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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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und in ihr fand sich ein Astloch, so klein, dass ich gerade einmal meinen kleinen Finger hindurchstecken könnte. Diesen Weg wählte der Pfeil und bohrte sich in das Herz Nazirlumas. Und der König verblutete in seinem Bade.«
    Horsa stand der blanke Schweiß auf der Stirn, als Ollowain seine Geschichte beendete. »Was willst du mir damit sagen, Elf?«
    Der Schwertmeister breitete die Hände aus. »Ist das so schwer zu verstehen? Yilvina, die Leibwächterin unserer Königin, führt stets Pfeil und Bogen bei sich. Und auf einem ihrer Pfeile steht der Name deines Sohnes Egil.« Horsa sprang auf und wollte dem Elfen an die Kehle gehen, doch Ollowain wich dem Angriff mit Leichtigkeit aus. Ein Tritt in die Kniekehle brachte den Alten zu Fall. Nun setzte ihm der Elf den Fuß auf die Brust und drückte Horsa in den Staub. Dies alles geschah so schnell, dass Alfadas keine Gelegenheit fand einzuschreiten. Und ihm war es auch nur recht, Horsa im Staub liegen zu sehen.
    »Es tut mir Leid, dass dies hier nötig war«, sagte Ollowain betrübt. »Schließlich sind wir Verbündete im Kampf gegen die Trolle. Nun höre mir zu, König. Deine Drohung gegen Emerelle und gegen die Familie meines Freundes Alfadas betrachte ich als eine Verirrung. Sie war nur ein Wahn, wie er einen in der dunkelsten Stunde der Nacht überkommen mag, wenn man dem Wein überreichlich zugesprochen hat. Ich kenne Alfadas so gut, wie ich mein eigenes Herz kenne. Und ich verspreche dir, der Herzog würde niemals einen Verrat an dir begehen.«
    Die Worte seines Ziehvaters beschämten Alfadas. Er musste an die Nacht auf dem Floß denken. Hatten die Jahre in der Welt der Menschen ihn so sehr verändert?
    »Ich bin bereit, alles zu vergessen, was heute Nacht gesprochen wurde«, fuhr Ollowain fort. »Ich habe dein Zelt als dein Verbündeter betreten, König Horsa. Es liegt nun bei dir, ob ich es auch als dein Verbündeter verlassen werde.« Der Schwertmeister nahm seinen Fuß von der Brust des Königs und trat einen Schritt zurück.
    Horsa atmete schwer. Es kostete ihn einige Mühe, sich aufzusetzen. Sein verbliebenes Auge war blutunterlaufen. »Ich habe wohl zu viel getrunken«, stieß er gepresst hervor.
    »Ich sehe, wie dich die Sorge um deinen Sohn zerfrisst. Ich vermag nicht darüber zu urteilen, ob deine Ängste begründet sind oder nicht, König.« Ollowain reichte Horsa die Hand. Und zu Alfadas' Überraschung griff der Alte danach und ließ sich aufhelfen.
    »Es gibt nur eine Macht im Fjordland, welche die Treue des Herzogs zu deinem Thron zu brechen vermag«, sagte der Elf ernst. »Und diese Macht bist du, Horsa. Bedenke dies bei allem, was du tust.«
    Der massige alte Mann und der schlanke, hoch gewachsene Elf standen einander gegenüber. In Alfadas' Augen verkörperte Ollowain all das, was Horsa verloren hatte. Jugend, Selbstbewusstsein und Weisheit. War sich der König dessen ebenso bewusst? In seinem Blick lag eine Sehnsucht, als sähe er am Horizont den Glanz der Götterhallen. Tränen traten in sein verbliebenes Auge.
    »Ich glaube, ich habe auch den tieferen Sinn der Geschichte von deinem Stierkönig verstanden. Ich danke dir dafür, dass du mir das Auge geöffnet hast«, sagte der König mit brüchiger Stimme. Dann blickte er zu seinem Herzog. »Ich wünsche dir Glück für deinen Feldzug, Alfadas. Und ich hoffe, wir werden uns wieder sehen. Brauchst du noch weitere Männer? Ich könnte dir einen Teil meiner Eskorte mitgeben.«
    Der Herzog traute seinen Ohren kaum. Zu plötzlich erschien ihm dieser Sinneswandel. Oder hatte Ollowain den König vielleicht mit einem Zauber belegt?
    »Ich nehme nur Freiwillige mit«, sagte er entschieden. »Männer, die noch keine Familie gegründet haben.« »Es sind gute Krieger.« Horsa wischte sich über sein Auge. »Du kennst viele von ihnen.«
    Dich dachte ich auch einmal zu kennen, ging es Alfadas durch den Kopf. »Fragen wir sie morgen vor dem Tor. Gestattest du nun, dass wir uns zurückziehen?«
    Offenbar tief in Gedanken, nickte der alte König knapp.
    Als sie außer Hörweite der Wachen waren, musste Alfadas Gewissheit haben.
    »Hast du ihn verzaubert, Ollowain?«
    »Nein, ich habe nur versucht, ihn an den Mann zu erinnern, der er einmal war.«
    »Ich glaube, es ist eher der Gryna-Lah, der ihn nachdenklich gemacht hat. Die Fluchpfeile gehören zu den Geheimnissen der Maurawan, nicht wahr?«
    Ollowain lachte leise. »Ja, in der Tat. Sie sind so geheim, dass nicht einmal die Maurawan selbst um sie wissen.

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