Elfenliebe
einen heimlichen Witz.
»Tamani«, flüsterte Laurel und starrte wie gebannt auf das merkwürdige Ding. »Was ist das?«
»Das ist ihr Freund«, antwortete Tamani und unterdrückte ein Grinsen. »Wenigstens im Augenblick. Sie wechselt ihn regelmäßig.«
»Jetzt blicke ich wirklich gar nicht mehr durch.«
Tamani nahm einen Stuhl, setzte sich und stellte Rowen zurück auf den Boden. Er streckte die Beine aus.
»Nimm mal an, es handele sich um einen nicht so ganz frei erfundenen Freund.«
»Der ist erfunden?«
»Eine Illusion, ja.« Er grinste, als Laurel noch immer verwirrt zu sein schien. »Rowen ist eine Sommerelfe.«
Rowen lächelte schüchtern.
Und Rhoslyn strahlte. »Wir sind sehr stolz auf sie.«
»In der Fähigkeit, einen Spielkameraden zu erschaffen, zeigt sich die Magie der Sommerelfen zuerst. Rowen hat etwa zwei Wochen, nachdem sie aus ihrem Trieb gekommen ist, damit angefangen. Es ist wie ein eigenes Spielzeughaustier — nur viel, viel lustiger. Meine Lieblingsspielzeuge haben sich nie so bewegt.«
Laurel beäugte das violette Eichhörnchenwesen voller Argwohn. »Es ist also nicht echt?«
»Vielleicht ein klitzekleines bisschen echter als andere erfundene Elfenfreunde.«
»Das ist unglaublich.«
Tamani verdrehte die Augen. »Keine Spur. Du solltest erst die heldenhaften Retter sehen, die sie erfunden hat, damit sie sie vor dem Monster unter ihrem Bett beschützen …«, hier machte er eine kurze Pause, »das sie natürlich ebenfalls erfunden hat.«
»Und wo sind ihre Eltern?«
»Sie sind heute Nachmittag oben im Sommerviertel«, sagte Rhoslyn. »Rowen kommt bald in die Schule und sie besprechen die Details mit dem Direktor.«
»In dem Alter?«
»Sie ist fast drei«, antwortete Tamani.
»Wirklich?« Laurel beobachtete, wie das Mädchen auf dem Fußboden spielte. »Sie sieht viel jünger aus«, sagte sie leise. »Und verhält sich, als ob sie viel älter wäre.«
Rowen starrte Laurel an. »Ich bin genauso wie alle in meinem Alter – oder etwa nicht?« Die Frage war an Tamani gerichtet.
»Du bist vollkommen in Ordnung, Rowen.« Er hob sie
auf seinen Schoß und das pink-violette Wesen ließ sich auf seinem Kopf nieder.
Laurel zwang sich, wegzusehen, obwohl sie sich fragte, ob es überhaupt unhöflich war, etwas anzustarren, das nicht wirklich da war.
»Ich will dir etwas über Laurel erzählen«, sagte Tamani zu Rowen. »Sie ist nämlich etwas ganz Besonderes. Sie lebt in der Welt der Menschen.«
»Genau wie du«, erwiderte Rowen prompt.
»Nicht ganz«, lachte Tamani. »Laurel lebt mit ihnen.«
Rowens Augen wurden riesengroß.
»Wirklich?«
»Ja. Sie wusste selbst nicht, dass sie eine Elfe ist – bis sie im letzten Jahr zum ersten Mal blühte.«
»Was dachtest du denn, was du bist?«, fragte Rowen.
»Ich dachte, ich wäre ein Mensch – wie meine Eltern.«
»Wie blöd«, erwiderte Rowen herablassend. »Wie kann denn eine Elfe ein Mensch sein? Menschen sind komisch. Und gruselig«, fügte sie nach einer kleinen Pause hinzu. Dann flüsterte sie geheimnisvoll: »Das sind Tiere.«
»Ganz so gruselig sind sie nicht, Rowen«, sagte Tamani. »Und sie sehen aus wie wir. Wenn du nichts über Elfen wüsstest, könntest du denken, du wärst selbst ein Mensch.«
»Pff – ich könnte nie ein Mensch sein!«
»Das brauchst du ja auch nicht. Du wirst die schönste Sommerelfe von Avalon.«
Rowen grinste und senkte kokett den Blick. Laurel
zweifelte nicht daran, dass Tamani recht behalten würde. Mit ihren weichen braunen Locken und den langen Wimpern war sie das niedlichste Kleinkind, das Laurel je gesehen hatte. Rowen öffnete ihren Rosenknospenmund und gähnte.
»Zeit, ins Bett zu gehen, Rowen«, sagte Rhoslyn.
Rowen machte ein langes Gesicht und schmollte. »Aber ich will mit Laurel spielen!«
»Laurel kommt ein andermal wieder.« Rhoslyn warf Laurel einen Blick zu, um sich zu vergewissern, dass sie nichts Falsches versprach. Laurel nickte schnell – auch wenn sie nicht sicher war, ob es stimmte. »Du kannst in Tams Bett schlafen«, fügte Rhoslyn hinzu, als Rowen keine Anstalten machte zu gehen. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen«, sagte sie zu Tamani. Er schüttelte den Kopf.
Die Miene der kleinen Elfe hellte sich schlagartig auf. Rhoslyn ging mit ihr durch den schmalen Flur nach hinten und ließ Tamani und Laurel allein.
»Ist sie wirklich erst drei?«, fragte Laurel.
»Jep. Und ziemlich normal für eine Elfe ihres Alters.« Tamani machte es sich in einem breiten Sessel
Weitere Kostenlose Bücher