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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Stangenbeilen.
    Der Herzog zog sein Schwert. Das Schneetreiben erlaubte ihm gerade einmal zehn Schritt weit zu sehen. Er hatte seinen Männern verboten, irgendwelche Hornsignale zu geben. Ihr Angriff sollte die Trolle völlig überraschen. Alfadas ließ sein Schwert einmal in blitzendem Bogen über seinem Kopf kreisen, dann deutete er nach vorn und ging los. Lambi gesellte sich an seine Seite. »Du erwartest hoffentlich nicht, dass wir sie behandeln wie die Stiere.«
    Der Herzog sah den Jarl verständnislos an. »Was meinst du?« Sein Kamerad grinste. »Selbst wenn du mich in Ketten legen lässt, werde ich keinen dieser Trolle fressen, nachdem ich ihn geschlachtet habe.« Einige Männer, die den Jarl gehört hatten, lächelten. Selbst Alfadas fühlte sich ein wenig entspannter.
    »Ich glaube, ich werde mit ihnen machen, was mein Vater mit ausgesuchten Feinden getan hat: ihnen die Leber herausschneiden und sie an die Hunde verfüttern.«
    Lambi schüttelte missbilligend den Kopf. »Das hier sind keine fjordländischen Straßenköter«, sagte er tadelnd. »Ich sehe geradezu vor mir, wie die sich die Seele aus dem Leib kotzen werden, krank auf den Schlitten liegen und man uns an ihrer Stelle in die Geschirre spannt. Ich glaube, es ist besser für uns alle, wenn manche Angewohnheiten deines alten Herrn in Vergessenheit geraten. Auch wenn er verflucht noch mal der Held ist, der den Manneber erschlagen hat.«
    Alfadas machte einen weiten Schritt über eine kleine Gestalt hinweg, die im Schnee lag. Ein Kobold. Seine toten Augen starrten zum Himmel. In der Faust hielt er ein Messer. Wie mutig musste man sein, um sich mit solch einer jämmerlichen Waffe einem Feind zu stellen, der sieben Mal größer war als man selbst!
    Vor ihnen erklang Kampflärm, doch der Feind war immer noch nicht zu sehen. Das Schneetreiben verhüllte das Schlachtfeld vor ihrem Blick und gab nur einzelne Szenen des Grauens preis. Alfadas wich einem umgestürzten Schlitten aus. Eine graue Stute hing noch im Geschirr. Ein Schlag in den Rücken hatte ihre Wirbelsäule zerbrochen. Die Hinterläufe lagen grotesk verdreht auf dem Eis. Leise wiehernd versuchte das Tier, sich auf die Vorderbeine zu stemmen. Mit seinen verzweifelten Anstrengungen hatte es sich schon wund gescheuert. Der Herzog strich der Stute durch die Mähne und sprach beruhigend auf sie ein. Mit einem sanften Schnitt öffnete er die dick hervortretenden Schlagadern an ihrem Hals. Nun würde sie nicht mehr lange leiden. Hinter dem Schlitten lag ein Elf. Er war unter das umstürzende Gefährt geraten. Sein Brustkorb war zerschmettert. Schnee hatte sich in seinen weit aufgerissenen Augen und in den Nasenlöchern gesammelt. Nicht mehr lange, und das Leichentuch des Winters würde ihn völlig zudecken.
    »Könnte ich dich um etwas bitten«, fragte Lambi mit rauer Stimme.
    Der Herzog blickte auf. »Was?«
    »Wenn ich verwundet werde, dann kümmere dich bitte nicht um mich.« Der Krieger lächelte schief. »Ich möchte schließlich nicht, dass es mir wie diesem Gaul ergeht.«
    Alfadas nickte sanft. »Hast du auch Angst?«
    Vor ihnen erklang ein langer, urtümlicher Schrei. Fast wie das Brüllen eines Bären, der nach dem Winterschlaf den Frühling begrüßte. Auch Waffenklirren war zu hören.
    Lambi rieb sich über seine verstümmelte Nase. »Natürlich habe ich Angst. Ich mach mir fast in die Hosen. Ich wünschte, es würde endlich losgehen. So schlimm wie ich sie mir vorstelle, können die Trolle gar nicht sein. Sie endlich vor mir zu haben, wird eine Erleichterung sein.«
    »Du bist sicher, dass ich keine Trollleber an die Hunde verfüttern sollte?«
    Lambi zog eine Grimasse. »Könntest du mit den blutrünstigen Geschichten über deinen Vater eine Pause machen, bis wir das hier hinter uns haben? Es wird dich vielleicht überraschen, Herzog, aber bevor es zu einer Schlacht kommt, habe ich immer einen sehr empfindlichen Magen.«
    Alfadas blickte ihn betroffen an. »Wirklich?«
    Lambi nickte ernst. »Ja. Etwa so empfindlich wie der Magen eines Bluthunds, der gerade die Eingeweide eines Hirschs verschlingt.« Der Kriegsjarl brach in schallendes Gelächter aus. »Sehe ich vielleicht aus wie ein Mann, der in den Schnee kotzt, nur weil ihm ein bisschen Blut auf die Klinge spritzt?«
    Vor ihnen lag eine zerbrochene Truhe. Der Wind zerrte an einem hauchzarten Kleid, das sich im zersplitterten Holz verfangen hatte. Kisten, Fässer und sogar Möbelstücke, die auf dem Eis verstreut lagen, zeugten davon,

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