Elfenliebe
helfen?«, fragte sie und sah sich im Lager um.
»Musst du nicht«, antwortete ihr Vater, stand auf und streckte sich. »Heute kümmere ich mich um den Papierkram. Da hat sich ganz schön was angesammelt.« Er sah aus dem kleinen Fenster hinter dem Schreibtisch. »Was für ein herrlicher Tag. Anscheinend gehen die Leute lieber raus, als sich in einem langweiligen alten Buchladen was zu lesen zu kaufen.«
»Dein Geschäft ist doch nicht langweilig«, widersprach Laurel lachend. »Glaubst du, Mom könnte meine Hilfe gebrauchen?«, fragte sie nach kurzem Zögern.
Er warf ihr einen Blick zu und fragte beiläufig: »Brauchst du Geld?«
Laurel schüttelte den Kopf. »Nein, ich dachte … ich dachte nur, vielleicht … würde uns das helfen, gegen diese Spannung. Kann ja sein, wir erwarten beide, dass der andere etwas tut«, sagte sie leise.
Ihr Vater hörte auf zu tippen und ließ die Hände über der Tastatur schweben. Dann nahm er die Brille ab, ging um seinen Schreibtisch herum und umarmte sie. »Super, diese Eigeninitiative«, sagte er. »Ich bin stolz auf dich.«
»Danke.« Laurel setzte ihren Rucksack auf und winkte ihm noch mal zu, ehe sie wieder nach vorne ins Geschäft ging. Sie holte tief Luft und verbot sich, noch länger zu trödeln, ehe sie nach nebenan zu Mutter Natur ging. Seit sie aus Avalon zurück war, hatte Laurel ihre Mutter dort erst ein paar Mal besucht, aber jedes Mal war ihr die Liebe zum Detail aufgefallen, mit der ihre Mutter die Ware ausstellte. Als sie die Tür öffnete, wurde sie nicht mit einem Klangspiel begrüßt, sondern die Ecke der Tür berührte ein Silberglöckchen, das leise klimperte. Auf den Fensterbänken standen Blumentöpfe mit Kräutern, und in einer Ecke hatte ihre Mutter einen kleinen Zen-Garten angelegt, in dem ein Zimmerbrunnen plätscherte. Im Fenster hingen sogar funkelnde Kristallprismen, und Laurel hielt kurz inne, um eines von ihnen zu berühren. Sie freute sich, dass ihre Mutter sich diese Dekorationsidee von ihrem Zimmer abgeschaut hatte. Trotz der derzeitigen Spannungen würde Laurel in diesem Laden sogar noch lieber
arbeiten als in der Buchhandlung. Und das wollte etwas heißen.
Sie drehte sich um, als ihre Mutter von hinten durch einen Perlenvorhang trat. Sie war ein wenig rot im Gesicht und außer Atem, weil sie einen schweren Karton trug. »Ach, Laurel, du bist es. Gut, dann kann ich mal eine Pause einlegen.« Sie setzte den Karton mitten im Laden auf dem Fußboden ab und wischte sich über die Stirn. »Man könnte wirklich meinen, dass sie das Zeug in kleineren Kartons verschicken würden. Was möchtest du denn haben?« Laurels Mutter bückte sich und schob den Karton weiter über den Boden, statt ihn wieder aufzuheben.
»Ich wollte fragen, ob ich dir irgendwie helfen kann. Nebenan ist nicht viel los«, sagte sie und wünschte sofort, sie hätte das nicht gesagt. Ihre Mutter sollte nicht denken, dass sie nur zweite Wahl war.
»Oh.« Laurels Mutter lächelte so freundlich, dass es zumindest echt aussah. »Das wäre klasse. Ich fülle heute das Lager auf und kann eine helfende Hand gut gebrauchen. « Sie lachte. »Dein Vater hat seine Angestellten, so weit bin ich noch nicht.«
»Schön«, sagte Laurel und setzte den Rucksack ab. Ihre Mutter erklärte ihr, was die neue Lieferung enthielt, und das meiste kam Laurel durch das lange Zusammenleben mit einer Heilpraktikerin bekannt vor. Dann erklärte sie ihr das Etikettensystem, damit Laurel die Flaschen und Dosen richtig einsortieren konnte.
»Ich kümmere mich hinten um die Rechnung und bereite meine Bestellung für die nächste Woche vor, ja? Ruf mich einfach, wenn du Hilfe brauchst.«
»Mache ich«, sagte Laurel lächelnd. Ihre Mutter lächelte zurück. So weit, so gut.
Laurel staunte, wie viele Bestandteile der Kräuterarzneien sie nach ihrem intensiven Studium im Sommer wiedererkannte. Die Karteikarten hatten tatsächlich etwas genützt. Während Laurel die Ware aus den Kartons nahm und ins Regal stellte, ging sie im Kopf noch mal durch, wozu sie gut waren. Beinwell, als Öl gut gegen Entzündungen und Unkrautvernichtung, auch für die Augen bei nachlassender Sehkraft. Winterbohnenkraut für einen klaren Verstand und gegen Schlaflosigkeit. Überdies gut für Koi als Zugabe zum Wasser. Fördert die Sauerstoffbindung. Himbeerblättertee für Setzlinge, die das Essen verweigern. Mit viel Zucker mischen, um den Nährstoffgehalt zu erhöhen. Schenkt Energie, wenn man abends lange aufbleiben
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