Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
bewegen. Er war schwer wie ein Felsblock. Nach mehreren vergeblichen Versuchen ließen sie sich auf der anderen Seite des Feuers nieder, so weit wie möglich von dem Toten entfernt.
    Blut kauerte zu Ulrics Füßen. Er leckte seinen Hinterlauf und winselte leise.
    »Ich habe Hunger«, sagte Halgard.
    Der Junge hatte noch immer den Geruch des verbrannten Trollfleischs in der Nase. Er konnte nichts essen. Er kramte in der ledernen Jagdtasche der Elfe, fand aber nur ein hartes Stück Käse. Er reichte es dem Mädchen. »Was isst du?«, wollte Hal-gard wissen.
    »Ich hab keinen Hunger.«
    Halgard legte den Käse vor sich auf den Felsboden. »Wir teilen, sobald du Hunger bekommst.« Ihre blinden Augen starrten in seine Richtung. Sie sah unheimlich aus, mit ihrem weißen Haar und der faltigen Haut.
    Lange Zeit lauschten sie still auf das Knistern der Flammen. »Diese Höhle ist ein Grab, nicht wahr?«, sagte das Mädchen schließlich. »König Osaberg, der tote Troll, Yilvina liegt im Sterben… «
    »Aber wir leben noch«, erwiderte Ulric hitzig.
    »Wie viel Holz ist noch da?«
    »Genug, um das Feuer ein paar Stunden in Gang zu halten.« Der Junge dachte an die Dunkelheit, die dann folgen würde. Der Gedanke machte ihn unruhig. Er hatte keine Angst vor der Finsternis! Er mochte sie nur nicht.
    »Wenn wir hier bleiben, dann werden wir verhungern. Gehen wir durch das Wasser, wird uns die Winterkälte töten«, sagte Halgard ruhig.
    »Wir werden Blut schicken. Er wird Hilfe holen.« Ulric kraulte das dichte Nackenfell des Hundes. »Nicht wahr, Blut? Du ruhst dich noch ein wenig aus, und dann machst du dich auf die Suche nach Mutter oder nach Kalf.«

VON EHRE UND VOLLEN BÄUCHEN

    Birga nahm den Bernstein vom Hals des sterbenden Menschenweibchens. In ihren lidlosen Augen stand der Wahnsinn. Die Schamanin hatte ihr die Haut vom Gesicht gezogen. Trotzdem lächelte die junge Frau Orgrim an. Der Herzog wandte sich ab. Eigentlich machte es ihm nichts aus, dabei zuzusehen, wenn Gefangene gefoltert wurden. So war das nun einmal. In gewisser Weise zollte man ihnen dadurch Respekt. Sie bekamen Gelegenheit, sich von der Schande, nicht bis zum Tod gekämpft zu haben, reinzuwaschen. Wer unter der Folter tapfer war, der gewann die Gunst seiner Ahnen zurück. Das Menschenweibchen war tapfer gewesen!
    »Was hat sie dir gesagt?«, wollte Dumgar wissen. Birga deutete zu den anderen Leichen. »Auch nicht mehr als diese dort. Wie es scheint, ist Emerelle schon viele Wochen in der Welt der Menschlinge versteckt.« Der Herzog vom Mordstein stocherte mit einem dünnen Knochen in seinen Zähnen herum und spuckte aus. »Warum wusste Skanga das nicht?«
    Die Schamanin schob den Bernstein des Menschenweibchens in eine Tasche, die sich zwischen den Falten ihres Kleides verbarg, und wischte sich dann in aller Ruhe die blutigen Hände im Schnee sauber. Mit jedem Augenblick, den sie ihre Antwort hinauszögerte, wurde die Stille bedrückender. Dumgar warf seinen Zahnstocher fort und spielte nervös mit einem Lederriemen, der von seinem Schurz hing. Der Trollfürst trug nur ein Fell um die Hüften gewickelt. Barfuß, wie die meisten seiner Krieger, stapfte er durch den Schnee.
    »Also, Birga. Wirst du mir antworten?«
    »Sind die Taten Skangas und unseres Königs dir nicht Antwort genug? Besteht dein dicker Schädel nur aus Knochen? Hast du nicht verstanden, was geschehen ist? Wer hat uns hierher geschickt? Skanga und Branbart! Und wen finden wir? Emerelle. Glaubst du, sie hätten nicht gewusst, dass die Tyrannin hier ist? Hältst du das alles nur für einen Zufall oder eine Fügung des Schicksals? Sie wollten, dass wir die Tyrannin fangen. Du solltest Gelegenheit haben, dir unsterblichen Ruhm zu erwerben. Deshalb bist du hier. Nicht um nur ein paar windschiefe Hütten zu verbrennen!«
    Der Herzog vom Mordstein strich sich über die Stirn. »Sie hätten mir sagen sollen, was sie von mir wollen.«
    »Warum? Damit du vor Angst schlotternd in den Krieg gegen die Menschlinge ziehst? Denk an die Feste nach deinen Siegen. Hättest du unbeschwert feiern können, wenn du gewusst hättest, dass die Tyrannin hier ist? Hättest du wie ein jagender Wolf den Feinden nachgesetzt und sie nie zur Ruhe kommen lassen? Du kennst die Antwort!«
    Orgrim fand Gefallen daran, wie die Schamanin mit Dumgar spielte. Aber er glaubte ihr kein Wort. Wenn Skanga wirklich gewusst hätte, wo Emerelle war, dann hätte sie ihn durch den Albenstern auf dem Berg ganz am Ende des Fjords

Weitere Kostenlose Bücher