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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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niedergeschrieben standen. Geschichten, die jeden, der sie las, in Erregung versetzten. Und das hatte nicht allein an den Texten gelegen. Die Seiten des Buches waren mit einem Aphrodisiakum bestrichen worden. Mit einem Zaubertrank, der körperliche Lust weckte. Dieses Liebesgift gelangte über die bloße Haut in den Leib. Je öfter die Hände eine der Seiten berührten, zum Beispiel, wenn man mit dem Finger Zeile für Zeile, die man las, verfolgte – oder zumindest, wenn man umblätterte -, desto mehr Gift nahm man auf, bis man zuletzt vor Lust ohnmächtig wurde. Ganda hatte einen Mond lang vergebens versucht, dieses Buch aufzutreiben. Wahrscheinlich war es nur der Fabulierfreude eines Märchenerzählers entsprungen. Vielleicht sollte sie Meister Gengalos danach fragen? Wenn es in der Bibliothek wirklich alle Texte gab, die jemals geschrieben worden waren, dann müsste sich doch auch dieses Büchlein hier finden lassen. Selbst wenn sie dessen Titel nicht kannte, konnte es ja nicht allzu schwer sein, ein so ausgefallenes Buch zu finden. Es wäre eine angenehme Abwechslung von diesen düsteren und verworrenen Texten über das Nichts und die Yingiz.
    Ganda tippte vorsichtig mit dem Zeigefinger gegen die Schnittkanten der Pergamentseiten. Mit einem Aphrodisiakum war dieses Buch bestimmt nicht vergiftet worden. Gewiss brauchte Galawayn die Handschuhe, um sich zu schützen.
    Gedankenverloren strich die Lutin über das helle Leder der Innenseite. Weich schmiegte es sich in ihre Hand. Sie spürte die schwache magische Kraft, die den Handschuhen innewohnte. Und etwas beunruhigte sie.
    Sie brauchte eine Weile, bis sie sich über diese Unruhe im Klaren wurde. Es war der Handschuh! Es fühlte sich an, als berühre er sie, und nicht umgekehrt. In einer Mischung aus Neugier und Ekel musterte sie das Leder eindringlicher. Die Innenseite der Handschuhe war verstärkt. Die zweite Lederschicht, die Galawayn dort aufgenäht hatte, bestand aus einem einzigen, durchgehenden Stück. Es passte sich der Form des Handschuhs genau an, so wie ...
    Ungläubig beugte Ganda sich vor. Sie sah die zarten Wirbel auf den Fingerspitzen. Schlagartig überwog der Ekel die Neugier! Sie ließ den Handschuh fallen. Das Leder auf der Innenseite war die Haut einer Hand. Und sie war immer noch lebendig! Daher rührte das Gefühl, der Handschuh habe sie berührt! Es war keine Einbildung! Er hatte es tatsächlich getan!
    Ein wütender Schrei ließ Ganda auffahren.
    »Das tust du nicht! Sie wird nicht noch einmal sterben, hörst du!« Den Worten folgte das leise Schaben einer Klinge, die aus ihrer Scheide glitt.
    Ganda fuhr herum. Ollowain bedrohte ihren Gastgeber mit seinem Schwert! »Du wirst ihr kein Leid antun. Niemand wird das, solange ich lebe!«
    Galawayn hob ganz langsam die Hände. »Es ist doch nur eine Spielfigur«, sagte er beschwörend. »Nur ein Stück Stein, dem ein Künstler eine Form verliehen hat.«
    Ollowain streckte den Schwertarm. Die Klinge war weniger als einen Zoll vom Hals seines Gegenübers entfernt. Sie zitterte leicht. »Nenn sie nicht noch einmal ein Stück Stein. Sie lebt, solange die Zauberin nicht geschlagen wird.«
    »Ollowain.« Ganda sprach den Namen ihres Gefährten leise und eindringlich. »Du kannst deine Zauberin retten. Bring sie fort von hier.«
    Gehetzt blickte der Schwertmeister zu ihr hinüber. Sein Gesicht war fahl und glänzte vor Schweiß. Das lange blonde Haar hing ihm in Strähnen in die Stirn. Er schien Fieber zu haben.
    »Tritt zurück«, sagte Ganda beschwörend. »Du musst sie fortbringen und nicht kämpfen.« Ollowain sah wieder zu Galawayn. Schließlich nickte er. »Ja, ich muss sie fortbringen.« Langsam trat er rückwärts aus dem Zelt. Dann wandte er sich um und begann zu laufen.
    Galawayn atmete hörbar. »Er hätte mich getötet.«
    »Was hast du ihm angetan?«, fragte die Lutin barsch. Sie schob den dünnen Schleier zur Seite und trat an den Spieltisch. Ganda musste auf Ollowains leeren Stuhl steigen, um das Spielfeld überblicken zu können. Der Schwertmeister schien seine Schlacht verloren zu haben.
    Der Hüter des Wissens nahm eine Spielfigur vom Tisch, die in zwei Teile zerbrochen war. Ein großer, weißer Hund.
    »Ich wollte seine Magierin schlagen«, erklärte Galawayn. »Mit dem Geisterhund. Da ist er plötzlich vom Wahn gepackt worden. Ich wollte das Spiel abkürzen, so wie du mir geraten hattest, Ganda. Ich habe gemerkt, dass er sich merkwürdig verhielt, wenn es um diesen Spielstein ging. Er

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