Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
Elodrin!«

GRÜNE AUGEN

    Ollowain blickte in den treibenden Rauch. Sie war hier, er konnte sie fühlen. Ganz dicht hinter dem Schleier aus Rauch wartete sie auf ihn. Lyndwyn. Dies war der Tag, der sie wieder miteinander vereinen würde. Der Tag, den er so oft herbeigesehnt hatte. Der Tag, an dem die Wunde in seinem Herzen endlich heilen würde.
    »Feldherr?« Senthor, der alte Kentaurenkrieger, kam ihm seltsam weit entfernt vor, obwohl er nur zwei Schritte neben ihm stand. Sein Gesicht war mit Ruß verschmiert, in dem sein Schweiß wie schwarze Tränen glänzte. Wie die Tränen Emerelles im Palast. Jetzt war die Stunde gekommen, ihr Todesurteil zu vollstrecken.
    »Wir sollten zu den anderen zurückkehren«, sagte der Kentaur mit rauer Stimme. Er war von Erschöpfung gezeichnet. Die Gewaltmärsche der letzten Nächte und die Schlacht hatten ihn ausgebrannt. Senthor war eine verlöschende Flamme. Und doch hatte er den ganzen Tag nicht von seiner Seite weichen wollen.
    Ollowain deutete mit dem blutigen Schwert auf die wirbelnden Rauchschleier. »Dort wartet noch jemand auf mich.«
    Der Kentaur schüttelte entschieden den Kopf. »Dort ist niemand mehr! Du hörst doch die Hörner. Wir müssen uns zurückziehen. Das war dein Befehl, Feldherr.«
    Ollowain streichelte seinem Hengst den Hals. Er beugte sich vor und flüsterte: »Komm, Großherz. Du weißt, wen ich suche. Trag mich das letzte Stück des Weges. Es ist nicht mehr weit.«
    Der Schimmel trabte langsam dem Rauch entgegen. Nicht weit entfernt erhob sich eine einsame Felsklippe über die Hügel der Steppe. Nach Osten geneigt, zeichneten sich ihre Umrisse scharf gegen den rauchverhangenen Himmel ab. Im Schatten der Klippe hatten sich einige Trolle gesammelt. Es waren nicht nur Krieger. Ollowain erkannte einen Halbwüchsigen. An seiner Seite standen eine alte Vettel, die sich auf ihren Stab stützte, und ein zweites Trollweib, das sein Gesicht hinter einer Maske verbarg. Mehr und mehr Krieger eilten zu der Klippe. Der Schwertmeister atmete schwer aus. Das war der Kampf, den er suchte.
    »Das muss der junge König sein«, fluchte Senthor. »Lass uns schnell von hier verschwinden. Hier wird es bald von Trollen nur so wimmeln.«
    »Keine Sorge, ich bin ein Ritter. Ich töte keine Kinder.«
    »Davon rede ich nicht, Feldherr. Die werden uns töten. Es sind zu viele! Bitte, Ollowain. Komm!«
    Eine Bewegung im Rauch erweckte die Aufmerksamkeit des Schwertmeisters. Ein Stück südlich der Klippe lag eine Ruine. Vielleicht ein längst aufgegebenes Jagdschloss. Es war zu wenig erhalten, um zu sagen, was für ein Gebäude es einmal gewesen sein mochte. Abgesehen von ein paar Grundmauern war ein filigran durchbrochener, steinerner Fensterbogen alles, was von der einstigen Pracht des Gemäuers geblieben war.
    Nahe dem Fensterbogen war einer der Streitwagen aus Alvemer gestrandet. Die stolzen Rösser lagen erschlagen in ihren Geschirren. Der Wagenlenker hielt selbst im Tod ihre Zügel. Zertretene Pfeile waren im verbrannten Gras verstreut. Die zerfetzten Seidenbanner bewegten sich träge im Wind. An das zerbrochene Rad des Wagens war ein großer Trollschild gelehnt. In seinem Windschatten kauerte eine Gestalt, die sich in einen zerfetzten Umhang gewickelt hatte. Matt winkte sie ihm.
    Das Winken ... Ollowain war plötzlich wie in Trance. Er fror, wie auf der Eisebene, als er Lyndwyn im verlassenen Heerlager der Trolle gefunden hatte. Die Gluthitze des Sommertags war verflogen. Er spürte wieder den schneidenden Wind der Snaiwamark.
    Langsam trottete sein Schimmel zu dem Streitwagen. Sein Traum aus Iskendria würde sich erfüllen! Diesmal würde er sie retten. Er würde nicht zulassen, dass Galawayn die Figur der Zauberin aus dem Spiel nahm! Gegenwart und Vergangenheit waren eins geworden. Seine Liebe zu Lyndwyn hatte die Fesseln der Zeit überwunden. Diesmal würde sie nicht sterben! Er schwang sich aus dem Sattel.
    Rotes Haar rahmte ein blasses Gesicht. Ihre wunderbaren grünen Augen nahmen ihn gefangen. Sie waren ... Rotes Haar?
    »Bei den Fürzen meiner Urahnen! Ollowain! Sie kommen die Klippe hinüber. Wir müssen fort!« Die derben Worte des Kentauren zerstörten das Trugbild. Lyndwyn hatte schwarzes Haar! Sie ... Er zog den zerrissenen Umhang zur Seite. Darunter schimmerte eine grüne Rüstung mit goldenen Beschlägen. Vor ihm lag Caileen, die Gräfin von Dorien.
    »Flieh ...«, hauchte sie. »Ich wollte dich nicht herrufen, als ich gewunken habe. Ich wollte dir ein Zeichen

Weitere Kostenlose Bücher