Elfenherz
angewurzelt stehen und rührte sich nicht.
Mabry zögerte nur eine Sekunde, bevor sie die Peitsche wieder auf Val losließ. Val ließ sich fallen, drehte sich und packte das Heft des kaputten Glasschwerts, riss es hoch und stieß es, wenig elegant, nicht im Mindesten anmutig und völlig uncool, in Mabrys Knie.
»Halt!«, rief der Elf mit dem goldenen Haar.
Val ließ das Heft fallen, an dem nur wenig Blut klebte. Aber es war genug. Ihre Hände fingen an zu zittern.
Mabrys neblige Rüstung und die Waffen aus Rauch schwanden und sie stand wieder in ihrem Gewand da. »Was spielt das schon für eine Rolle?«, sagte sie. »Dein blutiges Andenken wird faulen, so wie auch deine Liebe verrottet. Eine Leiche wird dir keinen Gefährten ersetzen können.«
Val konnte das Lächeln nicht unterdrücken, das sich so strahlend auf ihrem Gesicht ausbreitete, dass es wehtat. »Ravus ist nicht tot«, sagte sie und genoss aus vollen Zügen Mabrys verständnislose Miene. »Ich habe die Vorhänge abgerissen und ihn in Stein verwandelt. Er wird wieder gesund.«
»Du konntest nicht...« Mabry hob die Hand und Rauch formte sich zu einem Krummschwert. Ruckartig ging sie damit auf Val los, die rückwärts taumelte und ihren Kopf
zur Seite drehte. Die Klinge kratzte ihre Wange und zeichnete eine brennende Linie auf ihre Haut.
»Ich sagte Halt!«, schrie der goldhaarige Elf und hob die Silberschüssel hoch.
»Aufhören«, befahl der König des Unseligen Hofes. »Dreimal hast du mein Missfallen erregt, Mabry, seiest du nun eine Spionin oder nicht. Deiner Nachlässigkeit ist es zu verdanken, dass Sterbliche Tageslicht in den Hof der Nacht trugen. Wegen deines mangelnden Mutes gewann eine Sterbliche eine Gunst von uns. Und in deiner Kleinlichkeit hast du mein Versprechen gebrochen und entehrt, dass den Sterblichen in meinem Land kein Leid geschieht. Fürderhin seiest du verbannt.«
Mabry kreischte, ein unmenschliches Geräusch, das wie das Rauschen des Windes klang. »Ihr wagt es, mich zu verbannen? Mich, die getreue Spionin Königin Nicnevins am Seligen Hofe? Mich, die ich dem Unseligen Hof treu gedient habe, im Gegensatz zu anderen, die sich ein Recht auf den Thron anmaßen?«
Ihre Finger wurden zu Messern und ihr Gesicht zog sich unnatürlich und entsetzlich in die Länge. Sie stürzte sich auf Roiben.
Vals Körper bewegte sich wie von selbst, bewegte sich so, wie sie es hundertmal in der staubigen Brücke trainiert hatte, er bewegte sich so unbewusst, wie sie lächelte. Sie wehrte Mabrys Angriff ab und stieß ihr die abgebrochene Klinge in den Hals.
Blut spritzte auf Mabrys rotes Gewand und auf Val. Die
Messerfinger bohrten sich in Vals Rücken und schlitzten ihn auf, als Mabry Val eng an sich zog, als wären sie ein Liebespaar. Val schrie vor Schmerzen. Kalt kroch ihr der Schock in die Knochen und lähmte sie. Doch auf einmal fiel Mabry, das Blut schwärzte die Erde, ihre Hände glitten von Vals Rücken. Sie bewegte sich nicht mehr.
Eine lärmende Welle brandete vom Hofstaat auf. Luis stürzte vor und drängte die Elfen beiseite, um die schwankende Val aufzufangen.
Val aber sah nur das Glasschwert, die schartigen Reste, die im Blut schwammen. »Nicht fallen«, ermahnte sie sich, aber die Worte standen in keinem Zusammenhang mehr. Ihre Sicht verschwamm.
»Gebt mir das Herz«, schrie Luis, aber in dem Chaos beachtete ihn niemand.
»Genug«, sagte jemand - wahrscheinlich Roiben. Val konnte sich nicht konzentrieren. Luis redete und dann ging es weiter durch die wirre Menge. Val taumelte, Luis stützte sie auf ihrem Weg durch die unterirdischen Gänge. Der Lärm am Hof verebbte, als sie sich aus dem kalten Hügel kämpften.
»Mein Mantel«, murmelte Val, aber Luis drängte weiter. Er führte sie zum Wagen und lehnte sie dagegen, als er den Beifahrersitz nach vorne schob. »Leg dich hinten auf den Bauch. Du hast einen Schock.«
Da war noch was mit einem silbernen Gefäß. Eine Schüssel mit einem Herzen drin wie bei Schneewittchen. »Hat der Jäger es dir gegeben?«, fragte Val. »Er hat die böse
Stiefmutter ausgetrickst. Vielleicht hat er uns auch ausgetrickst.«
Luis atmete heftig ein und aus. »Ich bringe dich ins Krankenhaus.«
Das drang schneidend in ihren benebelten Verstand und versetzte sie in Panik. »Nein! Ravus und Dave warten auf uns. Wir müssen Domino spielen!«
»Du machst mir schreckliche Angst, Val«, sagte Luis. »Bitte, leg dich hin, dann fahren wir in die City. Aber schlaf mir bloß nicht ein. Bleib
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