Zähnen. Es war, als blickte sie in einen dunklen Tunnel. »Oh ja, wir haben einen Deal gemacht. Ich brauche kein Zweites Gesicht, um zu merken, wenn jemand etwas will, was ich habe.« Er wischte sich die Stirn und fuhr mit weit aufgerissenen Augen fort: »Ich wollte...«
    Am ganzen Körper zitternd, brach er zusammen. Luis sank neben Dave auf die Knie; er wollte ihm sanft die Dreadlocks aus dem Gesicht streichen, zog aber erschrocken die Hand zurück. »Er ist viel zu heiß. Seine Haut brennt wie Feuer.«
    »Nimmer«, sagte Val. »Er hat Nimmer viel häufiger als nur einmal am Tag genommen. Um wie du auszusehen, musste er es die ganze Zeit nehmen.«
    »Im Film stecken sie Leute mit hohem Fieber immer in eiskalte Badewannen«, sagte Ruth.
    »Was, bei einer Überdosis Elfendrogen?«, fauchte Lolli.
    »Kommt, wir bringen ihn zum See«, sagte Val. »Der ist bestimmt kalt genug.«
    Luis packte seinen Bruder unter den Achseln. »Seid vorsichtig. Sein Körper ist total heiß.«
    »Nimm meine Handschuhe.« Ruth holte ein Paar Handschuhe aus der Jackentasche und gab sie Val.
    Val zog sie rasch an und nahm Dave an den Füßen. Seine Haut anzufassen, war, als hätte sie mit ihrer Hand an einen Topf mit kochendem Wasser gefasst. Als sie ihn hochhoben,
war er so leicht, als wäre er innen hohl. Gemeinsam mit Luis trug sie ihn über die schmalen Pfade durch den Ramble ans Seeufer. Daves heißer Körper versengte ihre Haut durch die Handschuhe hindurch, und er drehte und wand sich, als kämpfte er gegen unsichtbare Kräfte. Val biss die Zähne zusammen und widerstand der Versuchung loszulassen.
    Luis watete ins Wasser, Val hinterher. Die eisige Kälte an ihren Waden stand im krassen Gegensatz zu ihren brennenden Händen.
    »Okay, runter mit ihm«, sagte Luis.
    Als sie Dave ins Wasser gleiten ließen, fing sein Körper an zu dampfen. Val ließ los und watete ans Ufer zurück, aber Luis hielt Dave weiter fest und sorgte dafür, dass der Kopf seines Bruders über Wasser blieb. Er sah aus wie ein Priester bei einer schrecklichen Taufe.
    »Hilft es?«, rief Ruth.
    Luis nickte und rieb das Gesicht seines im Wasser treibenden Bruders. Val sah, dass seine Hand feuerrot war, aber ob das an der Kälte lag oder daran, dass er sich verbrannt hatte, war schwer zu sagen. »Schon besser, aber wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen.«
    Lolli watete ins Wasser und starrte auf Dave hinunter. »Du blöder Sack«, schrie sie. »Wie konntest du nur so dumm sein?« Auf einmal sah sie völlig verloren aus. »Warum hat er das bloß meinetwegen getan?«
    »Du darfst dich nicht verantwortlich fühlen«, sagte Val. »An deiner Stelle würde ich ihn wahrscheinlich am liebsten umbringen.«

    »Ich weiß gar nicht, was ich fühle«, sagte Lolli.
    »Val«, sagte Luis. »Wir müssen Ravus um Hilfe bitten.«
    »Ravus?«, fragte Ruth.
    »Er hat ihm schon einmal das Leben gerettet«, erwiderte Luis.
    Val dachte an Ravus’ verschlossene Miene, an seine Augen, dunkel vor Wut. Sie dachte an das, was sie über Mabry wusste, und an ihre Vermutungen, mit welcher Währung Dave Mabry für ihre Hilfe zurückbezahlt hatte. »Ich weiß nicht, ob er dazu bereit sein wird.«
    »Ich bringe Dave ins Krankenhaus«, sagte Lolli.
    »Kannst du mitgehen?«, bat Val Ruth. »Bitte.«
    »Ich?«, fragte Ruth ungläubig. »Ich kenne ihn doch gar nicht.«
    Val lehnte sich an sie. »Aber ich kenne dich.«
    Ruth rollte mit den Augen. »Einverstanden, aber dafür bist du mir was schuldig. Du schuldest mir einen Monat stummen Gehorsams.«
    »Ich schulde dir eher ein Jahr stummen Gehorsams«, sagte Val und trottete ins Wasser zurück, um Luis zu helfen, seinen Bruder hochzuheben. Langsam schleppten sie ihn zur Straße. Das erste Taxi, das sie anhielten, fuhr rechts ran, aber als der Fahrer Dave sah, brauste er gleich wieder davon, bevor Lolli die Tür aufreißen konnte. Der nächste Taxifahrer schien sich nichts daraus zu machen, als die beiden Mädchen einstiegen und Luis ihnen seinen unruhigen Bruder auf den Schoß legte.
    »Hier«, sagte Ruth und reichte ihm die Harfe.

    »Wir kümmern uns um ihn«, versprach Lolli.
    »Ich komme, so schnell ich kann.« Luis zögerte, warf dann aber schnell die Wagentür zu.
    Das Taxi fuhr an und Val sah Ruths blasses Gesicht im Heckfenster. Sie bewegte die Lippen, doch Val konnte nicht erkennen, was sie sagte, und schon

Weitere Kostenlose Bücher