Elfenwinter
glücklich mit ihr gewesen. Auch wenn er die Erinnerung an Albenmark nicht hatte abschütteln können. Hatte er sich etwas vorgemacht? Er wünschte, er hätte das Gespräch letzte Nacht nicht eingefordert. Jetzt marschierte er inmitten der Kolonne seiner Männer. Ein verlorener schwarzer Fleck in einer langen Reihe schwarzer Flecken. Er starrte auf den Umhang des Mannes, der vor ihm ging. Der Wind zerrte an dem zerschlissenen Stoff. Schnee sammelte sich in den tiefen Falten auf den Schultern. Das einzig Gute an diesem elenden Wetter war, dass ihnen die Schneebrillen erspart blieben. Wenn man diese Lederstreifen mit den schmalen Schlitzen darin über den Augen trug, machte es keinen großen Unterschied mehr, ob man tatsächlich blind war.
Jeden Moment wartete er darauf, dass ein Bote von Graf Fen-ryl kam und ihn aufforderte, das Kommando zu übergeben. Wie dicht musste das Schneetreiben noch werden, bis der Elfenfürst eine Gefahr darin sah? Es wäre klüger, die Männer anhalten zu lassen. Der Herzog starrte auf den Rücken des Mannes vor ihm. Wenn er die Falten des Umhangs nicht mehr deutlich erkennen könnte, würde er den Befehl geben stehen zu bleiben, ganz gleich, ob der Graf noch zögerte.
Alfadas tastete über seine Brust, dort, wo er unter seinem Kettenhemd und der gepolsterten Lederweste das Amulett der Elfen trug. Ohne diese kleinen verzauberten Goldstücke wäre wohl die Hälfte seiner Männer in der vergangenen Nacht erfroren.
Egal, wie schlecht es im Augenblick vielleicht für die Elfen aussah, wer solche Wunder vollbringen konnte, der würde niemals von einem Haufen ungewaschener Trolle besiegt werden. Sie mussten gewinnen, so wie es immer gewesen war!
Mag schloss zu ihm auf. Der Umhang des Kriegsjarls war von Schnee verkrustet. Er ging leicht vorgebeugt und stemmte sich gegen den Wind.
Alfadas blinzelte ihm zu. Der Schnee stach dem Herzog wie tausend winzige Dolche ins Gesicht. »Ist alles in Ordnung?« Er musste fast schreien, um das Heulen des Windes zu übertönen.
»Ja«, antwortete der ehemalige Fährmann. Dann schüttelte er plötzlich den Kopf. »Nein! Meine Männer haben mich etwas gefragt, und ich weiß keine Antwort darauf. Deshalb will ich dir die Frage stellen. Werden auch wir, die Bauern, Fischer und Handwerker, in die Hallen Norgrimms eingehen, wenn wir heldenhaft kämpfen? In den alten Geschichten sind es Jarls, Könige oder zumindest berühmte Krieger, die Norgrimm zu sich ruft.« Er holte tief Luft. »Und können wir von hier aus, so weit vom Fjordland entfernt, einen Weg in seine goldene Halle finden?«
»Wir werden ihn lehren, dass Mut nichts damit zu tun hat, welchem Stand man angehört«, sagte Alfadas. Er konnte Mag ansehen, dass ihn die Antwort nicht zufrieden stellte. »Bist du jemals einem begegnet, der aus den goldenen Hallen zurückgekehrt ist, um von ihnen zu berichten?«
Der junge Kriegsjarl blickte ärgerlich auf. »Natürlich nicht! Die Helden werden mit Norgrimm ins Fjordland kommen, wenn die letzte aller Schlachten geschlagen wird. Vorher gibt es kein Zurück.«
»Woher wissen wir dann von dem ewigen Fest der Krieger und der prächtigen Halle des Kriegsgottes? Nur von seinen Priestern und von den Skalden, die uns von den Helden erzählen. Wir haben unseren eigenen Skalden. Und Veleif Silberhand gilt als der Beste seiner Zunft. Er wird eine großartige Saga über uns schreiben. Und ich verspreche dir, in dieser Heldensaga werden alle, die tapfer gekämpft haben, ihren Weg zu Nor-grimm finden.«
Mag runzelte die Stirn. »Aber ist das die Wahrheit?«
»Wer, außer Luth, dem Schicksalsweber, kennt schon die Wahrheit? Ich weiß nicht, ob es die goldenen Hallen der Götter gibt, Mag. Doch eins weiß ich mit Sicherheit: Wenn Veleif ins Fjordland zurückkehrt, dann werden noch die Enkel unserer Enkel von den Männern erzählen, die auszogen, um an der Seite der Elfen zu fechten. Mehr Ruhm haben auch König Osaberg und all die anderen Helden nicht errungen. Die Geschichten von ihnen haben ihren Tod überlebt. Vielleicht ist es das, was die goldenen Hallen ausmacht. Dort ist, wer nicht in Vergessenheit gerät.«
Mag klopfte sich den vereisten Schnee von den Schultern. »Man sagt, du glaubst nicht an die Götter. Vielleicht hätte ich jemand anderen um Rat fragen sollen.«
»Du fragst nicht wegen deiner Männer, nicht wahr? Du bist wegen deines Bruders Torad gekommen.«
Mag sah den Herzog überrascht an. Schließlich nickte er. »Kann man immer so leicht in meinem
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