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Elfenkind

Elfenkind

Titel: Elfenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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wie viele kleine Nadelstiche, die unentwegt in ihr Herz pieksten. Insgeheim hatte sie trotz seiner Aussage letzte Nacht gehofft, er würde sie bitten zu bleiben. Aber natürlich würde er das nicht tun.
    Irgendwann bremste Frédéric ab und fuhr auf eine Tankstelle. Er hielt allerdings nicht vor den Zapfsäulen, sondern parkte direkt neben dem kleinen Gebäude.
    «Warte hier», meinte er an Aliénor gewandt.
    Sie konnte gerade noch ein Schnauben unterdrücken. Wo sollte sie wohl auch hin.
    Nach wenigen Minuten war er wieder da, in der Hand eine Plastikkarte, aus der er etwas herausbrach und in sein Handy einsetzte.
    «Hier.» Er hielt ihr das Telefon hin. «Das ist eine Prepaid-Karte. Ich dachte, du wolltest vielleicht deine Mutter anrufen.»
    Aliénors Ärger über sein kurz angebundenes Verhalten war wie weggewischt. Sie konnte nichts sagen und spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Er war einfach so … wundervoll. Mit zitternden Fingern wählte sie die Nummer ihres eigenen Handys und hoffte, dass Chantal und nicht Geoffrey am anderen Ende abnehmen würde.
    «Oui, allô?»
    Aliénor atmete tief aus und schloss die Augen. «Maman …»
    «Aliénor? Wie geht es dir? Wo bist du, ma chérie? Ich habe mir solche Sorgen gemacht.»
    «Es geht mir gut, maman. Ich … ich muss mich noch um etwas kümmern. Aber sobald ich ein neues Zuhause für uns gefunden habe, hole ich dich. Hörst du, maman. Ich hole dich zu mir.»
    Chantal fing an zu weinen.
    « Ne pleure pas, maman. Alles wird gut.» Sie hoffte wirklich von ganzem Herzen, dass das stimmte. «Ich muss jetzt Schluss machen. Ich melde mich, sobald ich kann. Je t’aime, maman. »
    «J e t’aime aussi, chérie. Pass auf dich auf.»
    Aliénor legte auf und gab das Handy an Frédéric zurück.
    «Danke», sagte sie mit belegter Stimme.
    Frédéric sah so aus, als wollte er sie am liebsten in die Arme schließen, aber er nickte nur, entfernte die Karte aus dem Handy und zertrat sie neben dem Auto unter seinem Stiefel. Dann startete er ohne ein weiteres Wort den Wagen und fuhr wieder auf die Autobahn auf.
    Zwei Stunden später verließen sie die Überlandstraße, auf der sie unterdessen gelandet waren, um nun einer schmalen Straße tiefer in den Wald hinein zu folgen, bis diese auf einem kleinen Parkplatz endete, der für Spaziergänger angelegt worden war. Er war zu dieser nächtlichen Stunde leer. Der Motor erstarb mit einem letzten Brummen.
    «Wir sind da. Von hier aus musst du allein weitergehen.»
    Würde er sie zum Abschied küssen? Einmal, nur noch ein einziges Mal wollte sie seine Lippen auf den ihren spüren. Sie hielt schon den Atem an, fühlte wie ihre Lippen sich leicht öffneten. Aber als er sich vorbeugte, geschah dies nicht, um sie zu küssen, sondern das Handschuhfach zu öffnen und etwas herauszuholen.
    Ein schwarzer Samtbeutel lag auf Frédérics Hand.
    «Hier, das ist mein Abschiedsgeschenk für dich.»
    Sie nahm den Beutel entgegen. Der Gegenstand in seinem Inneren war fest. Er fühlte sich massiv an, hatte Gewicht, war aber wiederum nicht zu schwer.
    Sie zog die Kordel auf, lockerte den Zug des Bundes und drehte den Beutel vorsichtig um. Ein weißer Kristall fiel in ihre Hand. Bizarr, in mehrere Richtungen auseinander driftend, wie die geöffneten Finger einer Hand.
    «Wir glauben beide, dass es ein Abschied für immer sein wird. Das ist auch sehr wahrscheinlich.»
    Er machte eine Pause. Es schien ihm schwer zu fallen, die richtigen Worte zu finden. «Aber vielleicht gefällt es dir nicht im Elfenreich. Oder es geschieht etwas, wovon wir noch gar keine Ahnung haben. Falls du dort nicht willkommen bist oder jemals meine Hilfe benötigst, dann werde ich kommen und dich holen.»
    Tränen schossen in ihre Augen ein und die scharfen Konturen seines Gesichts verloren für einen Moment an Klarheit. Frédéric nahm davon keine Notiz.
    «Das ist ein magischer Kristall», fuhr er fort. «Wenn er vom Mondlicht beleuchtet wird, sendet er ein Signal aus und ich werde wissen, dass du mich rufst. Es genügt, wenn du ihn auf deiner Hand ins Mondlicht hältst.»
    Aliénor fühlte, wie ihr Herz sich zusammenzog. Nach allem, was er ihr gesagt hatte, gab er ihr jetzt dieses Geschenk. Jeder Zweifel, den sie noch über seine Gefühle gehabt hatte, verschwand, und sie wusste, sie hatte gar keine andere Wahl, als zu ihm zurückzukehren. Dieses Geschenk verlangte es. Ihr Herz verlangte es.
    Denn natürlich liebte sie ihn. Wie könnte es anders sein? Vielleicht war es

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