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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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dass er keine Fuhrwerke mehr bauen würde.
    Sigvald zog das kleine Handbeil aus seinem Gürtel. Er strich den letzten Schnee vom Sitz und bemerkte ein paar Strichmännchen, die jemand in das glatte Holz geschnitten hatte. Vermutlich irgendein übermütiger Knabe, der hier sein neues Messer ausprobiert hatte. Ärgerlich!
    Sigvald legte die Axt neben das Seil, das über die Sitzbank hinab zur Vorderachse führte. Dann kramte er in seiner Hosentasche nach dem Wetzstein, den er eingesteckt hatte.
    Mit ruhigen Strichen schärfte er die Schneide der Axt. Ein einziger Hieb sollte genügen. Sigvald beugte sich ein wenig vor. Asla hatte wieder einmal Recht behalten! Winzige dunkle Punkte krochen unten im Tal über den Schnee. Die Trolle hatten den Passweg verlassen und stürmten zur Barrikade hinauf.
    »Kleine Fliegen«, murmelte der Wagenbauer. Er griff in seine pelzgefütterte Weste und holte ein flaches, silbernes Fläschchen hervor. Mit den Zähnen zog er den Kork heraus und prostete zum Tal hinab. »Tut mir Leid, dass ich dich zuletzt belügen musste, Kalf. Es wäre nicht gut, einfach nur das Seil durchzuschlagen. Es gibt zu viele Felsen am Hang. Der schwere Schlitten könnte aus der Bahn geraten. Jemand muss ihm den Weg weisen.« Sigvald leerte das Fläschchen mit einem Zug. Es war ohnehin nur noch ein Schluck übrig geblieben. Sorgfältig verschloss er es mit dem Stopfen und schob es zurück unter die Weste.
    Der Schicksalsweber war ein Gott mit Sinn für Humor, dachte Sigvald lächelnd. »Ich danke dir dafür, dass ich mein Leben mit einer Schlittenfahrt beenden darf. Welch besseren Abgang könnte ein Wagenbauer haben?« Er griff nach der Axt, die neben ihm lag. Eine Schande, dass er jetzt auch eine Kerbe in der Sitzbank hinterlassen würde!

DER WEISSE STROM

    Kalf blickte auf die heranstürmenden Trolle hinab. Die letzte Barrikade lag an der engsten Stelle des Rentierpfads. Dicht gedrängt stürmten die Menschenfresser den Weg hinauf. Mit grimmiger Zufriedenheit hob der Fischer sein Stangenbeil. Nur zehn Männer waren zurückgeblieben. Seine Verschwörer! Die übrigen hatte er trotz aller Proteste den Pfad hinaufgeschickt. Wer hier blieb, der hatte alles verloren. Es waren Männer, deren Weiber und Kinder nicht mehr lebten oder die nie eine Frau gehabt hatten, so wie er.
    Breitbeinig stand Kalf auf der Pritsche eines Schlittens. Wagen, Schränke und Truhen, alles, was sich bewegen ließ, hatten sie auf den Rentierpfad geschleppt, um diese letzte Verteidigungslinie zu bauen. Der Fischer wusste, dass die Trolle sie fast sofort überrennen würden. Aber wenige Augenblicke würden genügen. Länger mussten sie gegen den Feind nicht aushalten.
    Kalfs Mund war trocken, dafür schwitzten seine Hände. Es war jedes Mal so, kurz bevor die Kämpfe begannen. Ein Troll, der sich mit Ruß und Blut eine Spinne aufs Gesicht gemalt hatte, hatte einen kleinen Vorsprung vor den anderen. Luth wird dich dafür bestrafen, dachte Kalf. Da schleuderte der Troll einen kurzen Wurfspeer nach ihm.
    Der Fischer drehte sich leicht zur Seite. Das Geschoss verfehlte ihn knapp. Ein Schlag traf den Schlitten und riss Kalf fast von den Beinen. Der Speerwerfer hatte seine Schulter gegen die Sei-
    tenwand der Pritsche gerammt, als wolle er den Schlitten einfach umwerfen.
    Kalf war zu sehr damit beschäftigt, sein Gleichgewicht zu halten, um noch mit der Stangenaxt zuzuschlagen. Ein Eisklumpen verfehlte ihn um ein gutes Stück. Weitere Trolle erreichten die Barrikade. Wütendes Kriegsgeschrei erklang aus hunderten Kehlen. Ein stiller junger Mann aus der Reihe der Verteidiger wurde mit einem Lasso eingefangen und verschwand schreiend in der Menge.
    Hoch über ihnen tönte ein dumpfes Grollen. Einer der Berge hatte seine Stimme erhoben, und vor seinem Zorn erschraken selbst die Trolle. Die Menschenfresser blickten auf. Kalf genoss es, die Angst in ihren Augen zu sehen. Jemand schrie etwas. Dann begann der Erste zu laufen.
    Der Fischer ließ sein Stangenbeil herumwirbeln. Der lange Dorn verschwand im Auge des Trolls, der ihn als Erster erreicht hatte. »Luth möchte mit dir über Spinnen sprechen.«
    Der Schlitten erzitterte. Von den Bäumen ringsherum rutschten die Schneewechten. Sie schüttelten sich. In wilder Panik versuchten die Trolle der tödlichen Gefahr zu entkommen. Sie schoben und drängelten in dem engen Rentierpfad. Wer stürzte, wurde gnadenlos zu Tode getrampelt. Einige versuchten seitlich über die Steilhänge zu klettern.
    Kalf empfand

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