Elfenliebe
gewesen.« Er hielt inne und drückte sie wieder an sich. »Du musst das verstehen, Laurel, als ich … krank wurde, fühlte deine Mutter sich völlig hilflos. Wir waren unterversichert, die Krankenhausrechnungen stapelten sich, und wenn es zum Schlimmsten
gekommen wäre, hätte sie nicht genug Geld gehabt, um dich zu versorgen. Die Buchhandlung zu führen, ist ihr nie richtig gelungen. Vielleicht hätte sie es geschafft, dass es so gerade gereicht hätte, aber mehr auch nicht. Sie hat Angst, noch mal in eine solche Situation zu geraten, abgesehen davon, dass wir nicht mehr die Jüngsten sind.« Er sah ihr in die Augen. »Sie tut das für dich. Damit sie dich unterstützen kann, falls wieder etwas passiert. «
Laurel strich mit dem Zeh über die Sofapolsterung. »Aber manchmal habe ich das Gefühl …« Sie zögerte, ehe sie schnell weiterredete, damit sie es sich nicht noch anders überlegte. »Dass sie es furchtbar findet, dass ich eine Elfe bin.«
Ihr Vater rückte noch näher. »Wie kommst du darauf? «
Nachdem der Damm gebrochen war, konnte sie nicht mehr aufhören. »Alles ist anders geworden, seit sie es weiß. Sie benimmt sich, als würde sie mich nicht mehr kennen – als wäre ich eine Fremde unter ihrem Dach. Sie redet nicht mit mir. Früher haben wir die ganze Zeit geredet, über alles und nichts. Und jetzt meidet sie meinen Blick und weicht mir die ganze Zeit aus. Kaum komme ich herein, geht sie schon wieder.«
»Liebes, hab einfach ein bisschen Geduld, bis der Laden richtig läuft. Ich glaube wirklich …«
»Das war schon so, bevor es den Laden gab«, unterbrach Laurel ihn kopfschüttelnd. »Sie will nichts davon wissen, dass ich nicht normal bin. Als ich die Einladung nach Avalon bekommen habe, war ich so aufgeregt – das
war die Chance meines Lebens. Und sie hätte mich beinahe nicht gehen lassen!«
»Bleib fair, das hatte eher was damit zu tun, dass du zwei Monate lang bei völlig Fremden sein würdest, als mit den Elfen als solchen.«
»Trotzdem«, beharrte Laurel. »Ich hatte gehofft, dass es in meiner Abwesenheit besser würde und sie sich vielleicht eher daran gewöhnen konnte, wenn sie mich und mein Anderssein nicht ständig vor Augen hat. Aber es hat sich überhaupt nichts geändert«, sagte sie leise. »Wenn überhaupt, ist es schlimmer geworden.«
Ihr Vater dachte kurz nach. »Ich weiß nicht, warum sie sich damit so schwertut, Laurel«, sagte er verhalten. »Sie versteht es einfach nicht. Sie musste ihre gesamte Weltanschauung über Bord werfen. Das dauert möglicherweise. Hab ein wenig Geduld.«
Laurel holte zitternd Luft. »Sie hat mich bei meiner Rückkehr kaum umarmt. Ich versuche ja, geduldig zu sein, aber sie gibt mir das Gefühl, dass sie mich gar nicht mehr mag.«
»Das stimmt nicht, Laurel«, widersprach ihr Vater und drückte sie an seine Brust, während sie die Tränen zurückhielt. »So ist es ganz sicher nicht, das kann ich dir versprechen. Es hat gar nicht so viel mit dir zu tun, sondern mit ihrer Unfähigkeit, den Gedanken an Elfen zuzulassen. « Er sah Laurel wieder direkt ins Gesicht. »Sie liebt dich«, sagte er entschieden. »Sie liebt dich genauso wie früher. Das versichere ich dir.« Er legte seine Wange auf ihren Scheitel. »Soll ich mit ihr reden?«
Laurel schüttelte heftig den Kopf. »Nein, bitte nicht.
Sie soll sich nicht noch mehr Sorgen machen.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Ich lasse ihr einfach noch ein bisschen Zeit – ganz geduldig, wie du gesagt hast. Bald ist alles wieder wie früher, stimmt’s?«
»Absolut«, sagte er mit einer Begeisterung, die Laurel nicht teilen konnte.
Als sie in die Küche zurückging, griff ihr Vater wieder zu seinem Buch. Sie hockte sich vor den geöffneten Kühlschrank und bestückte ihn mit Sprite-Dosen. »Normal«, schimpfte sie vor sich hin. »Wer’s glaubt.«
Laurel musterte die Reste, die ordentlich verpackt in Tupperdosen im Kühlschrank standen. »Hey, Dad, hast du eigentlich schon zu Abend gegessen?«
»Äh … nein«, antwortete er kleinlaut. »Eigentlich wollte ich nur das erste Kapitel lesen, aber dann konnte ich nicht mehr aufhören.«
»Ach, wirklich?«, sagte Laurel ironisch. »Soll ich dir was aufwärmen?«
»Du musst das nicht machen«, sagte ihr Vater, stand auf und streckte sich. »Ich kann die Reste selbst in die Mikro stellen.«
»Ich weiß, aber ich möchte es gerne«, sagte Laurel. »Echt.«
Ihr Vater warf ihr einen seltsamen Blick zu.
»Setz dich, ich gehe nur eben nach oben und
Weitere Kostenlose Bücher