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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Natürlich viel zu groß. Aber hübsch ... Selbst unter den Elfen, denen nie ein hässliches Kind geboren wurde, stach seine Schönheit hervor. Und zugleich wirkte er unnahbar. Für einen Augenblick erlaubte es sich Ganda, in romantischen Gedanken zu schwärmen, doch dann rief sie sich wieder zur Ordnung. Es ist eine Freude, dich um mich zu haben. Das waren nichts als leicht dahingesagte Worte! Sie bedeuteten nichts!
    Ganda öffnete die nächste Lederhülle. Auf dem Papyrusstreifen am Verschluss stand: VERWUNDETE SEELEN, AUSZUG AUS DEM VII. KAPITEL VON: DIE WEGE DER ALBEN, VERFASST VON: MELIANDER, FÜRST VON ARKADIEN Der Text war so düster wie sein Titel. Meliander behauptete, dass die Seelen der Alben in den Kämpfen mit den Yingiz und den Devanthar so verletzt worden waren, dass sie schließlich die Welt, die sie erschaffen hatten, ihren Kindern überlassen mussten, um sich für immer an einen Ort zurückzuziehen, an dem sie nichts mehr an die Düsternis erinnerte, die sie zwar verbannen, aber nicht bezwingen konnten.
    Schon wieder so geschraubte Formulierungen! Meinte Meliander mit der Düsternis nun den Zustand der Seelen der Alben oder doch eher die Yingiz? Ganda überflog den Text ein zweites Mal. Hatte sie etwas übersehen? Waren die Alben, obwohl sie gesiegt hatten, zugleich auch die Besiegten? Hatten sie verloren, worum gekämpft worden war?
    Die Lutin leckte sich über die Schnauze. Nein, so stand das dort nicht. Das war ihre Deutung. Aus dem Text ging nicht hervor, dass die Alben und die Yingiz um Albenmark gekämpft hatten. Und wenn nicht einmal die Alben die Yingiz bezwingen konnten, wie wagte Emerelle dann zu hoffen, dass es ihr gelingen könnte, die Schatten zu vertreiben, die ins Herzland gekommen waren?
    Ganda hatte vor ihrer Abreise allen Blütenfeen geraten, das Herzland zu verlassen. Hoffentlich hatten sie auf ihre Worte gehört. Sie mochten die Nähe der Königin. Die Lutin war überrascht gewesen, dass Emerelle um Mondblütes Tod gewusst hatte. Sie hätte darauf geschworen, dass die mächtige Herrscherin Albenmarks sich einen Dreck um solche vermeintlichen Kleinigkeiten scherte. Aber wenn sie gewusst hatte, was geschah, warum hatte Emereile dann nichts unternommen, um Mondblütes Kind zu retten? Bei all ihrer Zaubermacht hätte das doch ein Leichtes für die Königin sein müssen! Zumindest hätte sie die Blütenfee von ihren Selbstmordgedanken abbringen können. Und sei es, indem sie die Kleine mit einem Schlafzauber belegt hätte. Aber sie hatte in ihrer Burg gesessen und in diese verdammte Silberschüssel gestarrt. Dieses ganze Elfenpack blieb ihr ein Rätsel. Da bauten sie eine Burg, die in ihrer Schönheit ihresgleichen suchte, und fanden nicht einmal einen Namen für diesen Ort. Verrückt. So verrückt wie diese beiden Dickschädel, die an ihrem Spieltisch noch einmal die Schrecken einer Schlacht heraufbeschworen, die längst entschieden war. Wem sollte das nutzen!
    Ganda streckte sich. Auf Dauer war es ziemlich ungemütlich, im Schneidersitz auf einem weichen Kissen zu hocken. Ihr Nacken war ganz steif geworden, und die Beine waren ihr eingeschlafen. Vorsichtig reckte sie die Glieder, durch die ein prickelnder Schmerz floss. Ihr linker Fuß stieß gegen etwas, das unter dem niedrigen Tisch verborgen lag.
    Neugierig beugte sich Ganda hinab. Es war das Buch mit den Bronzebändern, das ihr schon zuvor aufgefallen war. Auch die Handschuhe waren noch da. Sie lagen zusammengeknüllt auf dem Teppich. Nadel und Faden hingegen waren verschwunden. Wie Galawayn dieses Buch wohl öffnete? Es gab kein Schloss an den Metallbändern und keine Scharniere. Sie lagen wie Fesseln um das Buch. Wozu der Elf wohl die Handschuhe brauchte? In den vergangenen Tagen hatte er sie nie angehabt. Jedenfalls nicht, wenn sie und Ollowain in der Nähe gewesen waren.
    Sie nahm einen der Handschuhe auf. Er fühlte sich unangenehm an. Warm, als sei er gerade eben erst getragen worden. Doch das konnte nicht sein. Wie hätte er von ihr unbemerkt unter den Tisch gelangen sollen? Er musste dort schon mindestens so lange liegen, wie sie hier saß und über den Schriftrollen brütete.
    Ganda strich das zerknüllte Leder glatt. Wozu brauchte man Handschuhe, um ein Buch zu lesen? Und noch dazu Handschuhe, an denen ein Zauber haftete? Was war zwischen den Buchdeckeln verborgen? Vielleicht durfte man die Pergamentseiten nicht berühren? Sie hatte einmal eine Geschichte über ein kleines Büchlein gehört, in dem sinnliche Märchen

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