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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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dass Dalla, die Heilerin, dort lag. Sie schien sich im Schlaf bewegt zu haben.
    Ollowains Ruhe machte dem König offensichtlich mehr Angst als der Zorn seines Herzogs. »Dann erzähl deine verfluchte Geschichte, Elf! Aber glaube nicht, das würde etwas ändern. Ich habe alles bedacht!«
    »Natürlich!« Der Schwertmeister lehnte sich auf seinem Sitz zurück. »Nazirluma war einer der größten Zauberer seiner Zeit. Er war der König des geheimnisvollen Volkes der Lamassu, und die Geschichten, die man sich von ihm erzählt, sind ohne Zahl. So sollen ihn seine kräftigen Schwingen in einer einzigen Nacht über die weiße See getragen haben, obwohl selbst das schnellste Schiff drei Wochen braucht, um diesen Ozean zu überqueren. Er war berühmt für seine hintersinnigen Rätsel, und mancher Zauber, den er wob, wirkt noch immer fort, obwohl Nazirluma seit mehr als zweitausend Jahren tot ist. Gewiss würde man noch heute in den allerhöchsten Tönen von diesem außergewöhnlichen Weisen sprechen, wäre ihm nicht in seinem Alter die Elfe Aileen aus dem Volk der Maurawan begegnet. Sie kam nach Kandastan an seinen Königshof, als dort ein großes Bogenschützenturnier ausgetragen wurde. Obwohl Aileen im Wettkampf nicht obsiegte, erregte sie die Aufmerksamkeit des alten Königs, denn sie war von großer Schönheit. Als Nazirluma sie sah, wurde er von blinder Liebe ergriffen. Er ersann wunderbare Metaphern auf ihre Schönheit, ja, er dichtete einen Gesang aus über hundert Strophen, den er ihr höchstselbst vortrug. Er minnte um sie wie ein Jüngling, der zum ersten Mal sein Herz zu verschenken hat. Zunächst nahm Aileen seine Geschenke an, denn sie hielt das Liebeswerben des Königs für einen Scherz. Um sie in ihrem Irrtum zu verstehen, solltest du wissen, dass ein Lamassu den Leib eines großen Stiers hat. Aus seinen Flanken aber wachsen ihm weite Adlerschwingen, stark genug, ihn selbst auf den höchsten aller Berge zu tragen.
    Nur sein Haupt gleicht dem eines Elfen… Oder eigentlich eher sogar dem eines Menschen, denn die Gesichter der Lamassu sind stets von wuchtigen Barten gerahmt. Einige Zeit verstrich, bis Aileen begriff, dass der König es mit seinem Werben tatsächlich ernst meinte. Nun sind die Maurawan bekannt dafür, dass sie ihr Herz auf der Zunge tragen und dass sie sich gern sehr bildhaft ausdrücken. Und so geschah es, dass Aileen dem König Nazirluma vor seinem Hofstaat ins Gesicht sagte, eher würde sie sich mit einem Wolf paaren als mit einem altersschwachen Stier.
    Es heißt, Liebe und Hass seien zwei Seiten derselben Münze. Und so blind Nazirluma in seiner Liebe war, so maßlos war er in seinem gekränkten Stolz. Kaum hatte Aileen die hohe Halle des Herrschers verlassen, da befahl er seinen Leibwächtern, die Elfe zu ergreifen und sie die Freuden der Liebe durch einen La-massu zu lehren, bis sie ihr Leben dabei aushauchte. Und zu ihrer Schande taten die Krieger, wie ihnen geheißen.
    Aileen vermochte drei Pfeile zu verschießen, bevor sie ergriffen wurde. Mit zweien streckte sie zwei der großen Lamassu nieder. Der dritte aber war ein Gryna-Lah, ein Fluchpfeil, und ihn schickte sie senkrecht in den Himmel hinauf, denn sie wusste wohl, wer ihr die Krieger geschickt hatte. So hatte sie Nazir-lumas Namen auf den Schaft eines Pfeils geschrieben und das Geschoss mit einem Zauber belegt. So lange sollte der Pfeil im Himmel verborgen fliegen, bis er einen Weg zu seinem Ziel fand.
    Als Nazirluma wieder zu Sinnen kam, war es zu spät, seine Mörder zurückzurufen. Als ein Weiser kannte der König die Maurawan, ihre Magie und ihre Waffen wohl.
    Und so begab er sich in eine Kammer, die keine Fenster hatte und in die weder ein Kamin noch ein Luftschacht führte. Drei Türen musste man durchschreiten, um in diese Kammer zu gelangen, und der König befahl, dass niemals mehr als eine der Türen geöffnet sein dürfe. Nazirluma verbrachte achtundfünfzig Tage in seinem selbst gewählten Gefängnis, und mit der Zeit wuchs seine Zuversicht, dass der Zauber auf dem Gryna-Lah seine Kraft verloren hatte. Auch seine Diener wurden nachlässig, denn sie spürten wohl, wie die Furcht ihres Herrn wich. So befahl Nazirluma am achtundfünfzigsten Tage, dass man ihm ein Bad richten möge. Seine Diener schleppten viele Krüge mit Wasser in den prächtigen Kerker, und bei der Plackerei geschah es, dass sie nur die äußerste der drei Türen verschlossen hielten. Diese aber war weniger sorgfältig als die anderen beiden gearbeitet,

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