Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
»Sprich gefälligst leiser, Lutin. Verdammt, hast du denn keine Ahnung, wo du hier bist?«
    »Pass auf, oder ich werde dich ...«
    Der Kobold hielt ihr mit beiden Händen die Schnauze zu. »Leise! Verdammt noch mal!« Staub rieselte von einem der Re
    galbretter. Hoch über ihnen knarrte es bedenklich.
    Der Kobold auf der Galerie hielt inne und sah besorgt herab.
    »Du bist neu hier, nicht wahr?«
    Ganda nickte.
    »Das hier ist der Rosenturm.« Er deutete mit seiner verstümmelten Hand in die Höhe. »Fünfzig Schritt hohe Regale, gefüllt mit dem Wissen einer ganzen Welt. Alles, was jemals über Rosen geschrieben wurde. Gedichte, naturwissenschaftliche Abhandlungen, Bildbände, Bücher voller gepresster Blütenblätter. Selbst die Regale hier sind aus verleimtem Rosenholz.« Der Kobold ließ Ganda los und legte einen Finger an seine Lippen. »Halte deine Stimme im Zaum!« Er trat an eines der Regale. »Komm her und sieh dir das an!«
    Ganda gehorchte stumm.
    Ihr Begleiter ließ seine verstümmelten Finger über ein staubiges Regal gleiten. Unter dem Staub sah man dutzende winziger Löcher im Holz.
    »Die Regale sind zerfressen, und das Holz ist so brüchig wie ein alter Korallenstock. Hier kann jeden Augenblick alles zusammenbrechen. Ein Schrei oder ein schwerer Tritt auf den Boden, und es ist vorbei. Andererseits, wenn man vorsichtig ist, mag es auch noch ein weiteres Jahrhundert lang gut gehen.« Er zuckte resignierend mit den Schultern. »Vielleicht erinnert man sich ja in Albenmark an uns und schickt statt neuer Bücher und einer tollpatschigen Lutin mal ein paar hundert Handwerker.«
    Ganda verkniff sich eine patzige Antwort. »Und warum kletterst du auf dem Regal herum, wenn es so gefährlich ist?«
    Der Kobold hakte seine Daumen in die Weste ein und versuchte geringschätzig auf sie herabzublicken, obwohl sie ein gutes Stück größer war als er. »Weil dies die Bibliothek von Iskendria ist. Die Tatsache, dass wir langsam zerfallen, ist kein Grund, seinen Pflichten nicht mehr nachzukommen. Heute Abend versammeln sich die Hüter des Wissens im Kristallsaal, um Meister Gengalos zu feiern. Er hat sein fünfhundertstes Buch auswendig gelernt. Er ist ein einsames Licht des Wissens in dieser finsteren Zeit. Der Weg, den er zum Kristallsaal nimmt, soll eine Straße des Lichts sein. So gehört sich das bei feierlichen Anlässen. Deshalb beleuchten wir alle Säle und Gänge, durch die er schreiten wird. Ja, sogar die benachbarten Räume. Es soll so sein, wie es hier früher einmal war. Wenn du nun genug gehört hast, dann würde ich mich gern wieder meiner Arbeit widmen.« Mit dunklen Augen sah er sie eindringlich an. Plötzlich grinste er frech. »Du hast mich doch nicht nur gerufen, um dich wichtig zu machen. Wenn du mich suchst, findest du mich abends in der Kammer hinter der Buchbinderei nahe dem Traumsaal.« Er zwackte sie in die Wange. »Man sollte in dieser Bibliothek niemals schreien.« Er blickte viel sagend das nächststehende Regal an. »Aber ich mag Weibchen, die etwas riskieren.«
    Gandas Lippen bewegten sich stumm. Sie murmelte einen Zauber, der sie nach Sandelholz duften ließ. Die meisten Koboldmänner, denen sie in ihrem Leben begegnet war, waren ganz verrückt nach Sandelholzduft. »Eigentlich wollte ich von dir wissen, ob dir ein weiß gewandeter Elf über den Weg gelaufen ist.« Sie wagte einen koketten Augenaufschlag. »Wenn du mir helfen würdest, ihn zu finden, dann wäre das sehr ritterlich von dir. Und ich schätze ritterliche Männer.«
    Der riesige Adamsapfel ihres Gegenübers ruckte auf und ab. »Ach ja, der Elf. Vielleicht so ein Kerl mit langen, blonden Haaren, der etwas ... der etwas irre wirkt und mit sich selbst spricht.« »Das könnte passen.«
    »Bist du sicher, dass du weißt, wo die Buchbinderei beim Traumsaal ist? Sonst fragst du nach Qualbam dem Dritten. Man kennt mich ganz gut, weil ...«
    Ganda hob ärgerlich eine Braue und wurde sich im selben Augenblick bewusst, dass sie anfing, Ollowains Unarten zu übernehmen. »Ich bin mir sicher, dass Ehrenmänner nicht feilschen, wenn sie an der Gunst einer Dame interessiert sind.«
    »Ist schon gut! Schon gut.« Der Kobold hob beschwichtigend die Hände. »Also, selber gesehen habe ich den Kerl nicht. Aber drüben im Jade-Saal, da hat Orinox von so einem ...« Er räusperte sich und wartete einen Augenblick, ob sie durch irgendeine Geste verriet, wie sie zu den Elfen stand.
    »Und weiter«, drängte Ganda.
    »Ja also, Orinox hat gesagt

Weitere Kostenlose Bücher