Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenkind

Elfenkind

Titel: Elfenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
Vom Netzwerk:
herum völlig zurückgedrängt und die Wiese glich eher einem riesigen Feld, das in den buntesten Farben erstrahlte. Roter Klatschmohn wechselte sich mit blauen Kornblumen und den fliederfarbenen Kugeln des Zierlauchs ab, weiße Margeriten mit gelbem Hahnenfuß, riesige pinkfarbene Fingerhüte mit violetten Lupinen. Dazwischen konkurrierten Unmengen anderer Blumen in den verschiedensten Farbabstufungen um die Gunst der bestäubenden Insekten.
    Weit hinten gab es ein Feld voller Sonnenblumen, die Köpfe alle in dieselbe Richtung gedreht, der Sonne zugewandt. Schmale, mit hellem Kies bestreute Wege führten in Schlangenlinien mitten hindurch.
    Weit hinten am Ende der Blütenpracht, wo der Wald begann, sah sie Bienenstöcke stehen und mehrere Elfen eilig hin- und herschwirren.
    «Was ist dort hinten los?»
    «Sie ernten Nektar und Honig, unsere Hauptmahlzeiten», erwiderte Tyrin mit einem missfallenden Unterton, als hätte sie eine sehr dumme Frage gestellt, und auf einmal kam sich Aliénor tatsächlich dumm und einfältig vor. Ihr Heißhunger auf Zuckersüßes, auf Honig und andere Leckereien erklärte sich inzwischen von selbst.
    Mehrere blendend weiße Stufen führten den Eingang hinauf. An einem Rundbogen rankten sich aus buntem Glas gefertigte Blüten und Blätter empor. Das Château des Fleurs machte seinem Namen alle Ehre.
    Aliénor folgte Tyrin hinein und fand sich in einem zentralen Treppenhaus wieder. Rechts wie links führte eine steile Treppe zum nächsten Stockwerk hinauf, in der Mitte jedoch durchquerte man einfach das Gebäude, und kam auf der anderen Seite in einem imposanten Innenhof heraus.
    Aliénor hatte beinahe erwartet, auch hier Blumen vorzufinden. Aber der Boden war aus Stein, mit einem feinen Glasmosaik ausgelegt, das sich zu Mustern aus Pflanzen, Insekten und Vögeln zusammenfügte. In der Mitte befand sich ein Springbrunnen, in seinem Zentrum ein nacktes Elfenpaar, in sich umarmender küssender Pose, die von einer Reihe um sie herumsitzender Frösche angespritzt wurden.
    Kitsch pur , dachte Aliénor. Das Märchen vom Froschkönig lässt grüßen. Sie unterdrückte ein Grinsen.
    Der Innenhof war über zwei Stockwerke von einer Galerie umsäumt, die sich nach innen mit Rundbogen öffnete, die von weiß marmorierten Säulen getragen wurden. Künstliche Blumengirlanden, aus Glas oder bunt aufgemalt, rankten sich rundum empor.
    Tyrin stieß ein schrilles Pfeifen aus und Aliénor zuckte zusammen. Mit einem Mal erschienen auf der Galerie im ersten Stock lauter Elfen, die meisten in schlichte weiße Kleider gehüllt, die so transparent waren, dass sie kaum ihre Nacktheit bedeckten. Einige wenige in Hosenanzügen ähnlich dem, den Tyrin trug. Ein Sirren vibrierender Flügel erfüllte die Luft.
    Dann machten die Elfen Platz und zwischen ihnen erschien ein Paar, dessen schneeweiße Kleidung mit roten und goldenen Bändern gesäumt war. Die Flügel des Mannes waren größer und prächtiger als die der anderen Elfen und schimmerten, als wären sie mit Abertausenden Pailletten besetzt. Die Szenerie hatte etwas Märchenhaftes, Unwirkliches und dennoch war es real.
    Tyrin verneigte sich.
    «Wen bringst du uns da?», fragte der Elf mit hochgezogenen Augenbrauen, die ihm einen arroganten Ausdruck verlieren. Seine Stimme war leicht näselnd.
    «Eine Elfe, die sich verirrt hat, Hoheit. Ich habe sie beim Maison de la Viviane getroffen und sie hat behauptet, dass sie aufgrund familiärer Verbindungen zu uns käme.»
    Die Miene des Elfen verfinsterte sich nun richtig. Er machte eine herrische Geste, dass sie eintreten sollten und verschwand wieder in der Menge der Elfen, die um ihn herumstanden.
    «Was meinst du denn mit Haus der Viviane? », fragte Aliénor, während sie an Tyrins Seite auf die andere Seite des Innenhofes und in das Schloss hinein ging.
    «Die über dreitausend Jahre alten Megalithen werden so genannt», knurrte Tyrin kurz angebunden. «Eigentlich ist es ein Grab. Kennst du nicht Viviane aus der Artussage?»
    «Doch. Aber wieso …» Sie bemerkte, dass Tyrin ihr gar nicht weiter zuhörte. «Wohin gehen wir? War das euer König?»
    «Bei den heiligen Bienen, ja doch! König Obodir, unser Herrscher. Und nun schweig, bis du aufgefordert wirst zu sprechen!»
    Sie stiegen eine mit einem roten Teppich ausgekleidete Treppe hinauf, auch hier glänzte das Treppenhaus in reinem Weiß. Dann betraten sie den Thronsaal. Wenn Aliénor jemals eine Vorstellung von einem klassischen Thronsaal gehabt hatte, dann

Weitere Kostenlose Bücher