Elfenkrieg
Anstalten zu machen, sich anzukleiden.
»Du weißt genau, was ich meine«, fauchte sie. »Du könntest jeden Moment wieder zu einem Drachen werden. Und was dann? Du musst zur Priesterin.«
»In Ordnung. Dann kommst du mit mir.« Ardemir streckte seine Hand nach ihr aus, doch sie wich zurück.
»Verstehst du denn nicht?«, schrie sie. »Ich habe keine Wahl, ich bin Daerons Frau! Gegen diese Bindung kann niemand etwas unternehmen.«
»Das ist mir gleich. Du gehst nicht zu ihm zurück.«
Vinae sah ihm direkt in die Augen. »Du wirst mich nicht aufhalten«, sagte sie kühl, als hätte er ihr in dieser Nacht nicht das Gegenteil bewiesen.
»Sei dir da nicht so sicher«, gab er zurück, auch wenn es nicht halb so überzeugt klang, wie es sollte.
»Es tut mir leid, Ardemir. Ich muss nach Acre. Die Leute dort brauchen mich.«
» Ich brauche dich!«
»Vielleicht in einem anderen Leben«, sagte sie und wandte sich ab.
Wutentbrannt stürzte er ihr hinterher und prallte sogleich mit voller Wucht gegen eine unsichtbare Wand.
Magie! Sie hielt ihn mit Magie zurück! Wie konnte sie ihm so etwas antun? Wieso hatte sie diese Kraft nicht schon in der Nacht gegen ihn eingesetzt?
»Geh zur Priesterin«, sagte Vinae, ohne sich umzudrehen, doch ihre Stimme klang erstickt. »Bevor es zu spät ist.«
Damit verschwand sie im Dunst des Moors wie eine geisterhafte Erscheinung, die lediglich in seinen Träumen existiert hatte.
Schon als sie Acre auf südlicher Route umgangen hatten und danach immer weiter nach Osten in Richtung Küste gestrebt waren, war Nevliin bereits klar gewesen, wohin die Priesterin ihn führte. Zu deutlich hatte er noch vor Augen, was sich dort an der Bucht vor vierundachtzig Jahren ereignet hatte. Er hätte noch nicht einmal überrascht darüber sein dürfen, dass sich ausgerechnet in Ueden der Kreis schließen sollte. An jenem Ort, an dem er Vanora verloren hatte und an dem er sie nun erneut gehen lassen musste.
Das Schicksal hatte tatsächlich Sinn für Humor, das musste er dieser Macht zusprechen, besonders, da er sich nun selbst als Kämpfer des Schicksals entpuppte. Vor einem Jahr hätte er solch eine Möglichkeit noch für einen Witz gehalten, doch mit dem Erscheinen der Nebelpriester hatte sich alles geändert.
Mit ihrem Erscheinen hatte sich alles geändert. Natürlich war ihm schon damals in Derial bewusst gewesen, wer ihm dort gegenüberstand. Wie hätte er ihre Seele und das Wesen ihres Seins nicht wahrnehmen können? Die anderen hatten ihn gern für verrückt gehalten, vielleicht war ihm diese Vorstellung einen Moment lang selbst nicht so abwegig erschienen, doch dann hatte sich das Bild langsam geschärft, die Konturen waren deutlicher geworden, und Vanora war zu ihm zurückgekehrt.
In einer anderen Hülle, ja, ohne diese menschliche Seite an ihr, welche ihr die Schönheit und Perfektion einer Elfe genommenhatte – die sie zu etwas Besonderem gemacht hatte. Diesmal war sie als göttliche Erscheinung zurückgekommen, und es war Nevliin unbegreiflich, dass diese Tatsache anderen wie Eamon entgehen konnte. Wie sie ihr in die Augen sehen konnten, ohne es zu erkennen, es zu spüren. Es war die Göttin selbst, welche sich hier unter sie gemischt hatte, verborgen in Vanoras alter Existenz, geborgen in ihrem Körper und ihrem Geist.
Natürlich hatte die Göttin Vanora gewählt. Welch mächtigere Magierin hätte sie sonst bei den Sternen finden können? In welcher Magierin hätte sie die Kraft des Hasses gefunden? Vanora war perfekt für ihr Vorhaben gewesen, zurück zu den Lebenden zu gelangen, um das Schicksal zu vernichten.
Nevliin wusste nicht, was Vanora dazu bewogen hatte, sich auf solch einen Handel einzulassen, oder ob sie dazu gezwungen worden war. Sicher war er sich jedoch darüber, dass sie dieser Art von Abmachung niemals zugestimmt hätte. Als stummes Werkzeug einer Göttin, ohne Möglichkeit, auszubrechen. Sie war betrogen worden, und jede Faser seines Seins sträubte sich dagegen, auch nur annähernd darüber nachzudenken, was sie seit ihrem Tod hatte durchmachen müssen.
Er hatte sie in Sicherheit geglaubt. Welch besseren Ort als die Sterne hätte es dafür geben können? Doch zu wissen, wie falsch er damit gelegen hatte, ließ ihn erstaunlicherweise nicht in dem ihm so bekannten Schmerz versinken. Im Gegenteil. Endlich konnte er etwas tun, und zwar das, was er am besten konnte: kämpfen. Endlich konnte er dafür kämpfen, Vanora zurückzubekommen, und musste nicht nur in seiner
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