Elfenliebe
muss.
Laurel hatte am meisten Freude daran, die homöopathischen Medikamente einzusortieren, die auch Elfen gefahrlos einnehmen konnten, weil sie normalerweise in Zucker verabreicht wurden. Allerdings bewirkten sie bei Elfen meist das Gegenteil dessen, wofür es Menschen verordnet wurde. Ignatiusbohne nahmen Menschen zum Beispiel gegen Traurigkeit, während es auf Elfen beruhigend wirkte. Bryonia alba wurde Menschen als Mittel zur Fiebersenkung verschrieben, nützte den Elfen jedoch vor allem gegen extremes Frieren. Tamani hatte ihr erzählt, dass die Wachtposten, die das Tor in Japan beschützten, in den Wintermonaten täglich kalten Bryonia-Tee tranken, denn im Gebirge konnte es zu dieser Jahreszeit empfindlich kalt werden.
Der Gedanke an Tamani lenkte Laurel eine Weile ab. Dabei hielt sie noch immer ein Fläschchen mit Natrium muriaticum umklammert, als ihre Mutter in den Verkaufsraum schlenderte und sie aus ihren Gedanken riss.
»Alles in Ordnung, Laurel?«
»Was? Oh ja«, murmelte sie und blickte zu ihrer Mutter auf, ehe sie sich wieder bückte, um weitere Fläschchen aus einem kleinen Karton zu nehmen. »Ich war nur in Gedanken.«
»Okay«, sagte ihre Mutter und sah sie ein wenig seltsam an. Sie drehte sich um, blieb dann aber wieder stehen. »Danke, dass du mir hilfst«, sagte sie. »Das ist wirklich nett von dir.« Sie legte Laurel einen Arm um die Schultern und drückte sie von der Seite an sich. Es war eine sonderbare Umarmung, wie wenn man jemandem lieber die Hand schütteln würde. Eine Art Verpflichtung.
Als das Telefon klingelte, beobachtete Laurel mit einer hohlen Sehnsucht, wie ihre Mutter zur Kasse ging. Es ist nicht schön, jemanden zu vermissen, der direkt vor einem steht. Doch genauso ging es ihr. Laurel vermisste ihre Mutter.
»Entschuldigung«, sagte jemand hinter ihr.
Als Laurel sich umdrehte, stand sie vor einer älteren Frau, die sie nur vom Sehen kannte. »Ja?«
»Können Sie mir helfen?«
Laurel sah zu ihrer Mutter, die noch immer telefonierte. Dann wandte sie sich wieder der Kundin zu. »Ich will es gerne versuchen«, sagte sie lächelnd.
»Ich brauche etwas gegen Kopfschmerzen. Bisher habe ich immer Aspirin genommen, aber das hilft nicht mehr so gut. Ich glaube, mein Körper hat sich daran gewöhnt.«
»Das kann passieren.« Laurel nickte mitfühlend.
»Deshalb hätte ich gerne etwas Natürlicheres. Aber es muss auch helfen«, fügte sie hinzu.
Laurel versuchte, sich an etwas Bestimmtes zu erinnern, was sie eben ins Regal geräumt hatte. Sie hatte das Fläschchen kurz in der Hand gehalten, weil sie überlegt hatte, etwas davon zu nehmen. In den letzten anstrengenden Monaten hatte Laurel selbst oft Kopfschmerzen gehabt. Sie ging an ein anderes Regal und fand das passende Medikament. »Hier, bitte«, sagte sie zu der Frau. »Es ist zwar ein bisschen teurer«, sie zeigte auf das Preisschild, »aber es lohnt sich. Ich werde es wahrscheinlich selbst gleich nehmen. Jedenfalls ist es sehr viel besser als Aspirin.«
Die Kundin lächelte. »Danke. Ein Versuch kann sicher nicht schaden.«
Während sie zur Kasse ging, sortierte Laurel weiter die homöopathischen Medikamente. Kurz darauf führte Laurels Mutter die Frau zu Laurels Auslage und griff nach einem bösen Blick zu Laurel nach einem grünen Fläschchen. »Das wird Ihnen sehr viel besser helfen«, sagte sie. »Es enthält Cyclamen, also Alpenveilchen, und ich habe es meinem Mann über Jahre gegen seine Migräne gegeben. Es wirkt einfach traumhaft.« Auf dem Weg zur Kasse erklärte sie der Kundin, wie sie die homöopathischen Kügelchen einnehmen sollte.
Als die Kundin das Geschäft verlassen hatte, winkte Laurels Mutter ihr noch kurz nach, ehe sie zu Laurel ging. »Laurel«, sagte sie, und Laurel konnte genau hören, wie ihre Mutter sich bemühte, ihren Zorn im Zaum zu halten. »Wenn du nicht weißt, was du den Kunden empfehlen sollst, frag mich bitte. Es hat keinen Sinn, einfach irgendwas aus dem Regal zu nehmen. Ich wünschte, du hättest gewartet, bis ich zu Ende telefoniert hatte. Diese Menschen suchen Rat und all diese Kräuter haben eine unterschiedliche Wirkung.«
Laurel fühlte sich wie ein Kind, das von einem Erwachsenen gescholten wurde, der ihre kindlichen Gefühle nicht verletzen wollte. »Ich hole nicht einfach irgendwas aus dem Regal«, protestierte sie. »Das Zeug hilft wirklich gegen Kopfschmerzen. Ich habe es ihr mit Absicht gegeben.«
»Ach ja?«, fragte ihre Mutter pikiert. »Komischerweise glaube ich
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